Silvio Berlusconi feiert in wenigen Wochen seinen 85. Geburtstag. Das hindert ihn freilich nicht, für die Zukunft zu planen. Soeben hat er - ein Jahr nach seiner Corona-Infektion - die Mailänder San Raffaele-Klinik verlassen, in der er ein paar Tage zu ärztlichen Kontrollen weilte. Nun bastelt er wieder an seiner Lieblingsidee: einem Zusammeschluss mit Salvinis Lega. Was dem Ex-Cavaliere vorschwebt, ist eine Partei nach dem Vorbild der US-Republikaner von Trump und Nixon. Einfach ist das nicht. Denn er möchte auch die Kontrolle über diese Partei ausüben. Doch Parteivorsitzende sitzen in ganz Europa aus einleuchtenden Gründen im Parlament. Der Weg dahin bleibt ihm jedoch nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs versperrt. Daher hat man für ihn einen geeigneten Posten erfunden: jenen des presidente von Forza Italia. Im Parlament müsste Berlusconi dem von ihm als Partner gewünschten Lega-Chef Matteo Salvini die Regie in dieser Koalition überlassen. Doch die Rolle als Zweiter hat dem vierfachen Premier noch nie behagt. Ausserdem gibt es in Forza Italia wachsende Bedenken gegen eine Fusion mit der rechten Lega.

Besonders dem liberalen Flügel seiner Partei behagt diese Perspektive nicht. Die Unzufriedenheit in den eigenen Reihen bekam Berlusconi bereits deutlich zu spüren: 40 Forza-Italia-Parlamentarier sind in andere Fraktionen abgewandert - 28 in der Kammer und 12 im Senat. Tendenz steigend. Doch politische Widrigkeiten werden vom mehrfachen Regierungschef meistens ignoriert. Das gilt auch für seinen Traum vom Quirinal. Salvini hat ihn bereits als Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten vorgeschlagen: "Sulla carta noi il candidato al Quirinale  l´abbiamo già. Ho sentito Berlusconi questa mattina e l' ho sentito in grande forma." Dass ein 85-jähriger für  eine siebenjährige Amtszeit gewählt werden soll, ist schon an und ür sich surreal. Noch bedenklicher ist die Vorstellung, dass einer  der nach Forbes mit einem Vermögen von 76 Milliarden Dollar reichsten Italiener ins höchste Staatsamt aufsteigen könnte - und das ausgerechnet als Nachfolger eines Mannes wie Sergio Mattarella, den Redlichkeit und Volksnähe zu einem der beliebtesten Staatschefs der letzten Jahrzehnte machten.

Berlusconi war seit seinem Einstieg in die Politik in 36 Gerichtsverfahren verwickelt, in denen es meistens um Steuerdelikte oder Bilanzfälschung ging, aber auch - wie im Fall Ruby - um Sex mit Minderjährigen. Die Zahl seiner Frauengeschichten lässt sich kaum zählen - von Patrizia D´Addario und Nicole Minetti bi hin zu Mara Carfagna und Francesca Pascale. Der letzteren vergoldete der Ex-Cavaliere die Trennung mit einer einmaligen Auszahlung von 20 Millionen Euro, sowie 100.000 Euro monatlich, einer jährlichen Summe von einer Million Euro und der kostenlosen Benützung seiner Villa Mariani in der Brianza einschliesslich Dienstpersonal. Aktuelle Partnerin des Cavaliere ist die um 54 Jahre jüngere, aus Kalabrien stammende Forza Italia-Abgeordnete Marta Fascina.

Berlusconi war seit seinem Einstieg in die Politik in 36 Gerichtsverfahren verwickelt, in denen es meistens um Steuerdelikte oder Bilanzfälschung ging, aber auch - wie im Fall Ruby - um Sex mit Minderjährigen.

In Rom hältt sich der Ex-Premier praktisch nie auf. Der 1000 Quadratmeter grosse Palazzo Grazioli steht ebenso leer wie seine Villa auf der Via Appia Antica. Berlusconi bewegt sich im privaten Hubschrauber zwischen seinen Luxusvillen in Südfrankreich und auf Sardinien. Im sardischen Domizil Villa certosa empfängt er seine poltischen Gäste. Die letzten waren - in getrennen Besuchen - Giorgia Meloni und Matteo Salvini. Meloni war vom Vizepräsidenten des Senats, La Russa begleitet. Dessen euphorische Bilanz: "Ci ha portato in giro per la villa guidando la macchinetta elettrica come un pilota di Formula 1. La fidanzata gli urlava "vai piano". Ospitalità mervigliosa, clima meraviglioso. Così ci piacerebbe che fosse il centrodestra, sempre." Politik auf höchstem Niveau.