Umwelt | Interview

„Ich bin keine fleißige Kirchengängerin“

Am Mittwoch war Annemarie Gluderer bei der Papstaudienz in Rom. Die Südtirolerin ist eine der InitiatorInnen der Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“.
Annemarie Gluderer
Foto: Facebook/Brigitte Foppa

Annemarie Gluderer ist eine der sieben BürgerInnen, die der Europäischen Kommission die Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ vorlegen will. Sie sammelt (bis zum 30. September) Unterschriften in ganz Europa und bewirtschaftet zusammen mit ihrer Familie das Kräuterschlössl in Goldrain. Die Bio-Bäuerin reiste vor einigen Tagen zusammen mit ihrem Mann im Camper nach Rom und war am Mittwoch bei der Papstaudienz eingeladen. Auf ihrer Reise sammelte sie persönliche Botschaften von Menschen, die etwas dem Papst überbringen wollten. Im Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen, ihren Anliegen und warum sie vor einigen Monaten Papst Franziskus einen Brief schrieb, wo sie doch keine fleißige Kirchgängerin ist. 

salto.bz.: Frau Gluderer, wo sind Sie gerade und wie fühlt man sich nach einer Audienz beim Papst? 

Annemarie Gluderer: Ich sitze gerade auf dem Bett im Camper und lege die Füße hoch. Es war einfach wirklich anstrengend. Wir mussten zeitig da sein und uns bei der Schweizer Garde im Vorfeld informieren. Die Behörden sagten uns, dass wir um 7 Uhr da sein sollten. Auch wenn wir bereits um viertel vor 7 bei den Toren standen, warteten schon viele Menschen auf den Einlass in die Halle. Angefangen hat das ganze um viertel vor 9. 

Hatten Sie persönlich die Gelegenheit mit Papst Franziskus zu reden? 

Die Halle war eingeteilt in Kategorien. PolitikerInnen oder Personen „höheren Grades“ sind weiter vorne zu denen der Papst dann auch als erstes nach der Audienz hingegangen ist. 150 Menschen hat er dabei begrüßt. Später ging er dann auch zum Volk und begrüßte dort viele Menschen. Auch dort hat er viele persönlich begrüßt oder Geschenke angenommen. Jeder hatte etwas hinzuhalten oder zu übergeben. Ich war in der zweiten Reihe und konnte dem Papst meine Botschaft in einem Kuvert übergeben.

Irgendwann schrieb ich einfach einen Brief – nach dem dritten erhielten wir dann einen Termin beim Papst

Was waren Ihre Botschaften? 

Die Botschaften hatte ich auf der Reise nach Rom gesammelt. Wir trafen einfach viele Menschen und auch Gründer von Organisationen, die in denselben Bereich arbeiten wie wir. Wir trafen z.B. Menschen in Trient, bei denen jetzt am 26. September die Abstimmung läuft zum Bio- distretto? Auch andere Menschen, die in ihren Regionen starke Probleme mit Pestiziden haben, gaben ihre Botschaften mit. Ich konnte dem Papst außerdem die Hand geben und sagen, dass ich von der Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten“ bin und Botschaften aus ganz Italien mitbringe. Dann war es auch schon wieder vorbei. Er hatte einfach so viele x Tausend Menschen zu begrüßen.

Waren Sie nervös? 

Nein, eigentlich nicht. Es war einfach eine ganz tolle Stimmung. Neben uns war eine Gruppe Kinder, die unbedingt den Papst begrüßen wollten. Er sagt nämlich in der Audienz, dass alle Menschen gleich seien. Egal, ob Frau oder Mann. Jeder, der oder die getauft ist, ist Teil einer Gemeinschaft und gleichwertig. Allerdings ging er nach der Audienz trotzdem zuerst zu der Prominenz. Die Kinder begannen dann eben zu rufen und zu singen, dass der Papst doch herkommen sollte. 

Mich wundert es immer, dass dieses Thema nicht jeder Großmutter oder Mutter am Herzen liegt

Hatten Sie auch ein persönliches Geschenk aus Südtiroler dabei? 

Ja. Einen Tag vor der Audienz waren wir im Parlament und noch einen Tag vorher bei den Behörden und deren Büros für die Audienz. Wir haben diese beiden Tage alles ausgeforscht du unsere Eintrittskarten besorgt. Obwohl wir viele Personen gefragt hatten, ob wir das persönliche Geschenk mitnehmen könnten und diese überzeugt waren, dass das in Ordnung ginge, mussten wir das Geschenk bei der Audienz kurzfristig vor der Tür stehen lassen. Sogar nach zwei Stunden war es aber noch da, wo wir es zuvor hingelegt hatten. 
 

 

Erzählen Sie uns von dem Geschenk? 

Mir war es wichtig, eine Botschaft zu bringen. Mir liegt es sehr am Herzen, für die Erhaltung der Schöpfung für meine Enkelkinder und deren Enkelkinder zu kämpfen. Ich habe selbst fünf Enkelkinder, die selbst gerne mitgekommen wären, aber sie sind einfach noch zu klein. Deshalb haben wir beschlossen, dass jedes Kind ein kleines Geschenk für den Papst aussuchen darf. Mein ältester Enkel entschied sich für eine Packung Spaghetti, da er einmal zusammen mit mir gelesen hatte, dass der Papst die italienische Küche sehr gern hat nach seinem Amtsantritt einige Kilos zugenommen hat, da ihm die Spaghettigerichte so gut schmecken. Die zweite Enkelin kann sich an ein Foto sehr gut erinnern, wo ein Kind dem Papst es weiße Kappl vom Kopf zieht und dieser nur lachend reagiert. Sie schickte ihm ein Öl mit, das für Wundheilung gut ist, da sie gehört hatte, dass der Papst im Krankenhaus war. Und ja, jeder suchte sich eben etwas aus. Das dritte Enkelkind war ganz fleißig bei der Fichtenspitzen-Ernte dabei und schickte einen Fichtenhonig mit, etwas ähnliches schickte auch die vierte Enkelin mit. Sie sammelte fleißig Blüten. Das kleinste Enkelkind wusste noch nicht genau was und ich machte ihr den Vorschlag für unsere Teemischung mit der Botschaft, dass die Sonne immer für den Papst scheinen sollte. 
Meine Botschaft war, dass das die Gärten des Vatikans auf eine Bio-Landwirtschaft umgestellt werden. Und dass alle Kirchengüter auf biologische Landwirtschaft umgestellt werden und habe ihn gleichzeitig darum gebeten, dafür ein großes Zeichen zu setzten. Das Lauda to Si sollte eifach diese ganze Initiative voran treiben.

Vielleicht sind wir ein wenig sensibel, aber vielleicht wissen wir einfach auch, wie gefährlich diese Sachen sind

Wer hatte die Idee für die Papstaudienz und warum? 

Die Idee hatte ich. Denn unsere Bürgerinitiative deckt sich ja eigentlich mit dem Laudato Sì, das der Papst Franziskus als sein „Motto“ hergibt – warum also nicht den Gleichgesinnten besuchen gehen? Auf der damaligen Pressekonferenz war es noch als Scherz gedacht, aber irgendwann schrieb ich einfach einen Brief. Einer reichte nicht, ein zweiter auch nicht aber beim dritten erhielten wir dann einen Termin beim Papst. 

Was erhoffen Sie sich nach der Audienz? Die Zeit rennt… 

Ja genau, die Zeit rennt. Wir wollten unbedingt noch mehr Unterschriften sammeln und stellten uns dann einfach auf öffentliche Plätze, bei denen wir bei unserer Reise nach Rom vorbei kamen. Ich als Bio-Bäuerin habe einfach eine schwache Stimme und wollte einfach, dass uns der Papst unterstützt und uns Gewicht gibt. Genauso auch im Parlament, wo wir gestern (Dienstag, Anm.d.Red.) waren und eine Pressekonferenz machen durften. Es braucht bei diesem Thema einfach die Politik und der Segen von oben ist das Sahnehäubchen und einfach eine Stufe höher. Und wenn uns der Herrgott nicht hilft – wir haben einfach alles versucht.

Jeder meiner fünf Enkel durfte ein kleines Geschenk für den Papst aussuchen

Warum liegt Ihnen dieses Thema so sehr am Herzen. Was kosten die beiden Themen Bienen und Bauern an Energie? 

Mich wundert es immer, dass dieses Thema nicht jeder Großmutter oder Mutter am Herzen liegt. Weil ich denke einfach, dass wir alle unserer Enkelkinder bzw. Kinder gern haben – ich glaube es gibt niemand, der das nicht hat, das nimm ich mir heraus zu sagen. Und warum interessieren sich diese Menschen dann nicht für die Zukunft der Kinder? Wir haben als Betrieb, im Kräuterschlössl viele negative Erfahrungen mit der Abdrift gemacht, Informationen eingeholt und uns auch in das Thema hineingesteigert. Ja, vielleicht sind wir ein wenig sensibel, aber vielleicht wissen wir einfach auch, wie gefährlich diese Sachen sind. 
Unsere Generation hat einfach viel Schaden angerichtet und ich finde einfach, dass wir so viel wie möglich richtigen sollten und nicht abwarten, bis jemand etwas unternimmt. 

Zum Schluss noch einige Worte, mit denen Sie die Reise beschreiben würden: Was haben Sie erlebt? 

Wir haben sehr viele positive Erlebnisse und positive Zufälle wahrgenommen. Wir hatten absolut keine Schwierigkeiten, viele Menschen haben uns weiter geholfen. Wir konnten mit null Erwartungen in die Audienz gehen und es ist uns beglückt dem Papst die Hand zu reichen und unsere Initiative zu erklären. Ich bin wirklich keine fleißige Kirchgängerin, aber ich sage immer, dass ich die Schöpfung in meinem Garten sehe, als in einer Kirche und das ist auch etwas, das ich auch immer sehr offen sage und den Menschen ans Herzl lege: Die Schöpfung sieht man draußen. 


 

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Stereo Typ Do., 09.09.2021 - 12:37

Sehr schöne Initiative. "Meine Botschaft war, dass das die Gärten des Vatikans auf eine Bio-Landwirtschaft umgestellt werden. Und dass alle Kirchengüter auf biologische Landwirtschaft umgestellt werden." Ja, das ist längst fällig.

Do., 09.09.2021 - 12:37 Permalink
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Günther Mayr Do., 09.09.2021 - 14:37

wenn es so einfach wie gut wäre, hätten längst alle schon umgestellt.
pardon, wieso eigentlich umstellen? auf was?
die zertifikathascherei bedeutet letztendlich: das kind mit dem bade ausschütten und betrügen, wer betrogen werden will!

Do., 09.09.2021 - 14:37 Permalink
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Johann Gruber Fr., 10.09.2021 - 00:28

Naja, dass sich die Dame geradezu damit brüstet, "wirklich keine fleißige Kirchgängerin" zu sein, spricht nicht gerade für Kohärenz.
Mein Tipp an sie: Gehen Sie doch öfters zur Kirche, dann merken Sie vielleicht, dass "uns der Herrgott IMMER hilft".

Fr., 10.09.2021 - 00:28 Permalink