Der Schweizer Untergang

Wer kennt den Spielfilm aus dem Jahre 2004 nicht? Die letzten Tage des Führers in Berliner Bunker, liest man heute Artikel und Kommentare zum gestrigen Schweizer Referendum, scheint es fast so als wäre für die Schweiz der erste Schritt in die gleiche Richtung getan...
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Ich habe mir Artikel auf der Zeit, den Spiegel und den Corriere zur gestrigen Schweizer Volksabstimmung und die Kommentare darunter durchgelesen. Nun auch hier auf Salto: überall das gleiche! Ein kleines Resumee in drei Punkten:

1. Die Schweizer sind seit Gestern alle samt Nazis geworden und Wehe jemand lässt nur ein gutes Haar an ihnen: der ist auch ein braunes niederträchtiges von Hass erfülltes fascho-nazi-xenophobes A****loch.

2. Das Volk ist einfach zu dumm um frei entscheiden zu dürfen. Das schließt man schon daraus, dass in den Städten das Nein gewonnen hat. Natürlich leben in den Städten die schlaueren Leute als auf dem Land. Entscheidungen über Einwanderungspolitik hat bitte nicht das Volk zu nehmen, da sind ja viel zu viele Bauerntölpel dabei, nein dies sollte man schon nicht näher definierten Profis überlassen.

3. Die Schweiz ist seit Gestern den Untergang geweiht. Brüssel und die Regierungen Europas lassen unmissverständlich verstehen, dass die Schweiz mit Konsequenzen zu rechnen hat. Man weis aber nicht genau mit was man drohen kann, deswegen wird bislang darauf gepocht, dass die Schweizer sich so nur selbst schaden.

Bei der ganzen Aufregung frage ich mich: ist die knappe Mehrheit der Schweitzer die Gestern mit "ja" gestimmt hat wirklich rechtsradikal oder von Populisten geblendet? War das Minaretverbot 2009 ein Vorbote des Vormarsches dunkler Mächte im Land der Schokolade und Kuckucksuhren? Anders formuliert: sind sie dem Untergang geweiht, abgeschottet allein im Reichtum der ihnen nichts bringt und umzingelt von Feinden, wie einst der Führer in seinen Bunker? Oder gibt es noch Hoffnung politisch zwischen Links und Nazi doch noch etwas dazwischen zu finden, was demokratisch gesehen existenzberechtigt ist?

Ich hoffe schon! Deswegen  möchte ich den vorherigen drei Punkten folgendes entgegnen:

1. Wenn ein Land sich entschließt härtere Einwanderungsgesetze zu erlassen, bedeutet dass nicht automatisch dass Rechtsextreme an der Macht sind.  Durch Einwanderungsbegrenzungen werden keine Menschenrechte verletzt! Kriegsflüchtlinge oder politisch verfolgte Asylbewerber haben Recht auf Unterstützung, diese Situation ist rechtlich nicht mit der von arbeitssuchenden Einwanderern gleichzustellen. 

2. Es gibt Teile der Verfassung die grundlegende Menschenrechte betreffen, keine Sorge: diese können durch Volksabstimmungen in kein halbwegs demokratisches Land abgeschafft werden.

3. Wenn die Schweizer durch diese Isolierungspolitik sich selbst wirtschaftlich und völkisch ausrotten, werden sie bald selbst drauf kommen und ihre Tore wieder öffnen. Viel wichtiger aber, man spricht ja nicht von totaler Abschottung, sondern von einer schärferen Regelung der Einwanderung.

So, ich habe meinen Kommentar abgegeben, viel Spaß beim zerfleischen und bitte ärgert euch nicht!

 

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Mensch Ärgerdi… Mi., 12.02.2014 - 11:00

http://www.tageszeitung.it/2014/02/12/geschuerte-aengste/
Interessanter Weise scheinen die Kommentare auf der Tageszeitung doch eher einseitig zu sein und zwar pro Schweizer Entscheidung, ohne jegliche Dämonisierung des helvetischen Völkchen. Hatten die Leute in den letzten zwei Tagen mehr Zeit sich mit den Resultat der Volksabstimmung zu konfrontieren um anders darüber zu urteilen, oder ist das rechts konservative Lager zwischen den TZ-Lesern übermächtig stark?

Mi., 12.02.2014 - 11:00 Permalink
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gorgias Mi., 12.02.2014 - 11:28

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Das ist ganz einfach: Die Tageszeitung ist gerade auf der Pro-Direkte-Demokratie-Schiene und färbt das Ergebnis in der Schweiz schön. Die Dolomiten ist ja gegen die direkte Demokratie eingestellt und zieht sich keine rosarote Brille an.
Die Haltung der Dolomiten ist jedenfalls realistischer.

Mi., 12.02.2014 - 11:28 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Mi., 12.02.2014 - 12:25

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Der Tribus gehört aber zu den Skeptikern des Schweitzer Referendums
http://www.tageszeitung.it/2014/02/10/der-tribus-ohne-quorum/
und das Interview mit Frau Franceschini scheint mir doch auch eher in diese Richtung zu gehen: das Ergebnis war "befürchtet" und wird als "bittere Pille" bezeichnet. Es sind eben die Leser bzw. die Kommentatoren die fast alle das Ergebnis gut heißen...

Mi., 12.02.2014 - 12:25 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Mi., 12.02.2014 - 13:39

Ja die Schweiz müsste in der Tat einige Abkommen neu verhandeln und dies würde doch einige Probleme mit sich tragen. Aber mir scheint es so als hätten Brüssel und die Regierungen Europas eine Heidenangst, dass das Schweizer Beispiel Schule macht und als mögliche und vor allem greifbare Alternative anerkannt wird.
Ob heute noch die Mehrheit der EU-Bürger sich noch für die EU entscheiden würde?

Mi., 12.02.2014 - 13:39 Permalink
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Benno Kusstatscher Mi., 12.02.2014 - 17:16

@Mensch Ärgerdichnicht. Ganz ehrlich: Ich habe mich etwas gequält, Dir zu antworten. Du bringst einen guten Punkt auf. Den Wölfen, die sich über die Beute werfen, sei er gewidmet. Du bist aber mit dem Grundtenor in (für mich) zweifelhafter Gesellschaft. Es heulen auch die anderen Wölfe. Provozieren ist erlaubt und ist Dir wohl auch gelungen. Trotzdem hoffe ich, dass sich Deine Position nicht im Setzen dieses Gegenpols erschöpft hat.

Mi., 12.02.2014 - 17:16 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Mi., 12.02.2014 - 17:46

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Mit der Provokation will man (oder ich zu mindest) eine Diskussion entfachen. Ich warte auf die Gelegenheit ein ähnlichen "Artikel" zum Thema "Gutmenschen" zu schreiben um dann schließlich ein Resumé aus beiden zu machen. Ziel meiner Kritik sollte eigentlich das Block-Denken sein, in meinen Augen eines der schlimmsten Laster politischer Diskussionen überhaupt.

Mi., 12.02.2014 - 17:46 Permalink