Politik | Referendum zur Direkte Demokratie

Lausch: Nun ist unser Vorschlag an der Reihe

Feierstimmung bei der Initiative für mehr Demokratie nach dem klaren Nein zum SVP-Gesetz zur Bürgerbeteiligung. Nun kommt ihr Gesetzesvorschlag zur Regelung der Direkten Demokratie in den Landtag.

Feierstimmung und Erleichterung bei der Initiative für mehr Demokratie über die Ablehnung des SVP-Gesetzes zur Bürgerbeteiligung im Referendum am Sonntag. „Es wäre wirklich tragisch gewesen, wenn die Ja-Stimmen überwogen hätten“, meint Stephan Lausch. Denn zumindest laut seiner Einschätzung hätte die Volkspartei nach einem Sieg keine weiteren Verbesserungen mehr angestrebt. „Und uns wären die Hände gebunden gewesen, da der Themenbereich Direkte Demokratie im SVP-Gesetz explizit von Volksabstimmungen ausgeschlossen wurde“, sagt der langjährige Kämpfer für mehr Mitbestimmung.

Nach dem „Nein“ für das SVP-Gesetz sieht die Sachlage nun gänzlich anders aus. Nun muss der Gesetzesvorschlag, für den die Initiative parallel zum Antrag auf ein Referendum im Rahmen eines Volksbegehrens 18.000 Unterschriften gesammelt hat, innerhalb des Sommers von der zuständigen Gesetzgebungskommission im Landtag behandelt werden. „Die Abstimmung darüber muss noch innerhalb 2014 stattfinden“, erklärt Stephan Lausch. Nachdem sich nun „klar gezeigt hat, dass die Mehrheit der Bevölkerung in Sachen Direkte Demokratie effektiv anders denkt als die Südtiroler Volkspartei“, hofft er nun auf ein Gesetz , das tatsächlich eine Mitbestimmung der Bevölkerung ermöglicht. Dafür sei zumindest der Gesetzesvorschlag der Initiative  gegenüber 2009 noch um einige wichtige Punkte verbessert worden; so beispielsweise eine Sprachgruppenschutz-Klausel für ethnisch sensible Themen oder die Informationspflicht durch eine unabhängige Kommission statt durch das Landespresseamt.

Die spärliche Information im Vorfeld des aktuellen Referendums sieht der Vertreter der Initiative für mehr Demokratie denn auch als Hauptgrund für die niedrige Wahlbeteiligung von 26,4 Prozent. „Die Verunsicherung der Bevölkerung aufgrund unzureichender Information war klar spürbar“, meint er.  Gezeigt habe sich die mangelnde Aufklärung über das Thema auch daran, dass die Tageszeitung Dolomiten „über die institutionelle Anzeigen hinaus, für die sie viel Geld der SteuerzahlerInnen kassiert haben, überhaupt nicht über das Referendum informiert hat“, wie Lausch urteilt. Mangelnde Hintergründe sieht er auch als Grund für das Abstimmungsverhalten der AuslandsüdtirolerInnen, die mehrheitlich für das SVP-Gesetz gestimmt haben. „Ich denke, im Ausland hat man einfach zu wenig mitbekommen, worum es geht, und deshalb beim Titel Bürgerbeteiligung mit Ja gestimmt.“

Als „unglaublich“ wertet man bei der Initiative für mehr Demokratie die Überlegungen, die der Landesrat und Einbringer des SVP-Gesetzes Arnold Schuler angesichts der niedrigen Wahlbeteiligung in Sachen Quorum gemacht hat. Das Argument, dass dieses angesichts niederer Wahlbeteiligungen bei Volksabstimmungen verhindern könne, dass eine Minderheit über die Mehrheit bestimme, hätte die SVP bereits 2009 hervorgezogen. „Damals hat sie sich damit den Volkszorn zugezogen, nachdem das Volksbegehren trotz einer Wahlbeteiligung von 38 Prozent am Quorum scheiterte“, sagt Stepan Lausch. Nach dessen Abschaffung sei es ein „Ding der Unmöglichkeit“ das Quorum nun wieder hervor zu zaubern, weil „die niedere Wahlbeteiligung zu ihren Ungunsten ausgefallen ist“, so Lausch.

 

Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Mo., 10.02.2014 - 14:39

Nachdem sich nun „klar gezeigt hat, dass die Mehrheit der Bevölkerung in Sachen Direkte Demokratie effektiv anders denkt als die Südtiroler Volkspartei“,
----------------
Die Mehrheit der Bevölkerung hat sich nicht geäußert. Alles andere ist Verzerrung von Tatsachen.
Solche Aussagen sind einfach unseriös und unredlich. Jemand leidet hier stark unter selektiver Wahrnehmung.

Mo., 10.02.2014 - 14:39 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Christoph Moar
Christoph Moar Mo., 10.02.2014 - 18:21

Antwort auf von gorgias

Ich kann nicht verstehen, warum man nicht bei den Fakten bleibt. Ob die Mehrheit der Bevölkerung anders denkt als die SVP kann man aus den Zahlen nicht herauslesen, ohne in die Kaffeesatzleserei zu wechseln. Die Mehrheit der Bevölkerung ist einfach nicht wählen gegangen. Das schmälert überhaupt nicht die Tatsache, dass von denen, die zur Entscheidung gingen, das Nein gewonnen hat. Simple as that.
---
Wieso immer (beidseitig) übertrieben werden muss, ist mir schleierhaft. Schuler meint, die anderen hätten alle Ja gemeint, Lausch meint, die anderen hätten alle Nein gesagt. Für mich einfach nur Käse.
---
Wünsche mir ein Gesetz, dass die direkte Demokratie regelt, sie mit vernünftig dimensionierten Hürden erschwert aber nicht unmöglich macht, und vor allem selbst mit einem genügend breiten Konsens zwischen Mehrheit und politischer Minderheit genehmigt wird. Dann wäre ich glücklich.

Mo., 10.02.2014 - 18:21 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Stephan Lausch
Stephan Lausch Mo., 10.02.2014 - 22:59

Antwort auf von gorgias

Mit Verlaub, zu dieser späten Stunde und nach einem aufregenden Tag, zur Klärung hier dazu nur ein Auszug aus unserer Pressemitteilung:
"Die Beteiligung am Referendum ist, absolut betrachtet, niedrig, berücksichtigt man aber die Bedingungen, unter denen es stattgefunden hat, ist sie nicht schlecht. Es ist kein gutes Zeichen, wenn jene das Ergebnis wegen der niedrigen Beteiligung schlecht reden, die wesentlich dafür verantwortlich sind: Verantwortlich dafür, dass das Referendum überhaupt nötig geworden ist, für den schlechten Zeitpunkt, für das Fehlen einer offenen Debatte zum Thema, ja letztlich auch für die mangelhafte institutionelle Information. Wenn man eine niedrige Beteiligung wollte, dann ist alles getan worden, was man tun konnte. Der internationale Durchschnitt der Beteiligung an Volksabstimmungen liegt zwischen 30 und 40%. Mit 26,4% liegen wir nur wenig darunter. Es ist hinreichend bekannt gemacht worden, dass dieses Mal ohne Beteiligungsquorum jene entscheiden, die zur Abstimmung gehen. Somit haben zwar 26,4% abgestimmt, aber 100% der Stimmberechtigten haben entschieden. Die restlichen 73,6% haben sich für die Stimmenthaltung entschieden. Sie haben damit beschlossen, ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger an ihrer Stelle entscheiden zu lassen."

Mo., 10.02.2014 - 22:59 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Wilfried Meraner
Wilfried Meraner Di., 11.02.2014 - 00:23

Antwort auf von gorgias

@Christoph Moar
"Ich schließe mich an"- Sie schließen sich also an, dass Stephan Lausch eine unseriöse und unredliche Aussage gemacht hat?
Ist denn diese Behauptung seriös und redlich? Ich würde es diskutabel finden, wenn jemand die Aussage als unpräzis bezeichnet- aber "unseriös und unredlich" ist eine Unterstellung, oder nicht? Auf alle Fälle hat die weitaus größte Mehrheit den Vorschlag der SVP nicht angenommen, aus welchen Gründen immer. Wenn Sie bei z.B. an einer Auktion teilnehmen und die Hand nicht heben, dann kann man wohl behaupten, dass Sie das Angebot nicht angenommen haben, aus welchen Gründen immer, ob es zu teuer war oder nicht gut oder ob Sie sich zu wenig informiert hatten. Stephan Lausch hat es bestimmt nicht nötig, etwas absichtlich zu verzerren. Daran können nur jene Interesse haben, die mit dem Ergebnis unzufrieden sind.

Di., 11.02.2014 - 00:23 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Christoph Moar
Christoph Moar Di., 11.02.2014 - 07:33

Antwort auf von gorgias

Lieber Wilfried,
nein, in der Tat hätte ich die Worte des vierten Satzes von Gorgias anders gewählt, hätte ich sie selbst geschrieben, und den fünften Satz möchte ich gar nicht in den Mund nehmen. Da ich mich aber vollinhaltlich den ersten drei Sätzen von Gorgias Aussage anschließe, wollte ich tatsächlich *keine* Wortklauberei betreiben und habe letztere auch mehr Überlesen denn Gelesen. Meine Intention ist in meiner Aussage jedoch eigentlich sehr klar und höflich formuliert, und ich bedaure es natürlich, wenn dies durch das Wort "unredlich" meines Vorkommentators ins falsche Licht rückt.
---
Es ist für mich ganz simpel: Nichts ist unnötiger, als die Instrumentalisierung der "Nichtwähler" als jeweils JA oder NEIN Sager, wie es in der Vergangenheit immer wieder von der Mehrheitspartei propagiert wurde. Die Aussage von Stephan im Interview "dass die Mehrheit der Bevölkerung in Sachen Direkte Demokratie effektiv anders denkt als die Südtiroler Volkspartei" ist unnötig und - wenn sie so wollen - unpräzise. Den Hochkommatas nach hat er dies so gesagt. Die Mehrheit hat: einfach nicht gewählt. Das - wiederhole ich - schmälert überhaupt nicht die Tatsache, dass die Mehrheit der WählerInnen, mich inklusive, NEIN gesagt hat.
---
Ich habe großen Respekt vor Stephan Lausch und der Initiative: ich habe gar in den letzten fünf Jahren immer wieder dafür Unterschriften gesammelt und beglaubigt, und werde es auch in Zukunft so handhaben. Umso mehr ist es mir aber äußerst wichtig, dabei sachlich und formell korrekt zu bleiben. Dafür danke ich Stephan sehr für seine gestrige spätnächtliche Presseaussendung (die er hier gepostet hat). Diese kann ich inhaltlich und formell sehr gerne mittragen.

Di., 11.02.2014 - 07:33 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Di., 11.02.2014 - 21:10

Antwort auf von gorgias

>Die restlichen 73,6% haben sich für die Stimmenthaltung entschieden. Sie haben damit beschlossen, ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger an ihrer Stelle entscheiden zu lassen.<
>Ich kann nicht verstehen, warum man nicht bei den Fakten bleibt. . . . Die Mehrheit der Bevölkerung ist einfach nicht wählen gegangen.<
------------------------
Mich würde übrigens interessieren woher dieser Sager herkommt: „klar gezeigt hat, dass die Mehrheit der Bevölkerung in Sachen Direkte Demokratie effektiv anders denkt als die Südtiroler Volkspartei“.
Zumindest nicht aus der heutigen Pressemiteilung. Könnte vieleicht jemand (eventuell salto) die Quelle hier posten bzw verklinken?
Danke

Di., 11.02.2014 - 21:10 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Susanne Pitro
Susanne Pitro Di., 11.02.2014 - 23:03

Antwort auf von gorgias

Die Quelle kann leider nicht verlinkt werden, hat Stephan Lausch in meinem Gespräch mit ihm gesagt. Natürlich sind solche Zitate aus dem unmittelbaren Gesprächskontext gerissen, deshalb hat er wohl auch in seinem Kommentar mit Pressemitteilung noch präzisiert.

Di., 11.02.2014 - 23:03 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Mi., 12.02.2014 - 00:14

Antwort auf von gorgias

Danke für die bisherige Mühe, ich hätte noch zwei abschließende Fragen:
1. Handelt es sich um ein Gespräch oder um eine andere Pressemitteilung
2. KANN diese Quelle nicht verlinkt werden, oder WILL Stefan Lausch, dass diese nicht verlinkt oder auch andersweitig offen gelegt wird?

Mi., 12.02.2014 - 00:14 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Oskar Egger
Oskar Egger Mi., 12.02.2014 - 07:26

Antwort auf von gorgias

Ich glaube, man muss auch endlich aufhören damit, so zu tun als ob die Wahlbeteiligung wegen der mangelnden Information so niedrig gewesen ist. Alle (auch die im Ausland) wußten über das Referendum. Vielleicht kann man sich auch mal anschauen, daß die Bürger im allgemeinen müde, vertrauensarm, ohne politische Initiative, weil ohnmächtig, sind und daß Direkte Demokratie in den Köpfen die Lage nicht unbedingt verbessert.

Mi., 12.02.2014 - 07:26 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Wilfried Meraner
Wilfried Meraner Mi., 12.02.2014 - 08:26

Antwort auf von gorgias

Ich bin schon der Meinung, dass die Wahlbeteiligung durch wenig Information so niedrig war. Du brauchtest nur mit den Leuten reden, sehr viele haben gesagt, sie wissen zu wenig darüber. Natürlich haben sie gewusst, dass das Referendum stattfindet, auch ungefähr über was, aber für eine gewissenhafte Entscheidung ist das zu wenig.
Aber ich respektiere es und finde es wichtig, dass man sich wenigstens der Stimme enthält, wenn man zu wenig informiert ist.
"daß die Bürger im allgemeinen müde, vertrauensarm, ohne politische Initiative, weil ohnmächtig, sind und daß Direkte Demokratie in den Köpfen die Lage nicht unbedingt verbessert"...
Genau die direkte Demokratie könnte das entscheidend verbessern, weil die Bürger dann eben nicht mehr ohnmächtig sind.
Man sieht hier natürlich eine Art Teufelskreis: ohne direkte Demokratie Politikverdrossenheit, wegen Politikverdrossenheit kein Interesse an direkter Demokratie.
Lasst uns den Teufelkreis durchbrechen!

Mi., 12.02.2014 - 08:26 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Mi., 12.02.2014 - 10:04

Antwort auf von gorgias

>Ist die niedrige Wahlbeteiligung schlimm?<
Ich hingegen finde es schlimm, dass es so eine geringe Wahlbeteiligung gegeben hat. Sich für die direkte Demokratie auszusprechen sollte ein Grundsatzentscheidung sein, die von einer breiten Mehrheit getragen wird. Leider ist aber direkte Demokratie kein "gefühltes" Thema und somit sind fast 3/4 der Wahlberechtigten nicht ihrem Recht nachgegangen. So wird am Ende die direkte Demokratie zum Spielball von Populisten die mit gefühlten Themen Punkten können und von Interessensgruppen die hinter dem Vorhang die Strippen ziehen.
>Ich bin schon der Meinung, dass die Wahlbeteiligung durch wenig Information so niedrig war.<
Wenn einem das Thema wirklich wichtig ist kann man sich ja von sich aus Informieren.
>Aber ich respektiere es und finde es wichtig, dass man sich wenigstens der Stimme enthält, wenn man zu wenig informiert ist.<
Man hätte auch hingehen können und Weiß abgeben um ein Signal zu setzen.
>Genau die direkte Demokratie könnte das entscheidend verbessern, weil die Bürger dann eben nicht mehr ohnmächtig sind.<
Ist es nicht auch eine Form von Ohmacht wenn man nicht Wählen geht, weil man, wie sie weiter oben schreiben, sich nicht auskennt?
>Man sieht hier natürlich eine Art Teufelskreis: ohne direkte Demokratie Politikverdrossenheit, wegen Politikverdrossenheit kein Interesse an direkter Demokratie.<
Hier wird wieder mal die direkte Demokratie als Mittel gegen Politikverdrossenheit postuliert. Die Politikverdrossenheit entsteht weil Politik komplex und langatmig ist. Die direkte Demokratie stellt sich auch als komplex und langatmig heraus und es entsteht nun langsam eine Direkte-Demokratie-Verdrossenheit.

Mi., 12.02.2014 - 10:04 Permalink
Bild
Profil für Benutzer gorgias
gorgias Mi., 12.02.2014 - 13:23

Antwort auf von gorgias

Ich glaube das wäre der richtige Ansatz: Direkte Demokratie auf Gemeindeebene mit gleichzeitiger Abschaffung des Landeszentralismus. d.h. unter anderem Gemeinden müssen satte Budgets haben mit denen sie unabhängig und selbstverantwortlich sich selbst finanzieren und nicht wie jetzt oft irgend etwas bauen lassen, weil es das Land ehe zu 80% finanziert.
So hat es auch in der Schweiz angefangen lange bevor demokratische Abstimmungen auf Bundesebene stattfanden.
Hier in Südtirol will man es genau umgekehrt machen.
Es ist ein Irrtum der Initiative für zuviel Demokratie zu glauben, dass so der interessierte und mündige Bürger wie fast von Zauber entstehen wird.

Mi., 12.02.2014 - 13:23 Permalink