Ein Jahr im Zeichen des Edelweiß
Gleich am Eingang springt das Edelweiß ins Auge. Unübersehbar prangt es am SVP-Sitz in der Bozner Brennerstraße. Und damit die Besucher ja nicht vergessen, in wessen Gefilde sie sich befinden, gibt es Edelweiße an den Wänden, auf den Stühlen und am Mittwoch sogar, frisch gepflückt, auf den Tischen des Pressesaales. So zahlreich wie die Alpenblumen im Parteisitz sind die Medienvertreter am Vormittag erschienen, um von den Plänen, die die Volkspartei für das angebrochene Jahr hat, zu erfahren. Parteiobmann und Vize, Landeshauptmann, Kammerabgeordneter, Landtagsfraktionssprecher und EU-Abgeordneter sind bereits da, doch gewartet wird noch auf einen, ohne den die Pressekonferenz nicht beginnt: Karl Zeller. Wie wichtig der Senator für die SVP ist, wird spätestens klar, als der Abgeordnete Daniel Alfreider den Weg der Partei und ihres unvergessenen Silvius Magnago als “fast schon den Weg Karl Zellers” bezeichnet.
Diesen Weg, in Richtung Ausbau und Weiterentwicklung der Autonomie hat die SVP, so ist man sich einig, 2016 hervorragend beschritten. “Es war ein außergewöhnlich gutes Jahr für die Autonomie”, frohlockt Zeller, der als einer der ersten das Wort ergreift. Zehn Durchführungsbestimmungen hat die Regierung Renzi im Vorjahr genehmigt, darunter einige zur Rückholung von verloren gegangenen Kompetenzen wie die Jagd, der Handel und die Urbanistik. Eine Bilanz, die angesichts der insgesamt 68 Durchführungsbestimmungen seit 1994 – zwei Drittel davon übrigens unter Mitte-Links-Regierungen – sehen lassen kann. Zeller klopft sich und seinen Parteifreunden auf die Schulter: “So sieht erfolgreiche Autonomiepolitik aus” und “Magnago hätte seine helle Freude mit uns gehabt”, tönt der Senator.
Kein Stillstand in Sicht
Sich auf den Lorbeeren, von denen sich die SVP-Spitzen im Laufe der Pressekonferenz gar einige selbst zuschanzen, ausruhen, will man sich aber nicht. Zu viel geschieht in der Welt, zu viele Veränderungen, auf die man nicht nicht reagieren kann. Für Obmann Philipp Achammer war 2016 “vielleicht ein annus horribilis”, für EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann “das Jahr des Weckrufs”. Um im bevorstehenden Jahr die Orientierung nicht zu verlieren, hat man parteiintern drei Leitsätze formuliert, die der SVP den Weg durch 2017 deuten sollen: “Autonomie schützen und entwickeln”, “Lebensqualität sichern”, “Zusammenleben gestalten”.
Mit dem Rückenwind, den die SVP nach dem Verfassungsreferendum aus der Bevölkerung verspürt, sollen 2017 in Rom die letzten offenen Punkte angegangen werden. Ein Thema ist darunter, das für Dieter Steger “nach 70 Jahren friedlichen Zusammenlebens” ein für alle Mal vom Tisch gehört: die Toponomastik. Geschichte wird am Jahresende auch der Autonomiekonvent sein. Steger zeigt sich fest überzeugt, dass es nach rund eineinhalb Jahren Diskussion im Sommer 2017 ein Ergebnis geben und der Konvent den Landtag bei der Reform des Autonomiestatuts “an die Hand nehmen” wird.
Sprung ins Ungewisse
Auf Landesebene steht die endgültige Genehmigung der Sanitätsreform an, ebenso befindet das Thema leistbarer Wohnraum und die Raumordnung auf der Edelweiß-Agenda. “Gleiche Chancen für alle” hat indes für den Landeshauptmann oberste Priorität. “Wir wollen niemanden zurücklassen”, verspricht er, sondern ein “soziales Sprungtuch” bereitstellen – “kein soziales Netz, in das man fällt und dann verfangen bleibt” sondern Mittel und Wege finden, damit ein jeder seinen Lebensweg selbst beschreiten kann.
Um Chancen, aber auf Pflichten geht es dann auch, als nach etwas mehr als einer Dreiviertelstunde das Zusammenleben zur Sprache kommt. Die im Vorjahr genehmigte Integrationsvereinbarung und die darin enthaltenen Prinzipien “Fordern und Fördern” und “Integration durch Leistung” soll 2017 umgesetzt werden. “Die SVP wird nie, nie eine Partei der Hetze und des billigen Populismus sein”, will Obmann Achammer festgehalten wissen, aber Regeln, um ein gelungenes Zusammenleben zu ermöglichen, brauche es doch. Und eine Lösung für jene, die in Südtirol keine Chance haben – etwa weil ihr Asylbescheid negativ ausfällt (laut Kompatscher wird das bei “der Mehrheit der Asylbewerber der Fall sein”). “Auch das ist ein Thema, das uns 2017 beschäftigen wird”, räumt der Landeshauptmann ein und fordert vom Staat “Klarheit, wie damit umzugehen ist”.
Auf internationaler Ebene steht der Welt 2017 große Ungewissheit bevor. “Es wird ein Jahr der Fragezeichen”, sagt Obmann Achammer voraus. Die Antwort, die seine Partei für sich gefunden hat, ist klar: Abgrenzung, in welcher Form auch immer – zwischen Sprachgruppen und Kulturen, nach außen oder aus Gründen der Sicherheit – “war nie unser Weg”, betont Achammer, “und soll es auch 2017 nicht sein”.