Politics | Impfungen

Südtiroler Impfgesetz

Andreas Pöder stellt einen Gesetzentwurf vor mit dem das Land seine autonomen Spielräume in Sachen Impfen nützen soll. Die Impfkritiker unterstützen den Vorschlag.
PK Pöder 1
Foto: Hannes Prousch
Andreas Pöder ist ein politisches Naturtalent. Der Lananer Landtagsabgeordnete hat ein feines Gespür für politische und gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderungen. Pöder versteht es schnell und durchaus professionell zu agieren und damit auch politisches Kapital für sich selbst herauszuschlagen.
Es verwundert deshalb nicht, dass der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion an diesem Vormittag im Südtiroler Landtag zu einer Pressekonferenz zum aktuellen Thema Impfzwang lädt. Am Tisch sitzen zudem die Organisationen „Ökokinderrechte Südtirol“, „Aegis Südtirol“, „vaccinare informati“ und „primum-non-nocere“. Es sind die Vertreter der repräsentativsten Impfkritiker und - gegner im Lande. Andreas Pöder stellt einen Gesetzesentwurf zur Anwendung der Impfpflicht vor. Während die Organisationen ihre geplanten Aktionen und Beweggründe im Kampf für die Impffreiheit illustrieren.
 
Es ist ein lockeres Bündnis mit einem Potential von gut 30.000 Wählerstimmen. Das wurde spätestens nach dem Bozner Protestmarsch mit rund 3.000 Beteiligen klar. Viele Politiker versuchen deshalb 14 Monate vor den Landtagswahlen auf diesen Zug aufzuspringen. Andreas Pöder aber ist auch hier wieder einmal der Schnellere. Er legt an diesem Tag Fakten vor und überträgt die gesamte Pressekonferenz höchst professionell auch gleich per Livestream ins Netz.
Dass man das Ganze nur als geschicktes Politmarketing abtut, dagegen wehrt sich der 50jährige Berufspolitiker aber vehement. „Ich bin bereits vor 16 Jahren vor einer Schule gestanden, als Carabiniere Kinder zur Zwangsimpfung abholen wollten und habe dagegen protestiert“, sagt er mit Nachdruck.
Man kann im hier kaum widersprechen. Denn man merkt es an diesem Vormittag immer wieder: Der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion weiß wovon er spricht.
 

Information statt Zwang

 
Andreas Pöder verweist einleitend darauf, dass sowohl der Landtag wie auch der Regionalrat in den vergangenen Wochen einstimmige Beschlüsse zur Streichung der Zwangsmaßnahmen gefasst haben.
Vor allem aber sehe das neue Impfdekret, das inzwischen vom Parlament verabschiedet wurde und demnach Gesetzeskraft erhalten wird, vor, dass die Regionen und autonomen Provinzen Umsetzung und Anwendung der neuen Bestimmungen regeln müssen. Es ist das Einfallstor für Pöders Gesetzesinitiative.
Wir müssen hier unsere autonomen Spielräume nutzen“, sagt der Landtagsabgeordnete und stellt dann seinen Gesetzentwurf vor, mit dem das derzeit geltende Landesgesetz „Bestimmungen zur Anwendung der Impfpflicht“ abgeändert werden soll.
Pöder geht dabei sehr geschickt vor. Er fordert keineswegs die Abschaffung der Impfpflicht, sondern er setzt in seinem Gesetz auf eine Aushöhlung des Impfzwanges.
Das Prinzip soll Information statt Zwang heißen“, erklärt der BürgerUnions-Politiker sein Credo.
 
 
Die Eckpunkte des Pöder-Vorschlages:
 
  • Der Südtiroler Sanitätsbetrieb wird verpflichtet die Bürger ausgewogen und klar über die Risiken und Chancen der Impfungen zu informieren. Die Ämter sind verpflichtet auch auf Fragen und Einwände zu antworten;
  • Diese Informationsgespräche sind für Eltern und Erziehungsberechtigte verpflichtend. Wer daran teilnimmt, bekommt eine Bescheinigung. Bei Vorlage dieser Bescheinigung muss das Kind - unabhängig davon ob es geimpft ist oder nicht - im Kindergarten oder in anderen Betreuungseinrichtungen aufgenommen werden;
  • Strafen fürs Nicht-Impfen können nur einmal (und nicht jährlich) ausgestellt werden und bei Erreichen einer festgelegten Durchimpfungsrate im Land, werden die Strafzahlungen ausgesetzt. Damit soll jene Regelung übernommen werden, die man seit Jahren in Südtirol praktiziert.
Zudem sollen Eltern eine Überprüfung der Immunisierung ihrer Kinder oder eine Überprüfung medizinischer Gründe verlangen können, die gegen eine Impfung sprechen. Wobei die Sanitätseinheit die Kosten der Untersuchungen tragen muss.
Andreas Pöder hat seine Gesetzesvorschlag am Dienstag im Landtag eingereicht.
 

Verantwortlicher Impfarzt

 
Die auf der Pressekonferenz anwesenden impfkritischen Organisationen unterstützen nicht nur den Gesetzesvorschlag von Andreas Pöder, sie stellten gleichzeitig auch ihre Sichtweise und Gangart vor. Dabei wurde auch deutlich, was auf die Südtiroler Sanitätsverantwortlichen demnächst zukommen wird.
Reinhold Holzer kämpft seit gut 35 Jahren gegen den Impfzwang. Der Gründer der „Ökokinderrechte Südtirol“ kündigte an, dass man das neue Impfdekret nicht nur beim Verfassungsgericht anfechten werde, sondern auch beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Holzer geht davon aus, dass die italienische Regelung auch gehen geltendes EU-Recht verstößt.
Vor allem aber illustrierte Holzer wie man die lokale Verwaltung unter Zugzwang bringen will. So verlangen derzeit Dutzende von Aktivisten die Aushändigung ihrer Impfbescheinigung. Es ist die gesetzlich vorgeschrieben Dokumentation zu den Pflichtimpfungen, die von Amtswegen gehalten werden muss. „Niemand weiß aber, wo und ob es diese Bescheinigung noch gibt“, sagt Holzer, „man wird von der Gemeinde zur Sanität, dort zum Hygieneamt und dann wieder zurück zur Gemeinde geschickt“.
Im Kampf gegen den neuen Impfzwang will man aber vor allem auf zwei Bereiche setzen. Der Handhabung sensibler Gesundheitsdaten. „Impfungen sind sensible Daten, die kann der Sanitätsbetrieb nicht ohne weiteres an andere Verwaltungen weitergeben“. sagt Reinhold Holzer.
 
Und die Verantwortung der Ärzte. „Der Arzt ist inzwischen ein freischaffender Unternehmer und er trägt damit die volle Haftung für alle Handlungen“, ist sich Reinhold Holzer sicher. Auch muss jeder Arzt nach dem geltenden Patientengesetz einen verpflichtenden Versicherungsnachweis auf Nachfrage dem Patienten vorlegen. Für Impfschäden gilt eine Höchstsumme von 5 Millionen Euro.
Für Holzer brauche es in Sachen Impfen eine grundlegend neue Kultur: „Ärzte und Eltern sollen gemeinsam entscheiden und nicht die Politik“.
In dieselbe Kerbe schlagen an diesem Vormittag auch Florian Laner (Aegis Südtirol), Oswald Werth, Roberto Ribellato (vaccinare informati), sowie die beiden Mütter Priska Kofler und Karin Kerschbaumer.
Vor allem letztere machen anhand ihres persönlichen Werdeganges deutlich, wie sehr die zehn neuen Pflichtimpfungen den Widerstand und die Skepsis gegenüber den Impfungen ansteigen lassen.