Society | Junge Muslime

Konvertieren zum Islam? Ja, bitte!

In einer Facebook-Gruppe will ein junger Bozner mit den Vorurteilen gegenüber seiner Religion aufräumen.

“Convertirsi al Islam” – es ist kein Aufruf zu radikalem religiösem Engagement oder zur Teilnahme am Jihad, der sich hinter dem Titel der Facebook-Gruppe versteckt. Vielmehr will der Betreiber der Gruppe, ein 23-jähriger Bozner, der Facebook-Öffentlichkeit seine Religion erklären und Vorurteile und Beklommenheiten gegenüber dem Islam aus der Welt schaffen. Mohammed Achraf Foughali ist der volle Name des jungen Mannes, der auf Facebook unter dem Namen “Maf Foughali” postet. Geboren in Marokko, ist Foughali bereits mit drei Jahren zusammen mit den Eltern nach Bozen gekommen. Bewusst hat er sich für den sunnitischen Islam – den religiösen Strang, dem 90 Prozent aller Moslems angehören – entschieden, fühlt sich aber doch der westlichen Kultur zugehörig, wie er in einem Gespräch mit dem Corriere dell'Alto Adige erzählt. Trotzdem oder gerade deshalb ist es dem ehemaligen VKE-Volontär ein Anliegen, über den Islam zu sprechen.

Auch weil seine “italienischen” Freunde ihn immer wieder auf den Islam und dessen Lehren ansprachen und er sich mit dem Vorwurf, er sympathisiere mit den Terroristen des Islamischen Staates (IS), konfrontiert sah, hat er sich entschlossen, die Gruppe, die mittlerweile knapp 1.130 Mitglieder zählt, zu gründen. Beinahe täglich erscheinen Einträge; Suren aus dem Koran werden ebenso veröffentlicht wie “La guida del nuovo musulmano”, Informationen über die Halal-Schlachtung oder die derzeitige Lage in Gaza und Syrien.


Frauen und Islamischer Staat

Einer der gängigsten Stereotypen mit denen sich Foughali in der Gruppe konfrontiert sieht, ist jener der unterdrückten, zu Hause eingesperrten, misshandelten Frau. “Der Koran weist sowohl Männern als auch Frauen spezifische und genau festgelegte Rechte zu und es ist nicht wahr, dass der Islam die Frau schlechter stellt als den Mann”, erklärt der junge Mann dem Corriere. Und bestätigt damit, was auch die 17-jährige Siham Harfi vor einiger Zeit im Interview mit salto.bz unterstrich: “Der Islam gibt den Frauen eine enorme Bedeutung. Jedoch will ich nicht abstreiten, dass in einigen arabischen Ländern eine Situation wie im Mittelalter vorherrscht – das hat aber mit dem Islam selbst nichts zu tun.”

Ausdrücklich will Foughali sich mit seiner Facebook-Gruppe, aber auch persönlich, von der Terrormiliz Islamischer Staat distanzieren. “Sono musulmano ma non sto con l'Isis” liest man auf seinem Facebook-Hintergrundbild.


Selbstbewusstsein, Offenheit und religiöse Toleranz

Diese jungen Menschen scheinen aus der “bolla”, aus der Blase herausgetreten zu sein, in der viele ihrer Eltern bei der Ankunft in Italien zu leben begannen. Angekommen in der Mitte der Gesellschaft, sind sie sich ihrer Pflichten und Rechte als italienische Staatsbürger bewusst. Und fordern diese auch ein. Wie etwa einen geeigneten Raum zum gemeinsamen Beten. In Bozen fehle dieser, bemängeln die jungen Muslime des Vereins Bozen Muslim Youth (BMY). Religiöse Toleranz ist auch ein großes Anliegen von Maf Foughali: “Mir ist wichtig, daran zu erinnern, dass es in den islamischen Ländern sehr wohl Kirchen gibt, gleich wie auch Kultorte anderer Religionen”

Die Vizepräsidentin der BMY, Ferdaous Harfi, studiert Architektur in Innsbruck und freut sich über das Interesse und die Neugier, die der islamischen Welt auch in Südtirol entgegengebracht wird: “Gleich nach Gründung des Vereins sind die Leute zu uns gekommen und haben Fragen gestellt, um unsere Welt kennenzulernen.” Fragen werden auch in Foughalis Facebook-Gruppe beantwortet. Etwa solche einer jungen Katholikin, die mit einem Moslem verheiratet ist und zum Islam übertreten möchte.

Dabei betont Foughali, dass sich die Seite nicht nur an jene Menschen richtet, die zum Islam konvertieren wollen, sondern Information und Aufklärung allgemein betreiben soll. Und doch kenne Foughali gar einige – auch junge – Menschen, die sich bewusst für den islamischen Glauben entschieden hätten, ohne von einem muslimischen Partner dazu gedrängt worden zu sein, sondern aus eigener innerer Überzeugung. “Die meisten davon sind übrigens Frauen”, erzählt er, “würden sie wirklich aus freien Stücken zum Islam konvertieren wenn dieser wirklich so frauenverachtend wäre wie allzu häufig behauptet wird?”