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„Landesregierung muss Farbe bekennen“

Alpitronic hofft, dass ihr neuer Firmenstandort bald von der Landesregierung behandelt wird. In Terlan fragt man sich: „Werden wir unserer nachhaltigen Zukunft beraubt?“
Alexander Höller
Foto: Salto.bz
Alpitronic-Geschäftsführer Philipp Senoner hat kürzlich im Interview mit salto.bz mitgeteilt, dass das Verfahren zur strategischen Ansiedlung des Unternehmens Alpitronic in Siebeneich demnächst zur Abstimmung in die Landesregierung kommen könnte. Innerhalb der Terlaner SVP-Fraktion haben sich laut eigener Aussage des SVP-Gemeinderates Alexander Höller mehrere Gemeinderäte gegen die strategische Ansiedlung der Landesregierung in einem Brief an die SVP-Landesräte ausgesprochen.
Sie fordern, dass der Gemeinderat selbst über die Gemeindeentwicklung der Gemeinde Terlan entscheiden soll. In der Unterschriftenaktion gegen die Erweiterung des Gewerbegebietes mit rund 500 Unterschriften aus der Gemeinde Terlan gehe klar hervor, dass ein Industriestandort die Nachhaltigkeit der Gemeindeentwicklung zerstört. Ihrer Ansicht nach sei Terlan „ein Dorf mit ländlichem Charakter, den es zu verlieren droht“. Folgen seien „weiteres Wachstum der Industriezone, welches Flächen unwiederbringlich versiegelt und das Dorfbild verändert“.
Dies ist rühmlich, aber bitte nicht in einem biologisch-dynamischen Weingut des Herrn Enzenbergs in unserer Gemeinde Terlan!
„Was geschähe, wenn zudem Unternehmen, mit großen Strukturen wie die angestrebten fünf Hektar von Alpitornic, den Standort in Zukunft wechseln? Ganz einfach, Leerstand und Spekulation! Die Aussage Senoners, dass er keinen geeigneten Standort in der Umgebung von Bozen finden würde, ist Nonsens“, erklären Christine Nigg, Markus Pichler und Alexander Höller, die Teil der Gruppe für ein nachhaltiges Terlan sind.
 

Die Stellungnahme im Wortlaut

 
„Wir wissen das es mehrere Alternativen für Standorte im Land gibt, wie z.B. Gewerbegrund in Leifers (siehe Alto Adige, 4. November 2022), Auer und Neumarkt, welche direkt an der A22 angebunden sind. Versiegelter Leerstand in der Industirezone Bozen oder vielleicht MEMC in Sinich wären unserer Meinung eine flächenschonendere Lösung. Der Standort Leifers wurde im zitierten Artikel dem Unternehmen angeboten. Dies zum Thema, dass kein anderer Standort existiert.
Herr Senoner gibt ebenfalls von sich, dass Alpitronic einer der größten Steuerzahler im Land ist und innerhalb weniger Jahre über 500 Arbeitsplätze geschaffen hat. Dies ist rühmlich, aber bitte nicht in einem biologisch-dynamischen Weingut des Herrn Enzenbergs in unserer Gemeinde Terlan!
Wenn ca. 500 Mitarbeiter den Arbeitsplatzstandort künftig in Terlan haben würden, hätten sie nach 5 Jahren Anrecht auf geförderten Wohnbau. Damit würde unser Dorf, welches sich jetzt schon an der Spitze des Zuzuges befindet, extrem wachsen. Auch wären Terlans soziale Strukturen zu klein und müssten nochmals mit öffentlichen finanziellen Mitteln vergrößert werden. Durch die Nähe der Hauptstadt Bozen droht uns eine überproportional beschleunigte Verstädterung.
Zudem stellt sich die Frage, ob Südtirol genügend Mitarbeiter für das stark wachsende Unternehmen hat, da in allen Wirtschaftsbereichen Mitarbeiter gesucht werden. Wahrscheinlich werden diese in Amerika angeworben, da man dort mit offenen Händen empfangen wird.
Das Verkehrsaufkommen auf der Landesstraße von der MeBo Ausfahrt Terlan Richtung Bozen würde sich ebenfalls noch mehr verschlimmern. Momentan fahren laut Erhebung bereits ca. 8.000 Fahrzeuge am Tag auf dieser Strecke.
Senoners Aussage, dass sein Unternehmen schon mehrmals die geplante Frist für eine Ansiedlung verschoben hat, darf nicht die nachhaltige Entwicklung Terlans, dessen Mitbürger und die zukünftigen Generationen aufs Spiel setzen.
 
 
Dabei ist nicht nur der versiegelte Boden zu nennen, sondern auch das Trinkwasser. Der Trinkwasserbrunnen der Gemeinde Terlan (Vilpian – Terlan – Siebeneich) befindet sich im Trinkwasserschutzgebiet und ist mit 50 m Entfernung sehr nahe der Ansiedlungsfläche.
Die ‚konkreten Maßnahmen für den Bodenschutz‘, welche vom Landeshauptmann gefordert werden, sollten nicht nur ein Wahlversprechen sein, sondern auch umgesetzt werden.
Es ist traurig, dass man sich mit Händen und Füßen wehren muss, um unwiederbringliche Fehlentscheidungen gegen die Bevölkerung aufzuhalten. Unser Ansinnen geht nicht gegen das Unternehmen Alpitronic, aber gegen die Ansiedlung einer Industriezone in unserer Gemeinde. Zudem ist unsere Provinz Mitglied des Europäischen Bodenbündnisses und möchte den Flächenverbrauch drastisch einschränken. Ist in diesem Sinne Herr Senoners “Wunschkonzert” einen speziellen Standort zu bestimmen überhaupt tragbar? Wen dem so ist, könnte er auch das Grödnertal mit seinem Firmensitz und den Arbeitsplätzen beglücken.
Wir appellieren an die Landesregierung unsere Anliegen ernst zu nehmen und sich der Verantwortung bewusst zu sein. Der Schutz unseres Landes darf nicht eine leere Worthülse sein, sondern es müssen nachhaltige und demokratische Entscheidungen getroffen werden zum Wohle der Mitbürger! Die Landesregierung muss vor den Wahlen Farbe bekennen, falls sie nicht das Gesicht verlieren will.“
 
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Laurin Kofler Thu, 05/04/2023 - 16:40

Meiner Ansicht nach könnte der Betriebsstandort im Militärgelände in Meran gebaut werden. Erstens würde es da nicht irgendeinen "ländlichen Charakter" stören. Zweitens, ein Teil des Militärareals würde nun sinnvoll genutzt und drittens hätte Meran eine zukunftsorientierte Firma, welche auch gut gebildete und verdienende Mitarbeiter nach Meran lotst.
Ich frage mich, ob die Gemeinde Meran diese Chance nicht sieht bzw. verschlafen hat, oder was wohl gegen diesen Standort spräche.

Thu, 05/04/2023 - 16:40 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Thu, 05/04/2023 - 20:25

Wünsche den Terlanern viel Glück beim Kampf gegen die Urbanisierung. An diesem Standort fehlt eine geeignete Anbindung zur MeBo. Ich frage mich auch, wieso Herr Enzenberg diese schönen biologisch-dynamischen Wiesen verkaufen will.

Thu, 05/04/2023 - 20:25 Permalink