Politics | SEL Skandal

Gefährliche Steuervermeidung

Die Finanzwache und die Staatsanwaltschaft werfen der SEL AG vor, beim ENEL-Deal Steuern im Ausmaß von über 250 Millionen Euro hinterzogen zu haben.

Die Ermittlungen laufen seit 2011 und sie sind - nach Informationen von salto.bz - bereits in der Endphase. Die Finanzwache hat in den letzten Wochen mehrere Mitglieder des ehemaligen SEL-Verwaltungs- und Aufsichtsrates zum Sachverhalt angehört. Offizielle Informationen aus dem Gerichtspalast gibt es keine. "Ich kann dazu nichts sagen", meint Oberstaatsanwaltschaft Guido Rispoli auf Nachfrage und verweist auf das Ermittlungsgeheimnis.
Stimmt aber das, was aus den Ermittlerkreisen durchgesickert ist, dann kommt auf die Landesenergiegesellschaft ein harter Brocken zu. Ein Brocken bei dem es am Ende um über 250 Millionen Euro geht.

Der Deal

Konkret geht es um den Stromdeal zwischen der SEL und der ENEL. 2009 einigten sich die beiden Energiebetriebe, eine gemeinsame Gesellschaft, die "SE Hydropower" zu gründen, in die letztlich elf Großkraftwerke einfließen werden.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Konzessionen zwar noch nicht vergeben, doch es zeichnete sich ab, dass die SEL die meisten Konzessionsverfahren gewinnen wird. Vereinfacht dargestellt war der Deal deshalb klar: Die ENEL bringt die Kraftwerksanlagen in die gemeinsame Gesellschaft ein, die SEL AG die Konzessionen. Am Ende bewertete man die Anlagen mit 340 Millionen Euro und die Konzessionen mit 510 Millionen Euro. So kam das heute noch aktuelle Beteiligungsverhältnis in der "SE Hydropower" heraus. ENEL 40 Prozent, SEL 60 Prozent.

Die Konstruktion

Der Grüne Landtagsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba mutmaßte in einer Landtagsanfrage aber schon im Herbst 2011, dass die Art und Weise wie man den Deal letztlich durchgeführt hat, steuerrechtlich nicht ganz koscher sei.
Genau dieser Punkt ist jetzt auch der Kern der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Denn man hat den Deal über einen Umweg durchgeführt, mit dem man ganz bewusst Steuern vermeiden wollte. 
Im Oktober 2009 brachte die SEL AG alle Ansuchen für diese ENEL-Großkraftwerke in eine eigene Gesellschaft ein. Die "SELpower AG". Als die SEL dann die Konzessionen vom Land zugesprochen bekam, brachte die Landesenergiegesellschaft im Frühjahr 2010 diese "SELpower" in die neugegründete "SE Hydropower" ein. Man machte das über die Abspaltung eines Betriebszweiges.
Für diese Einbringung hat man (fast) keine Steuern gezahlt.

Steuerbetrug?

Die Bewertung dieser Operation aber ist der springende Punkt. Für die Finanzwache und auch für die Agentur der Einnahmen ist klar, dass damit Vermögenswerte in die neue Gesellschaft transferiert wurden, diese Übertragung aber nicht angemessen versteuert wurde.
Durch die SEL-ENEL-Verträge ist der Vermögenswert auch genau spezifiziert: 510 Millionen Euro. 
Die Finanzwache wirft der SEL vor, das man ganz bewusst das Geschäft so eingefädelt hatte, um keine Steuern zu zahlen. Die Ermittler sprechen von einem Geschäft "di natura elusiva". Eine Geschäft zur Steuervermeidungen.
Bei den Ermittlungen zum SEL-Skandal hat man auch entsprechende interne Promemoria sichergestellt, in denen die Art und Weise, wie der Deal abgewickelt wurde, ganz klar mit der Steuervermeidung begründet wird.

Die Millionenrechnung

Laut den Rechnungen der Ermittler muss die "SE Hydropower" im Geschäftsjahr 2010 deshalb über 154 Millionen Euro an Körperschaftssteuer IRES und über 98 Millionen Euro an Mehrwertsteuer nachzahlen. Macht insgesamt über 250 Millionen Euro.
Formal ermittelt wird gegen den gesamten damaligen SEL-Verwaltungsrat, den Aufsichtsrat, SEL-Direktor Maximilian Rainer und der Berater Paul Schweitzer.
"Diese Vorhaltungen werden sich in Luft auflösen", ist sich ein ehemaliger SEL-Verwaltungsrat sicher, "denn wir haben streng nach den Bestimmungen gehandelt". Die Ermittler sehen das grundlegend anders.
Schon jetzt ist eines aber klar: Es geht um eine technisch äußerst komplizierte Interpretation der Steuergesetzgebung. Und sollte es zum Prozess kommen, wird das ganze ein Kampf der Steuerexperten, der am Ende vor dem Kassationsgericht entschieden wird.
So wie im Fall "Dolce & Gabbana".

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Willy Pöder Tue, 06/10/2014 - 15:17

Falls es stimmt, Eigentümerin der Sel sei das Land, falls es weiters richtig ist, vom Steueraufkommen entfielen Neunzehntel auf den provinziellen Steuersäckl und nur ein Zehntel davon flössen in die Staatskasse, dann hätte sich das Land selbst nach Strich und Faden beschissen. Oder inszenierte man den ganzen Deal allein deswegen, um Rom sein Zehntel abzuluchsen? Wäre dem so, dann dürfte es dem ff-Chef, Kurt W. Zimmermann, nicht erspart bleiben, sein Plädoyer zu Gunsten höchster Gehälter für hohe Politiker gründlich zu überdenken. Ich meinerseits bin da schon eher beim Leserbriefschreiber, der meinte, Spitzengehälter garantierten für sich alleine noch lange keine Spitzenleistungen. Außerdem mache Geld allein aus Mittelmaß noch keine Spitzenleute - so gleichsam im Handumdrehen. Das sei ein Prozess, der seine Zeit erfordere, insofern die Voraussetzungen hierfür überhaupt vorhanden seien.
Im alltäglichen Leben ist es in der Tat so. In der Politik nicht unbedingt. Da wird man irgendwie gewählt, stellt den Schusterstuhl daraufhin prompt in die Ecke, knüpft sich eine Krawatte um und streicht monatlich gleich das Zehnfache ein, obschon man von der neuen Arbeit zumindest in der Anlaufphase wenig am Hut hat.
So läuft es im Privatbereich nicht. Krapf, ein echter Spitzenmann, buk seine energiereichen Krapfen so jedenfalls nicht. Er füllte sie zwar mit wertvoller Preiselbeermarmelade, doch erst nachdem seine Spitzenleute die Teigmasse flaumig gerührt und gut durchgeknetet herbeigeschafft hatten. "Ohne Hülle keine gute Fülle", sagte der Krapf zu Zeiten, als er noch ein großer Förderer des Naturbahnrodelns war und auf Pustertals Rodelbahnen ein gern gesehener Gast war.
Vielleicht sollte man auch in der Politik eine Art Probezeit bei Mindestgehalt mit - je nach Leistung - schrittweiser Aufbesserung einführen. Warum - so oder ähnlich - denn eigentlich nicht?

Tue, 06/10/2014 - 15:17 Permalink