Economy | Verkehr

„Eine Idiotie hoch drei“

Wir brauchen jetzt Lösungen, so die Forderung der Wipptaler Autobahn-Anrainer. Regelmäßig steht an starken Reisetagen das gesamte Straßennetz vor dem totalen Kollaps.
Mautstelle Sterzing.png
Foto: Google Street View

Bei der Präsentation des ÖPP-Projekts der A22 gab es für die Autobahnbetreiber und verantwortlichen Politiker nicht nur Lob. Im Anschluss an die Vorstellung äußerten die politischen Vertreter der Gemeinden, die entlang der Brennerautobahn liegen, offen ihren Unmut über die nicht mehr zu ertragende Verkehrslawine.

 

 

„Rund 9.000 Autos wurden auf der Brennerstaatsstraße, die bei Sterzing die Ampel von Norden nach Süden passiert haben, registriert“, schildert Peter Volgger, Bürgermeister von Sterzing, die Situation an Christi Himmelfahrt (Donnerstag, den 2. Juni). Aufgrund des Feiertags und des Ferienbeginns in einigen deutschen Bundesländern und in Österreich hat innerhalb weniger Stunden eine Blechlawine das Land überrollt. Am Sonntag bei der Rückreise – von Süd nach Nord – waren es 11.000 Autos, welche durch die Fuggerstadt fuhren. 37.000 Fahrzeuge wurden zudem auf der Autobahn gezählt. Dazu kam noch der Verkehr über das Penserjoch und den Jaufenpass. Dieses massive Verkehrsaufkommen führte dazu, dass alles stillstand.

 

Am Sonntag war das Wipptal zeitweise vollkommen lahmgelegt.

„Am Sonntag war das Wipptal zeitweise vollkommen lahmgelegt“, so Volgger, der betont, dass solche Situationen auch unmittelbare Auswirkungen auf die Sicherheit für die Bevölkerung haben. Bei einem etwaigen Unfall wären die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr nicht einmal mehr in der Lage gewesen, die Feuerwehrhalle und die Einsatzfahrzeuge in der Jaufenstraße, eine der zentralen Verkehrsadern in Sterzing, zu erreichen, berichtet Sterzings Bürgermeister. Zwar teile er die Meinung des technischen Direktors der Brennerautobahn AG, Carlo Costa, dass den Verkehrsteilnehmern eine gewisse Mitschuld zukommt, wenn sie sich alle zur selben Zeit auf den Weg machen, allerdings habe er seine Zweifel, ob die Autobahnbetreiber alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben bzw. alle 17 Schalter an der Mautstelle Sterzing geöffnet worden sind, um den Verkehr so schnell wie möglich Richtung Norden zu schleusen. „Wir als Gemeindeverwaltung haben recht wenig Möglichkeiten, uns gegen den Verkehrsansturm zu wehren“, betont Volgger und erklärt, dass man sich in die Rolle des Beobachters gedrängt sieht. Gibt es vor der Mautstelle Sterzing Stau, weichen die Autos auf die Staats- und Landstraßen aus und versuchen dort weiterzukommen. Das gleiche Problem gebe es mit den Lkw.

 

 

„Gut und schön, was die Brennerautobahn AG in den kommenden 50 Jahren alles an Investitionen umsetzen möchte, allerdings bringt mir das hier und heute nichts“, bringt Volgger das Problem auf den Punkt und kritisiert die Verkehrsregulierung der Autobahnbetreiber an der Mautstelle Sterzing Richtung Süden. Diese absichtliche Steuerung geschieht zum einen aus Gründen der Verkehrssicherheit: Mehr Autos bedeuten auch ein höheres Unfallrisiko. Allerdings wird dieses Problem dann auf die Staats- und Landesstraßen verlagert. Zum anderen will man offenbar vermeiden, dass Stausituationen Richtung Süden verlagert werden, vermutet Volgger. „Die Auswirkungen, welche diese Regulierungsstrategie auf die Verkehrssituation in und rund um Sterzing hat, gehen somit ausschließlich auf die Kappe der Autobahnbetreiber“, betont Sterzings Bürgermeister. Bei Stausituationen Richtung Norden habe man beobachten können, dass dies auch auf die automatisch betriebenen Mauthäuschen zurückzuführen sei, mit denen ausländische Urlauber ihre Schwierigkeiten haben und dementsprechend länger für die Abfertigung brauchen.

 

Sind die Automaten in Betrieb, gibt es bei uns Stau.

 

„Sind die Automaten in Betrieb, gibt es bei uns Stau. Dem aber nicht genug wird in den Verkehrsmeldungen den Autofahrern auch noch dazu geraten, von der Autobahn auszufahren. Das ist eine Idiotie hoch drei“, zeigt sich Volgger verärgert und berichtet, dass sogar Autos mit Wohnwagenanhänger auf unwegsamen Landstraßen unterwegs waren. Die einzige Handhabe, um einigermaßen einen flüßigen Verkehrsablauf zu gewährleisten, sei eine Regulierung mit dem Ampelsystem an der Brennerstaatsstraße: Die Durchfahrtszeit auf der Nord-Südachse wurde auf eineinhalb Minuten erhöht. Diese Maßnahme gewährleistet eine größere Durchzugskapazität, kann aber nicht zusätzlich erhöht werden, da ansonsten der Rückstau auch das Ampelsystem blockieren würde. „Wir haben nur eine bestimmte Kapazität und dann ist Schluss“, so Volgger.

Christi Himmelfahrt und Pfingsten sind überstanden, mit dem Feiertag an Fronleichnam am 16. Juni droht den Eisacktalern und Wipptalern aber bereits das nächste Feiertags-Verkehrs-Chaos. Bleibt zu hoffen, dass es zu keinen gröberen Zwischenfällen und Unfällen kommt.