Politics | Klimaschutzabkommen Paris

Die Reichen der reichen Länder zur Kasse

In wenigen Tagen geht die Pariser Klimakonferenz zu Ende, ein globales Klimaschutzabkommen ist in greifbarer Nähe, das die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzen soll.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Auf dem Weg zum großen Ziel der „Dekarbonisierung“ der Weltwirtschaft stellen sich nicht nur einige Ölstaaten quer, sondern auch einige Industrie- und Schwellenländer, die für verbindliche Klimaziele nicht zu haben sind wie etwa die USA. Umstritten zudem die Beteiligung der Industrieländer an klimabedingten Schäden sowie an der Finanzierung der Klimaschutzmaßnahmen in den Entwicklungsländern.

Dass das 2-Grad-Ziel eingehalten wird, ist somit mehr als fraglich. Beim heutigen Trend werden es eher 3° mit unschätzbaren Schäden. Doch produziert auch die inzwischen mit Sicherheit eintretende 2°-Erwärmung in vielen Ländern unabsehbare Schäden. 150 Mrd. $ jährlich werden als Minimum veranschlagt, um die allernötigste Anpassung an den Klimawandel zu finanzieren. Bisher sind allerdings erst 10 Mrd. $ zugesagt worden.

Wenn die reichen Länder diesen Beitrag nicht aufbringen, schrieb Thomas Piketty unlängst in Le Monde, ist es illusorisch, die Schwellenländer und armen Länder für einschneidende Klimaschutzziele zu gewinnen. Indien stellt z.B. 17% der Weltbevölkerung, verursacht aber nur 6% der weltweiten CO2-Emissionen. Größter absoluter CO2-Emittent ist dagegen China, doch pro Kopf liegt auch China mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern noch weit hinter dem Niveau Nordamerikas und Europas. Der etwas geringere Ausstoß von Treibhausgas in Europa erklärt sich daraus, dass wir Europäer massiv aus Schwellenländern importieren und damit Energieverbrauch und CO2-Emissionen einfach auslagern.

Nun ist es zwar legitim zu fordern, dass alle Länder ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten sollen. Doch sind immer noch die reichen Industrieländer die großen Verschmutzer, die nicht von China und den anderen Schwellenländern verlangen können, mehr als jenen Beitrag zu leisten, der ihrem Emissionsanteil entspricht. Man muss also die CO2-Emissionen den Verbraucherländer zurechnen und nicht den Produktionsstandorten. Berücksichtigt man nämlich den Import Europas, der gewaltige CO2-Mengen verursacht, steigt die gesamte von uns Europäern verursachte CO2-Menge um 40%, während jene Chinas um 25% sinkt. Auch die Durchschnittsemissionen einer Tourismus- und Importregion wie Südtirol lägen bei einer solchen Berechnung höher als die aktuell gemessenen 6 Tonnen pro Kopf im Jahr.

In einer aufwändigen Berechnung haben Thomas Piketty und Lucas Chancel die direkten und indirekten Emissionen der letzten 15 Jahre nach Verbrauch und Einkommen aller Länder verursachergerecht zugerechnet und sind zu klaren Schlussfolgerungen gekommen. Die rund 7 Milliarden Menschen emittieren derzeit rund 6 Tonnen Kohlendioxid pro Kopf im Jahr. Die 3,5 Milliarden Menschen, die weniger energieintensiv leben – also vor allem in Afrika, Südasien und Südostasien – haben einen CO2-Ausstoß von durchschnittlich 2 Tonnen pro Kopf im Jahr. Das summiert sich auf 15% der Gesamtemissionen. Das entgegengesetzte Extrem bilden 70 Millionen Menschen mit dem maximalen Energieverbrauch. Dieses 1% der Erdbevölkerung emittiert 100 Tonnen CO2 pro Kopf im Jahr. Allein diese 70 Millionen sind für 15% der Kohlendioxidemission verantwortlich, also für gleich viel wie die ganze untere Hälfte der Erdbevölkerung.

Wo leben diese Großverschmutzer? 57% in Nordamerika, 16% in Europa, 5% in China, 6% in Russland und Nahost. Diese Daten könnten den Schlüssel für die Verteilung der Finanzlast für den Weltfonds für die Anpassung an den Klimawandel sein (150 Mrd. $ Mindestdotierung). Nordamerika müsste demnach 85 Mrd. $ beisteuern, was immer erst 0,5% seines BIP ausmachte, und Europa 24 Mrd. $ (0,2% seines BIP). Thomas Piketty schlägt konsequenterweise eine Art progressive CO2-Emissionssteuer vor. Man kann nicht von jenen denselben Beitrag zum Klimaschutz verlangen, die zwei Tonnen CO2 ausstoßen wie von jenen, die 100 Tonnen CO2 produzieren. Eine progressive EU-weite Vermögenssteuer (Klimaschutzabgabe) wäre ein Schritt in diese Richtung.