Economy | Tourismus

„HGV müsste größeres Gewicht haben“

Für die einen ist er Vorzeige-Hotelier, für die anderen ein Beispiel von Größenwahn: Heini Dorfer vom Quellenhof im Passeier äußert sich zum Südtiroler Tourismus.
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Foto: Salto.bz
Heini Dorfer ist in Südtirol und längst auch darüber hinaus kein unbekannter Mann. Der Hotelier aus dem Passeier entwickelte seinen Familienbetrieb mit unternehmerischem Geschick zu einem der rentabelsten Fünf-Sterne-Hotels Italiens. Das Passeirer Quellenhof-Resort reiht sich laut einer Datenbank von Thrends im Jahr 2021 mit 31,8 Millionen Euro an dritter Stelle der italienischen Luxushotels mit dem größten Umsatz ein. Auch das zweite Quellenhof-Resort der Familie Dorfer in Lazise am Gardasee kam 2021 auf einen stattlichen Umsatz von 15,6 Millionen Euro. Insgesamt umfasst die Anlage der Familie Dorfer im Passeier rund 500 Betten.
Die Ansprüche der Menschheit sind gewachsen, auch in der Hotellerie.
Angesichts dieser Erfolge verwundert es nicht, dass Journalist und Schriftsteller Eberhard Daum Heini Dorfer beim Dialog der Akademie Meran mit dem Titel „Gästebetten und kein Ende?“ gestern Abend, am 10. Februar, zuerst einmal fragt, wie er das geschafft hat. Auch wenn Dorfer sein Erfolgsgeheimnis am Podium des gut gefüllten Saales nicht preisgibt, so macht er den wirtschaftlichen Erfolg eines Gastbetriebes in Südtirol an drei Punkten fest: Größe, Auslastung und Preis;
 
 
Es brauche heute also einen Betrieb einer gewissen Größe, der bestmöglich über elf Monate des Jahres ausgelastet ist. Die Gäste kommen allerdings nur über das ganze Jahr, wenn das Haus verschiedenste Angebote wie Sportanlagen und Wellnessbereich hat – dafür könnten dann auch satte Preise verlangt werden. „Der Trend geht zum höheren Preissegment. Die Ansprüche der Menschheit sind gewachsen, auch in der Hotellerie“, sagt Dorfer im Gespräch mit Daum. „Ein Betrieb mit 20, 30 Betten kann es sich aber nicht leisten, einen Wellnessbereich zu bauen. Deshalb müssen sich Kleinbetriebe entwickeln können“, betont der Hotelier mit Blick auf die letztes Jahr beschlossene Bettenobergrenze in Südtirol.
 

Bettenstopp

 
Dorfer erwartet in den nächsten Jahren, dass nicht alle Kleinbetriebe weitermachen können und wollen. Die aufgelassenen Betten könnten dann über die Bettenbörse neu verteilt werden, auch wenn die Handhabe der Bettenzuteilung für ihn noch fraglich ist: „Diese ganze Zuteilung von Betten ist eine Farce. Ich habe keine Ahnung, wie das funktionieren soll. Nach welchen Kriterien sollen Gemeinden einem Betrieb weitere Betten erlauben?“
Daum kann ihm das auch nicht beantworten, führt aber aus, dass die Bettenobergrenze unter anderem deshalb eingeführt wurde, um den Rückhalt der Bevölkerung für den Tourismus nicht zu verlieren. „Ich denke, dass der Tourismus in der Südtiroler Bevölkerung noch einen hohen Zuspruch erfährt, das trifft weniger auf die Medien zu“, sagt Dorfer.
Insgesamt betrachtet gebe es weiterhin strukturschwache Gebiete und von „Overtourism“ könne, wenn dann nur in einigen Hotspots wie dem Pragser Wildsee oder den Drei Zinnen die Rede sein. Einige ausgewiesene Tourismuszonen, wo noch nicht gebaut wurde, seien schlichtweg in einer schlechten Lage.
 
 

Verkehr

 
Der Hotelier verteidigt seine Branche und betont, dass viele Hüttenbetriebe, aber auch Skigebiete oder Hallenbäder wirtschaftlich nur durch den Tourismus überleben, da die Bevölkerung diese Strukturen meist nur an den Wochenenden nutzt. Ein großes Problem für die Bevölkerung sei allerdings das hohe Verkehrsaufkommen hierzulande, das auch durch den Tourismus verursacht werde, aber nicht nur.
„Auf den Autobahnen in Südtirol ist nur auf einer Spur Normalverkehr, die zweite Spur ist von Lkws besetzt“, so Dorfer. Hier habe die Politik versagt, die Schiene weiter auszubauen: „Vor 30 Jahren gab es noch einen Direktzug von Meran nach Berlin. Da hat sich in den letzten Jahren nichts getan. Würde der öffentliche Verkehr besser funktionieren, würden ihn die Menschen auch mehr nutzen. Davon bin ich überzeugt.“
Der Bauernbund hat ein übermäßiges Gewicht, das muss ich ganz offen sagen.
Nicht nur der öffentliche Verkehr sorgt in Südtirol für Debatten, sondern auch die oft geforderte und von der Politik wiederholt angekündigte Entwicklung in eine nachhaltige Richtung – Stichwort Olympia 2026 oder eben auch die im April 2022 neu eröffnete See Lodge des Quellenhof-Resorts im Passeier. Während die neuen Suiten umgeben von Wasser für positive, internationale Schlagzeilen sorgten, erntete Dorfer hierzulande gemischte Rückmeldungen.
Viele fragten sich, braucht es die See Lodge wirklich im Passeiertal? Selbst die Bürgermeisterin von St. Martin, Rosmarie Pamer, sprach von einem „Pseudo-Malediven-Flair“, auf den verzichtet werden könne. Die Buchungslage der Quellenhof See Lodge ist laut Heini Dorfer allerdings sehr gut, die Gäste im Luxusbereich wissen das Angebot also zu schätzen. Dabei ist dem Hotelier auch wichtig zu betonen, dass das Wasser der See Lodge in einem geschlossenen Kreislauf wiedergenutzt wird und nicht Grund dafür war, dass die Kläranlage von St. Martin vergrößert werden muss. „Unser Abwasser wird von der Kläranlage Merans aufbereitet.“ Er gesteht aber ein, dass Südtirol Anlagen wie die See Lodge nicht mehrmals braucht.
 

Ausblick

 
Was den erfolgreichen Hotelier besorgt, ist die in Europa größer werdende Schere zwischen Arm und Reich. „Es gibt Leute, die im Geld schwimmen, und immer mehr Leute, die kaum über die Runden kommen. Wenn heute jemand im Mittelstand 50.000 Euro im Jahr verdient, dann ist das eher im unteren Lohnbereich. Das ist nicht gut, aber ich kann es auch nicht beeinflussen“, sagt Dorfer am Podium der Akademie Meran.
Während die Verdienstmöglichkeiten im Gastgewerbe gut seien und letztes Jahr in dieser Branche viele Menschen neu angestellt wurden, seien die Löhne in anderen Bereichen nicht gestiegen. „Es passt nicht mehr zusammen“, konstatiert Dorfer. Dass gesellschaftliche Probleme hierzulande mit dem Lobbyismus bestimmter Interessensverbände zusammenhängen könnten, will er nicht bestätigen, auch wenn er manches kritisch sieht: „Der Bauernbund hat ein übermäßiges Gewicht, das muss ich ganz offen sagen. Wenn man sich die Menge der landwirtschaftlichen Betriebe und deren Vertretung im Landtag ansieht, dann geht ohne den Bauernbund nichts. Der HGV müsste ein viel größeres Gewicht haben.“
Beispielhaft sei dafür etwa die Einführung der Kennzeichnungspflicht von Fleisch, Milch und Eier: „Wir wurden vor dem Beschluss zur Lebensmittelkennzeichnung nicht miteinbezogen“, sagt Dorfer. Da die Herkunft der gelieferten Lebensmittel von Tag zu Tag wechsle, sei eine Umsetzung schwierig. Er plädiert deshalb für Freiwilligkeit.