Society | 

Warum Bitcoin den Goldstandard emuliert und sich dabei gerade radikal verändert

Bitcoins, eine seltsame Währung mit seltsamer Geschichte. Ein Unbekannter veröffentlicht 2008 eine Open Source Software die digitales Bargeld schafft. Und dabei keine Zentralbank braucht. Wie kann das gehen?

(Diesen Artikel habe ich fuer Dr. Chilly Donninger's "Gold Report" geschrieben und wird hier nochmal veroeffentlicht, mehr Informationen auf http://www.godotfinance.com/chrilly.xhtml)

Als das Pseudonym “Satoshi Nakamoto” Bitcoin schuf[1], hatte er ein ideologisches Ziel: (1) die Zentralbanken zu entmachten und (2) eine Währung nach dem Goldstandard einzuführen. Dafür hatte er alle Zutaten im Köcher, denn in den Jahrzehnten davor wurden alles erfunden und erprobt was für das dezentrale Geld nötig ist [2].

Bitcoin ist ein Buchgeld das einfach alle Transaktionen in einem grossen Haushaltsbuch erfasst. “Alice hat Bob zehn Bitcoins geschickt”. Dieses Transaktionsbuch wird auf alle Computer verteilt die Bitcoin betreiben. Jeder kann mitmachen, Peer-to-Peer wie bei Bittorrent. Das Grundproblem eines solchen Systems ist es, dass es leicht ist eine Transaktion zu fälschen und den anderen Peers unterzujubeln. Bitcoin löst dies durch einen verteilten Zufallsgenerator namens Proof of Work. Beim Proof of Work werden die Transaktionen der letzten zehn Minuten zu einem Block zusammengefasst und gehasht. Hashing ist eine unumkehrbare Mathematische Funktion die einem Datensatz einen eindeutigen Fingerabdruck abringt. Bei Proof of Work müssen alle Computer versuchen für den letzten Block einen Hash zu erzeugen der eine bestimmte Anzahl von Nullen vor sich herträgt.

 

0000000000000000234905c0c455dcfd2d4cb4307bf8818dfed1baf7db57a3af

 

Das kann man machen in dem man den Datensatz ein klein wenig veraendert und probiert. Es gibt keinen eleganten Weg zu 20 Nullen, man muss probieren. Das ist “Work”. Der erste der es geschaft hat, darf den Block an die lange Kette aller Transaktionsblöcke haengen.

Das ist der Zufallsgenerator. Die Transaktionen werden so immer wieder von zufälligen Computern als einzigartig bestätigt und es gibt kein Double Spending.

Der Gewinner darf als Belohnung außerdem 25 Bitcoin aus der Luft erzeugen. Die andren Teilnehmer sind damit einverstanden und nennen das “mining bitcoins”. Der digitale Goldgräber sichert also das System durch Proof of Work und wird manchmal dafür belohnt. Da endet die Analogie zum Gold noch nicht. Bitcoin ist einer endlichen Ressource nachempfunden, es wird insgesamt nur 21 Millionen geben. Selbst der Miningertrag nimmt asymptotisch ab. Man kann also von einer digitalen Edelmetalwährung sprechen.

Im letzten Goldreport haben wir gelesen dass nicht mal die FPOE eine Goldbindung für sinnvoll haltet. Wer sind also die die das wollen? Es sind amerikanische Neoliberale, Libertarians, Anarchokapitalisten und Voluntaristen.

Für diese ist der Staat unakzeptierbares Machtmonopol einer Herrscherklasse der zurück gedrängt werden muss. Die Zentralbank ist ein Machtinstrument das durch Geldpolitik Enteignung betreibt. Diese Libertarians halten den Goldstandard für das Mittel um Geldpolitik zu unterbinden[3] Dieser Marktfundamentalismus geht so weit, dass ein gewisser “Dread Pirate Roberts” mit Silk Road einen anonymen Marktplatz schuf, wo man gegen Bitcoins alles mögliche, aber vor allem Drogen und Waffen handelte. Das Motiv für dieses Unterfangen ist in einer Voluntarismus Ideologie des Gründers zu finden, der Staat haben einen nicht seinen Willen aufzuzwingen [4]. Ron Paul ist die sympatischere Variante dieser Ideologie und nicht zufällig Bitcoin Anhänger.

Basierend auf Bitcoin könnte man eine Reihe von Innovationen gründen die staatliche Aufgaben übernehmen. Dezentrale Organisationen liesen sich schaffen, deren Regeln in Transaktionsskripten festgelegt werden und unwiderruflich im Bitcoinsystem eingeschrieben sind[5]. Versicherungen die automatisch einen Betrag ausschütten wenn der Bauer in Iowa eine Trockenperiode erlebt hat.[6] Es liesen sich Münzen prägen deren Besitz am Handy automatisch die Türe eines Autos öffnet, sogenannte Smart Property [7].Um diese Utopien schneller umzusetzen wird gerade an einem verbesserten Bitcoinsystem gearbeitet: Ethereum [8]. Dieses ermöglicht Turing-komplette Transaktionen die wie am Spielautomaten mit der neuen Währung Ether gefüttert werden müssen damit sie ihr Programm abspulen. Ethereum verspricht eine verteilte Plattform für diese Contracts zu werden, wenn das Experiment gelingt, könnte das wirklich eine neue Art von Finanzsystem werden.

 

[1] Satoshi Nakamoto, Bitcoin white paper     bitcoin.org/bitcoin.pdf‎

[2] Gwern Branwen, Bitcoin is worse is better    http://www.gwern.net/Bitcoin%20is%20Worse%20is%20Better

[3] Alan Greenspan 1966 "Deficit spending is simply a scheme for the confiscation of wealth. Gold stands in the way of this insidious process."

http://www.constitution.org/mon/greenspan_gold.htm

[4] http://www.forbes.com/sites/andygreenberg/2013/04/29/collected-quotations-of-the-dread-pirate-roberts-founder-of-the-drug-site-silk-road-and-radical-libertarian/

[5] http://bitcoinmagazine.com/7050/bootstrapping-a-decentralized-autonomous-corporation-part-i/

[6] “Crop insurance. One can easily make a financial derivatives contract but using a data feed of the weather instead of any price index. If a farmer in Iowa purchases a derivative that pays out inversely based on the precipitation in Iowa, then if there is a drought, the farmer will automatically receive money and if there is enough rain the farmer will be happy because their crops would do well.” http://ethereum.org/ethereum.html

[7] https://en.bitcoin.it/wiki/Smart_Property

[8] http://ethereum.org/

Bild
Profile picture for user Thomas Leoni
Thomas Leoni Wed, 02/12/2014 - 20:50

Jetzt hatte ich durch diese erhellende Zusammenfassung endlich etwas mehr vom bitcoin Konzept verstanden... Da erwähnst du im letzten Absatz Ethereum und sprichst von Finanzutopien, die wieder mein Vorstellungsvermögen übersteigen ;-)

Wed, 02/12/2014 - 20:50 Permalink
Bild
Profile picture for user Frank Blumtritt
Frank Blumtritt Wed, 02/19/2014 - 22:31

ich empfehle zu diesem Thema die letzte Nummer (14/20. Februar) der auch sonst überaus empfehlenswerten Zeitschrift "Internazionale"...

Wed, 02/19/2014 - 22:31 Permalink