Society | Gastbeitrag

Sie zerstören die Künstler

Ein geplatztes Auto-Konzert, der Boykott durch große Medien und warum ich nicht mehr schweigen will.
Gitarrenstecker
Foto: Juan Di Nella on Unsplash

Die Beziehung mit dem Radiosender Südtirol1 war für uns – die Band Mainfelt – schon von Beginn an kompliziert. Ich erinnere mich noch daran, als wir die erste CD in Eigenregie aufgenommen haben und im Funkhaus mit diversen Songs vorstellig wurden. Man hat uns mit der Begründung abgelehnt, dass die Songs zu countrylastig seien und das Banjo als Musikinstrument nicht in deren Genre und Programm passt. Auch weitere Versuche unsere Musik dem Sender nahezubringen, blieben längere Zeit erfolglos. Nachdem wir uns im Verlauf mit unseren Liedern einen beachtlichen Namen „erspielt“ hatten, und schon bald über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurden, konnte uns der Radiosender nun nicht mehr ignorieren und nahm einige unserer Songs in die interne Rotation auf. Das hat uns natürlich riesig gefreut und sehr geehrt.

Im Frühjahr 2018 startete Radio ST1 ein Backstage Special – jenes Format, wo lokale MusikerInnen Medienpräsenz erhalten und im Radio vorgestellt werden. Dies ist grundsätzlich eine tolle Gelegenheit, den Bekanntheitsgrad zu erweitern und den treuen Fans näher zu sein, wäre die Realität doch eine andere. Mir fiel nämlich auf, dass trotz der erzielten und großen Erfolge unsere Band Mainfelt in keinster Weise erwähnt wurde. Mich hat dies sehr verwundert und auch enttäuscht. Zudem wurde mir von aufmerksamen Freunden mitgeteilt, dass Mainfelt nicht mehr im Programm von Südtirol1 vertreten sei. Aus diesem Grund unternahm ich den Versuch bei diversen MitarbeiterInnen des Radios nachzufragen, was der Grund für deren Entscheidung sei. Daraufhin wurde ein Gespräch mit dem Geschäftsführer Herrn Heiner Feuer und dem Redakteur Herrn Daniel Winkler vereinbart, die uns den Grund erklärten:

Wir hatten am Silvesterabend 2017 ein Galakonzert in Schlanders gespielt, wo wir uns im Vorfeld um eine Zusammenarbeit mit Radio ST1 bemüht hatten. Im Zuge dessen wurde uns eine Medienpartnerschaft angeboten, mit der wir Werbung für unser Konzert machen konnten. Diese Möglichkeit erschien uns wichtig, und wir nutzen daher die gegebene Chance, mit der Reichweite des Senders unser Konzert zu bewerben, obwohl aus monetärer Sicht das für eine Band eine beachtliche Belastung darstellt. Darüber hinaus unterbreitete uns Antenne Südtirol den Vorschlag, das Konzert live im Radio zu übertragen, was uns natürlich sehr zugesagt hat und wir sofort einverstanden waren. Diese Zusammenarbeit mit Antenne Südtirol war dem konkurrierenden Radio ST1 ein Dorn im Auge. Folglich wurden wir aus deren Programm eliminiert und auch nicht mehr erwähnt. Man legte uns nahe, sofern wir nochmal eine Zusammenarbeit mit ST1 haben wollten, das Zusammenarbeiten mit anderen Sendern in dieser Form zu unterlassen. Wir erfuhren aus anderer Quelle, dass deren Verhalten gegenüber anderer Firmen und Unternehmen ein scheinbar allgemein bekanntes Prozedere und Phänomen darstellt.

Um wieder in die Rotation von ST1 aufgenommen werden zu können, verpflichteten wir uns bei diesem Radiosender, ein Dachterrassenkonzert zu spielen – natürlich unentgeltlich, da der Geschäftsführer Herr Feuer die Meinung vertritt, dass ein solcher Auftritt ein Privileg darstellt und deshalb nicht vergütet werden muss. Dies wirkt auf mich sehr befremdlich und eigennützig, was mich sehr enttäuscht.

Man legte uns nahe, sofern wir nochmal eine Zusammenarbeit mit ST1 haben wollten, das Zusammenarbeiten mit anderen Sendern in dieser Form zu unterlassen

Im Mai 2020 wollte ich etwas gegen den kulturellen Stillstand, welcher uns durch Covid19 beschert wurde, unternehmen, um endlich wieder auf der Bühne stehen zu können, denn die Pandemie macht es uns freischaffenden Künstlern extrem schwer. In verschiedenen Ländern wurden bereits Autokonzerte und andere Alternativen veranstaltet, um die Kulturschaffenden in dieser prekären Situation zu unterstützen. Auch ich dachte mir, dass wir so etwas auf die Beine stellen könnten. Ich rief daher Herrn Heiner Feuer mit meiner Idee an, auf die er entgegnete, dass er gleichartige Ideen verfolgte. Wir verblieben dabei, dass wir uns zusätzliche Informationen beschaffen, um ein derartiges Projekt durchführen zu können und vereinbarten hierfür einen weiteren Telefontermin. Seitdem überschlugen sich die Ereignisse.

Bei einem zufälligem Treffen mit Landesrat Philipp Achammer am 10. Mai 2020 erzählte ich ihm von meinem Vorhaben und stieß auf reges Interesse. Er versicherte mir vollste Unterstützung. In der darauffolgenden Woche bekam ich einen Anruf, dass über das Amt für Kultur die größte mobile Bühne bei Redmoon angefragt wurde im Namen von Achammer der Vermerk gekennzeichnet war, dass Geld keine Rolle spiele. Mit großer Verwunderung habe ich mich sofort mit dem Landesrat in Verbindung gesetzt, um zu erfragen, was es mit diesem Vorhaben auf sich hat. Leider habe ich keine konkrete Antwort erhalten. Jedoch konnte ich unser ausgearbeitetes Konzept der Autokonzerte weiterleiten, welches meiner Meinung nach eine perfekte Lösung gewesen wäre, um viele Vereinen während der Pandemie zu unterstützen, der Veranstaltungsbranche einen wiederbelebenden Impuls zu verschaffen und vielen lokalen Bands und KünstlerInnen eine Möglichkeit gegeben hätte, ihren Beruf auszuüben, um den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Es wurde auch hier mir via Mail ein reges Interesse und Unterstützung zugesichert.
In der Zwischenzeit war auch Herr Heiner Feuer aktiv mit dem Vorhaben beschäftigt.

Aus sicherer Quelle musste ich leider erfahren, dass sich der ST1-Programmdirektor darüber informierte, wie er das Autokonzert-Projekt auch ohne mich organisieren könnte. Zudem wurde mir mitgeteilt, dass der Selbige abermals die Meinung des unentgeltlichen Auftritts der KünstlerInnen vertrat und dies durchsetzen wollte. Das ist für uns freischaffende KünstlerInnen und MusikerInnen keineswegs akzeptabel, denn die Musik und der daraus resultierende finanzielle Gewinn ist Basis des Lebensunterhaltes – vor allem in dieser schweren Zeit, wo die Kultur, die uns normalerweise „ernährt“, komplett weggebrochen ist! (Für wohltätige Zwecke und gemeinnützige Organisationen ist dies natürlich etwas anderes!) Natürlich hätte Radio ST1 tolle Werbeflächen verkaufen und auf dem Rücken der MusikerInnen sich bereichern und profilieren können – nur moralisch ist das mehr als verwerflich.

Nach diesem Telefonat wurde das erhoffte Projekt des Autokonzerts plötzlich stillgelegt, der Landesrat hat uns keine positive Rückmeldung mehr gegeben, die notwendige Genehmigung blieb aus

Ein Journalist des Tagblatts Dolomiten hatte ebenso von unserem Vorhaben der „Restart-Tour“ – so sollten die von uns gespielten Autokonzerte genannt werden – gehört und mich um ein Interview gebeten. Nach einem ausgiebigen Telefonat erzählte ich ihm von unserem Vorhaben und den dazugehörigen Ideen, wie ein solches Autokonzert geplant und umgesetzt werden kann. Dazu gehörte auch die Nutzung der Radiofrequenzen von ST1, die wir aufgrund der eingangs genannten Medienpartnerschaft zur Verfügung gestellt bekommen würden. Der Artikel erschien am 20 Mai 2020 und umfasste eine ganze Seite, wurde auf Stol groß gepostet und sogar auf Titelblatt gekennzeichnet. Im Artikel wurde jedoch nichts über ST1 und die vereinbarte Frequenznutzung erwähnt. Bedauerlicherweise war dies so nicht vorgesehen und nicht meinen Vorstellungen entsprechend.

Daraufhin erhielt ich eine unschöne Nachricht vom Herrn Feuer. In dieser wurde er persönlich, schrieb, dass ich ein „ganz toller“ sei, was mir einfallen würde so eigenmächtig zu handeln und ihn ohne sein Wissen zu übergehen. Er regte sich auf, da er geglaubt habe, dass das Projekt ein Gemeinsames sei und er sich so keine Zusammenarbeit vorstellen könne. Als ich versuchte, dieses Missverständnis zu schlichten, hatte der Programmdirektor Herr Feuer bereits unsere Band Mainfelt aus dem Programm gestrichen. Auch der Journalist, welcher den Artikel schrieb, wurde nach einem Anruf von Herrn Feuer zu Toni Ebner ins Büro zitiert und musste eine Standpauke über sich ergehen lassen. Es wurde ihm vorgeworfen, dass es untragbar sei, ohne Zustimmung des Programmdirektors einen solchen Artikel zu verfassen und zu publizieren. Des Weiteren wurde die Redaktion von Stol angerufen mit der Anweisung, nichts mehr über Mainfelt zu berichten. Während eines Telefonats hat mir Herr Feuer auch mitgeteilt, dass er mit dem Landesrat Herrn Achammer telefoniert hat. Was da besprochen wurde, kann ich nur mutmaßen. Fakt ist aber, dass nach diesem Telefonat plötzlich das erhoffte Projekt des Autokonzerts stillgelegt wurde. Der Landesrat hat uns bis zum Schluss keine positive Rückmeldung mehr gegeben, die notwendige Genehmigung für das Projekt blieb aus.

Dies verwundert umso mehr, da das Kronplatz Drive-In Openair stattfinden durfte. Warum wurde den Veranstaltern die Lizenz ausgestellt, mir aber verweigert? Laut Herrn Achammer sei dies angeblich ein „Missverständnis“. Bei mir erschleicht sich aber der Eindruck, dass hier voreingenommen und subjektiv gehandelt wurde. Es ist äußerst bedauernswert und traurig zugleich, da mein Vorhaben auf einer Initiative beruht, die der Musikbranche und freischaffenden KünstlerInnen  helfen, und gleichzeitig den Menschen in Zeiten von  Isolation und Kontaktbeschränkungen einen besonderen Abend bescheren soll.

Ich hege persönlich keinen Groll oder Hass gegen diese Mitmenschen, es ist mir aber ein Anliegen, solche Missstände im Sinne der Kulturschaffenden aufzuzeigen

Was mich persönlich am meisten verstört und verwundert, ist, dass sich solche Menschen wie Herr Feuer Kultur, Solidarität und Zusammenhalt im höchsten Maße zuschreiben, aber dann – besonders in dieser schweren Zeit – es scheinbar für nötig erachten, jemandem absichtlich zu schaden, der eigentlich etwas Gutes für die Gemeinschaft und den kulturliebenden Menschen tun wollte. Ob dies aus einem übertriebenen Ego oder aus reiner Boshaftigkeit geschehen ist, kann ich an dieser Stelle nicht sagen. Doch sollte man nicht annehmen können, dass ein Programmdirektor, der einen so großen Radiosender leitet, die Musik und die dazugehörigen KünstlerInnen liebt und die lokale Musikszene würdigt, unterstützt und vor allem wertschätzt, anstatt sich scheinbar an den MusikerInnen zu bereichern und zu profilieren? Wenn dies nicht der Fall sein sollte, so ist das ein Armutszeugnis sondergleichen.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass ich persönlich keinen Groll oder Hass gegen diese Mitmenschen hege, es mir aber ein Anliegen ist, solche Missstände im Sinne der Kulturschaffenden aufzuzeigen. Ich weiß durch viele befreundete MusikerInnen, dass diese leider ähnliche Erfahrungen machen mussten. Wissentlich, dass diese Offenheit Konsequenzen mit sich ziehen kann, ziehen es viele vor, Themen, welche das Medienhaus Athesia betreffen, in der Öffentlichkeit nicht zu erwähnen. Nur kann sich nichts zum Besseren wenden, wenn alle schweigen. Wo Unrecht geschieht, wird Widerstand zur Pflicht. Musik ist mein Leben und genau solche Personen, die ich in meinem Anliegen dargestellt habe, zerstören die Liebe zur Musik und die Künstler, die darin aufgehen und ihren Mitmenschen unvergessliche Momente schenken wollen.