Economy | Lebensmittel

Kein Logo mehr für den Speck

Für Südwind und die OEW ist die Vermarktung von Speck als Südtiroler Aushängeschild eine Farce. Sie zeige, wie ausbeuterisch das globale Ernährungssystem ist.
Speck
Foto: Othmar Seehauser
Die Zahl der Hungernden steigt. Laut der Welthungerhilfe haben im vergangenen Jahr 828 Millionen Menschen nicht genügend zu essen gehabt. „Eine toxische Mischung aus Kriegen und Krisen führt zur Katastrophe“ warnte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme, diese Woche bei der Vorstellung des Welthunger-Index in Berlin.
Als ersten Schritt schlägt Raich vor, die Bewerbung des „Südtiroler Speck g.g.A.“ unter dem bunten Logo der Dachmarke Südtirol zu stoppen.
Beim Hungerproblem spielt längst auch der Klimawandel eine Rolle, der wiederum durch unser Konsumverhalten beschleunigt wird. Ein gutes Beispiel dafür liefert hierzulande das Markenprodukt „Südtiroler Speck g.g.A.“. Für die Menschenrechtsorganisation Südwind, die Kampagne MahlZeit und die Organisation für Eine solidarische Welt OEW ist das symbolträchtige Produkt zum Synonym für ein globalisiertes, aus den Fugen geratenes Ernährungssystem geworden. Ihre öffentlichkeitswirksame Aktion lautet deshalb „Abspecken und umdenken!“.
 
 

Welternährungstag

 
Anlässlich des Welternährungstages, morgen am 16. Oktober, stellt sich für sie die Frage, wie wir ausreichend gutes Essen für alle Menschen bereitstellen können. „Hier ist es fundamental, eine Lebensmittelproduktion zu haben, die nicht auf Ausbeutung von Natur und Menschen beruht“, erklärt Joachim Raich von Südwind. „Wenn Südtirol die Ergebnisse der Sustainability Days ernst nimmt und wir die Klimaziele erreichen wollen, dann müssen wir unser gesamtes Ernährungssystem radikal überdenken und als logische Folge auch Teile der Südtiroler Lebensmittelproduktion“, sagt der Experte für Waldschutz. Als ersten Schritt schlägt Raich vor, die Bewerbung des „Südtiroler Speck g.g.A.“ unter dem bunten Logo der Dachmarke Südtirol zu stoppen.
Der Sojaanbau in Südamerika ist sehr zerstörerisch und hat bereits eine Größenordnung von 50 Millionen Hektar.
„Der Großteil der Treibhausgase, die durch die Lebensmittelproduktion entstehen, gehen auf die Fleischproduktion zurück. Wenn ich Treibhausgase produziere, trage ich dazu bei, dass es etwa aufgrund von Dürren und Überschwemmungen zu Nahrungsmittelunsicherheiten kommt“, erklärt Julia Stofner, verantwortlich für den Bereich „Bewusster Konsum“ bei der OEW. Ein weiterer wichtiger Punkt seien auch die großen Anbauflächen für Futtermittel: „Die Sojabohne wird in Südamerika angebaut und in den globalen Norden gebracht, dafür werden dort Menschen vertrieben und ihnen wird das Land geraubt“, so Stofner.
 
 

Beispiel Speck

 
Joachim Raich hat sich dieses System der Ausbeutung beim „Südtiroler Speck g.g.A.“ in seiner Masterarbeit genauer angesehen. Sein Fazit: Südamerikanische Sojafuttermittel zur Erzeugung von Südtiroler Speck treiben die Regenwaldzerstörung voran. Außerdem verschwindet mit dem Abbau des Regenwaldes auch die Lebensgrundlage für indigene Bevölkerungsgruppen und Kleinbäuer:innen. „Der Sojaanbau in Südamerika ist sehr zerstörerisch und hat bereits eine Größenordnung von 50 Millionen Hektar. Das ist größer als die gesamte Fläche Spaniens“, erklärt Raich. Etwa 60 Prozent der Sojafuttermittel für Südtiroler Speck stammen aus Südamerika.
 
 
Vor allem Brasilien, Paraguay und Argentinien bauen Soja an. Die Hülsenfrucht gelangt über europäische Häfen in die Mastbetriebe, die auch für Südtiroler Speck Fleisch erzeugen. „Würde man die ganzen Futtermittel in Südtirol selbst anbauen wollen, bräuchte es eine Fläche von mehr als 19.000 Hektar. Das ist circa so viel wie 25.000 Fußballfelder oder, anders gesagt, gleich groß wie die gesamten Apfelanbauflächen in Südtirol“, so der Humanökologe. Außerdem stammen mehr als 99 Prozent der „Südtiroler“ Speckhammen von Tieren, die weder in Südtirol geboren, noch hier gefüttert oder geschlachtet wurden. Das Schweinefleisch stammt hauptsächlich aus Deutschland, den Niederlanden und dem restlichen Italien.
„Wir wollen die ‚Kenntnisse darüber erhöhen‘, dass der ‚Südtiroler Speck g.g.A.‘ ein eklatantes Beispiel für Intransparenz und das Gegenteil von Nachhaltigkeit ist. Wir haben deshalb für unsere Aktion den Speck stellvertretend für eine notwendige Transformation im Ernährungssystem ausgewählt“ erklären Südwind, MahlZeit und die OEW.
 
 
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Stefan S Sat, 10/15/2022 - 11:15

Ich bekomme regelmäßig das große Ko.... wenn der sog. Südtiroler Speck mehrmals jährlich bei Aldi und Co in den Ramschboxen für unter 10 € das Kilo auftaucht. Meistens ist Moser und Recla als Hersteller im Kleinen aufgedruckt.

Sat, 10/15/2022 - 11:15 Permalink
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Thomas Wüst Sat, 10/15/2022 - 21:00

In reply to by Stefan S

Ich war vorhin in München beim Einkaufen, nicht beim Discounter, sondern in einem Supermarkt einer kleinen Kette, die als eher teuer gilt.
Südtiroler Äpfel waren wieder mal um 1 Euro billiger als deutsche Ware. 6 Äpfel aus Südtirol hätten 1,59 gekostet.
Speck 12 Euro das Kilo.
Mittlerweile sind Lebensmittel aus Südtirol leider oftmals ein Synonym für billigen Ramsch.
Steht irgendwo Südtirol drauf, weiß ich, dass das zumeist die billigsten Lebensmittel sind und billige Lebensmittel können nun mal nur industriell gefertigte, standardisierte Produkte sein.
Schade, früher galt die Herkunft aus Südtirol als Qualitätssiegel, mittlerweile ist es genau das Gegenteil.

Sat, 10/15/2022 - 21:00 Permalink
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Martin M. Lintner Sat, 10/15/2022 - 16:43

Vielen Dank an die Initiatoren, besonders an Joachim Raich, dass sie den Mut haben, dieses Thema aufzugreifen und auf die Umweltschädlichkeit der Fleischproduktion sowie auf ihre negativen Auwirkungen auf die Klimaerwärmung hinzuweisen. In Südtirol sind wir direkt involviert durch den Import, die Verarbeitung und den Konsum von Fleisch. Der (sogenannte) Südtirol Speck ist dafür ein sprechendes Negativbeispiel. Eine logische und notwendige Konsequenz aus den Nachhaltigkeitstagen und der Strategie der Landesregierung und des IDM, in Südtirol eine nachhaltige Entwicklung zu fördern, ist, sich sofort zu trennen von Marken und Produktionsformen, die nicht nachhaltig sind.
Am kommenden Mittwoch, 19.10., beginnt an der Uni Bozen passend zum Thema die Vorlesungsreihe zur Nachhaltigkeit! Herzliche Einladung! https://www.research-alliance-for-sustainability.it/teaching_de.html

Sat, 10/15/2022 - 16:43 Permalink
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So sehe ich das Sat, 10/15/2022 - 17:41

Ich habe vor ca. 16 Jahren in einem großem Lebensmittelbetrieb als Lagerleiter gearbeitet (Industriezone Bozen).
Die Tonnen vom Speck den wir verkauften wurden wohl in Südtirol geräuchert aber die Fleisch"brocken" wurden alle importiert.
Von "Südtirol" war da nichts dabei ausser viel Rauch.

Sat, 10/15/2022 - 17:41 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Sat, 10/15/2022 - 19:20

Es wird höchste Zeit, dass sich möglichst viele mit dem Thema Lebensmittel ernsthaft auseinandersetzen. Bei Lebensmitteln gilt: Alles was einen Wert hat, muss auch seinen Preis haben (ansonsten bin ich bei Ambros: Nit olles, wos an Wert hat, muaß a an Preis hobm).

Sat, 10/15/2022 - 19:20 Permalink
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m s Sat, 10/15/2022 - 21:35

Wir Südtiroler tragen auch viel zu Umweltzerstörung und Ausbeutung bei, es wäre höchste Zeit umzusteuern: beim Speck, beim Verkehr, bei der Pestizidausbringung usw. Die sog. Heumilch wird wohl auch ein Etikettenschwindel sein oder?

Sat, 10/15/2022 - 21:35 Permalink
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Peter Kasal Sun, 10/16/2022 - 09:21

Gut dass das mal wieder Thema wird! Die Körperteile von dreieinhalb Millionen toten Schweinen werden dafür im Jahr nach Südtirol gekarrt. Der südtiroler Speck ist eine Konsumententäuschung ersten Ranges, tierethisch ein Verbrechen, ökologisch bedenklich und eine Schande für unser Land.

Sun, 10/16/2022 - 09:21 Permalink
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Josef Fulterer Sun, 10/16/2022 - 22:04

In reply to by Peter Kasal

Bereits seit fast 50 Jahre gelingt es "der Südtiroler Speckindustrie," für ihr in Holland und Deutschland mit Südamerikanischer Soja gemästetes + "in Südtirol geräucherts Marken-Produkt," ähnliche Summen (in letzter Zeit rund 500.000 €) der Landesregierung zur Verkaufsfördwerung abzuluchsen, wie die Obst- + Wein-Wirtschaft einstreicht.
Die Milchwirtschaft mit immer noch deutlich mehr Bauern, konnnte sich erst deutliche später von mikrigen 10 % allmählich auf eine ähnliche Summe herauf betteln.

Sun, 10/16/2022 - 22:04 Permalink
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Thomas Wüst Sun, 10/16/2022 - 22:28

In reply to by Josef Fulterer

Das Ärgerliche an diesen Subventionen ist, dass damit billige Lebensmittel in den Markt gedrückt werden können, um Produzenten, die ehrliche Ware zu deutlich höheren Preisen vertreiben müssen, zu eliminieren.
Ich weiß nicht, ob sich die Südtiroler Produzenten dauerhaft damit einen Gefallen tun, wenn sie als Billigmarke auftreten oder ob es nicht sinnvoller wäre, als Qualitätsproduzenten wahrgenommen zu werden.

Sun, 10/16/2022 - 22:28 Permalink