Governo Draghi
Foto: governo.it
Politics | Neues Kabinett

Hoffnung auf neuen Stil

Konkrete Politik statt Parteiengezänk – das wird von Mario Draghi erwartet.

Das Bild vermittelt eher die Stimmung einer Trauerfeier: 23 schwarz gekleidete Minister/innen im düsteren Salone dei Corazzieri des Quirinalspalastes gelingt es kaum, die verbal bekundete Aufbruchstimmung der neuen Regierung unter Mario Draghi zu verdeutlichen. In der Fünf Sterne-Bewegung und im Partito Democratico brodelt es bereits. Die PD-Frauen protestieren, weil in der Regierungsmannschaft nur männliche Parteimitglieder berücksichtigt wurden. Ex-Ministerin Rosy Bindi zeigt sich empört: "Basta con la sottomissione ai maschi." Es sei das erste Mal in der Geschichte der Partei, dass keine Ministerin in der Regierung vertreten sei.

Die eigentliche Revolte aber spielt sich im Lager der Fünf Sterne ab. Die Senatorin und Ex-Ministerin Barbara Lezzi fordert von Beppe Grillo und Vito Crimi gar eine Wiederholung der Abstimmung auf der digitalen Plattform Rousseau, die grünes Licht für die Regierung Draghi gegeben hatte. Lezzi: "Abbiamo ceduto a un governo indigeribile con la Lega, Renzi e Forza Italia. Non c´è il superministero tra ambiente e sviluppo economico". Für den Präsidenten der Anti-Mafia-Kommission Nicola Morra ist die neue Regierung gar ein "Jurassic Park". Während die Turbulenzen anhalten, hat die Bewegung am Wochenende mit Giuseppe D´Ambrosio ihren 50. Parlamentarier verloren. In Senat und Kammer könnten in den nächsten Tagen weitere 20 bis 30 folgen. Unter solchen Bedingungen eine Wiederholung der Basis-Befragung zu fordern, an der sich 40 Prozent der Mitglieder gar nicht beteiligt haben, mutet surreal an.

 

An Hürden fehlt es nicht - auch angesichts der fortschreitenden Pandemie mit 11.000 neuen Ansteckungen pro Tag . Am Mittwoch wird der neue Premier im Senat sein detailliertes Programm vorstellen. Unbestrittener Star seiner Mannschaft ist der 59-jährige Physiker Roberto Cingolani - ein Wissenschaftler von Weltrang, Gründer und Direktor des Istituto italiano di tecnologia in Genua, der das neue Ministero della transizione ecologica übernimmt. Er arbeitete am Max Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart, war Professor für Physik an der Universität Tokio und an der Virginia Commonwealth University in Richmond, ist Inhaber von über 100 Patenten und Autor unzähliger Publikationen. Auch er wird keine Wunder wirken können in einer Regierung, in der  weitgehend gescheiterte Parteien wie Forza Italia und Fünf-Sterne-Bewegung ein gewichtiges Wort mitzureden haben Draghi wiederum ist eine Persönlichkeit, die bewiesen hat, dass sie sich von Gegenwind kaum beeindrucken lässt.  Und die relativ kurze Zeit, die er zur Bildung seiner Regierung benötigt hat, berechtigt zu Hoffnungen auf ein Kabinett mit längerer Lebensdauer als in Rom gewohnt.