Welcher Südtiroleffekt?
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Weshalb wird über die IDM Filmförderung soviel Geld in ausländische Produktionen investiert? Und was ist die Strategie dahinter? Diesen Fragen ist der Politiker Alex Ploner nachgegangen. Wie berichtet hat der Landtagsabgeordnete des Team K vor Kurzem eine entsprechende Landtagsanfrage eingereicht. Ploner erklärte SALTO gegenüber, dass es nämlich nicht nachvollziehbar sei, weshalb Südtiroler Kulturschaffende mit Peanuts abgespeist werden, während Hollywood-Millionäre wie Sylvester Stallone und internationale Großproduktionen, die mit Sicherheit nicht auf Südtiroler Steuergelder angewiesen sind, mit Förderungen überschüttet werden.
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Wie aus der Antwort des zuständigen Wirtschaftslandesrates Marco Galateo hervorgeht, stützt sich die Filmförderung auf den Beschluss der Landesregierung (Nr. 479 vom 5. Juli 2022), in welchem die Ziele der Filmförderung sowie die Auswahlkriterien anfgeführt sind. Der kulturelle, inhaltliche und wirtschaftliche Wert von „Cliffhanger 2“ wurde von einem elfköpfigen Fachgremium überprüft, dieses hat das Projekt für förderungswürdig befunden.
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Was die Strategie betrifft, so gilt die Südtiroler Filmförderung laut Galateo in erster Linie dem Aufbau und der Stärkung der Filmbranche. Bei ähnlichen Projekten wie der Netflix-Serie „Curon“ mit dem Reschensee als Hauptmotiv habe man zudem mit dem Tourismusverein Ferienregion Reschenpass und dessen Direktor Gerald Burger zusammen gearbeitet. Ebenso hat während der Drehaufnahmen von „Everest“ eine Zusammenarbeit mit der Schnalstal Marketing- & Tourismusgenossenschaft stattgefunden. Laut Angaben des Wirtschaftslandesrates hat „Everest“ in Call 13-3 eine Förderung von 700.000 Euro bei einem Südtirol-Effekt von 3.002.791 Euro bzw. 428,97 Prozent erhalten. „Es ist dies die Summe, welche sich die Produktion verpflichtet hat, in Südtirol auszugeben. Diese Ausgaben wurden von der Bozner Rechnungsprüfgesellschaft Baker Tilly Revisa S.p.A. überprüft“, so Galateo. Diese sei zum Schluss gekommen, dass 2.752.366,91 Euro in Südtirol ausgegeben worden sind, also 250.424,09 Euro bzw. 8,34 Prozent weniger als geplant, weshalb auch die Fördersumme um 8,34 Prozent bzw. 58.380 Euro gekürzt worden sind. Von den ursprünglich zugesprochenen 700.000 Euro seien folglich lediglich 641.620 Euro ausgeschüttet worden. Ploner hegt allerdings starke Zweifel was den Südtirol- bzw. Regionaleffekt betrifft – zumal die in der Anfrage geforderten Rechnungsbelege nicht mitgeliefert wurden – und fordert: „Ich will Einsicht in die Unterlagen!“
„Für ‚Cliffhanger 2‘ wurde eine Fördersumme von 500.000 Euro beantragt, wovon 400.000 Euro genehmigt worden sind.“
Doch wie rechtfertigt die IDM die Investition von öffentlichen Geldern in die kommerzielle Filmindustrie mit Millionenumsätzen, anstatt diese Gelder in die Förderung der Filmkunst und in kreative junge Südtiroler Talente der Branche und damit in die Förderung von Originalität und künstlerischer Innovation zu investieren? Schlussendlich scheint es immer wieder auf dieselbe Marketingstrategie hinauszulaufen, wenn sich die IDM Filmförderung mit ähnlichen Organisationen ein Wettrennen um die internationalen Großproduktionen liefert: Bewerben der Tourismusdestination Südtirol. Genau jene Strategie, deren Sinn Ploner stark in Zweifel zieht, wenn er fragt: „Wollen wir diesen Filmtourismus?“ Gemeint ist jener Tourismus, wo Massen an Tagestouristen für ein einziges Fotos, welches dann auf den sozialen Medien gepostet wird, bekannte Filmdrehorte heimsuchen – bestes Beispiel ist dafür der Pragser Wildsee, welcher durch die Serie „Un passo dal cielo“ italienweit Bekanntheit erlangte und seitdem regelrecht gestürmt wird. Von politischer Seite wird die Sache jedoch recht nüchtern betrachtet und so erklärt Wirtschaftslandesrat Galateo, dass die IDM gemäß Beschluss der Landesregierung den Filmförderfonds verwaltet und damit einen klaren Auftrag erfüllt. Für „Cliffhanger 2“ wurde eine Fördersumme von 500.000 Euro beantragt, wovon 400.000 Euro genehmigt worden sind. Hierfür muss die Produktion eine Finanzierungslücke im Finanzierungsplan vorweisen. Analog dazu habe der © FilmFernsehFonds Bayern GmbH eine Fördersumme von 2.000.000 Euro bewilligt. „Die Produktion beabsichtigt, 1.020.626 Euro bzw. 255,16 Prozent in Südtirol auszugeben. Davon fließen laut vorgelegtem Detailbudget 67 Prozent in Gagen für Südtiroler Filmschaffende und branchenspezifische Dienstleistungen wie Szenenbild, Stunt- und Spezialeffekte (SFX), Equipmentleihe, Kostüm, Maske, Drohnen und Set-Catering. Die restlichen 33 Prozent werden für Motivmieten, Übernachtung und Verpflegung der Crew, Fahrzeugmiete und weitere nicht branchenspezifische Dienstleistungen ausgegeben“, so Galateo, der erklärt, dass der Südtirol-Effekt damit mehrheitlich der lokalen Filmbranche zugute komme.
Südtiroler BeteiligungIm oben genannten Call wurden auch Projekte von Südtiroler Regisseuren und Produzenten oder Themen unterstützt, die eng mit dem Territorium verbunden sind. So wurde die Doku-Serie „Ötzi – the Iceman“ des Südtiroler Regisseurs Yuri Massaro finanziell gefördert wie auch „Projecto Fogo“ des aus Portugal stammenden und in Bozen lebenden ZeLIG-Abgängers Nuno Escudeiro und produziert von der Bozner Miramonte Film, „Basis – La Base“ der Dokumentarfilm des Trientners Vittorio Curzel über das gleichnamige Kulturzentrum, in welchem lokale Protagonisten portraitiert und anhand der Geschichte des Gebäudes auch jene von Südtirol erzählt wird, sowie „Step across the border“ des Südtiroler Regieduos Martina Mahlknecht und Martin Prinoth. Eine Produktionsförderung erhalten haben weiters „Woodwalkers 2“ der Filmvergnügen aus Wiesen bei Sterzing, „Kampf gegen die 'Ndrangheta“, eine Doku-Reihe in der die Südtirolerin Veronika Kaserer neben Stefano Strocchi Regie führt, Produzent ist Georg Tschurtschenthaler aus Innichen mit Basis in Berlin. Unterstützt wurde auch die erste von einer lokalen Produktionsfirma (Movie.mento Film) co-produzierten Serie. Dabei handelt es sich um die internationale historische Krimiserie „Detektive von Fock“, in der Südtiroler Schauspieler in drei wichtigen Rollen zu sehen sein werden und an der mehrere lokale Abteilungsleiter (Head of Departments) in den Bereichen Kostüm, Szenenbild, Maske und Produktion beteiligt sind. In der Förderlinie Kurzfilm wurde der Animationskurzfilm „Alfio“ von Marianna Pasina, einer Absolventin der Freien Universität Bozen, produziert von Frabiatofilm aus Bozen, und „Aura“ der Südtiroler Regisseurin Stefania Accettulli unterstützt.
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