Alexander Wierer
insalata-mista studio im Gespräch mit dem Künstler Alexander Wierer
Artstore: Du bist ein Künstler aus Südtirol, hast viele Orte auf der Welt bereist und an einigen studiert. Erzähl uns, wie diese Erfahrungen dich persönlich und in deiner künstlerischen Praxis beeinflusst haben.
Alexander Wierer: Ich bin ein Künstler aus Südtirol, Südtirol hab ich mir nicht ausgesucht. Ich wollte das ganz lange ablegen und bin auch deshalb weg von meinem Geburtsort. Das hat irgendwann nicht mehr viel Sinn gemacht, deshalb bin ich auch wieder zurückgekommen, um das Problem an der Wurzel zu packen. Jeder Mensch ist ein Kraut aus seinen Erfahrungen, Wurzeln und Wünschen. Man kann um die ganze Welt reisen und überall wohnen, oder man bleibt einfach dort liegen, wo man geboren wird, und ist trotzdem lebenslang auf der Reise. In den letzten Jahren hatte ich das Glück, an vielen Orten Menschen zu treffen, die mir sehr imponiert haben, viele davon haben ihren Kopf in die Kunst gesteckt und bekommen den da nicht mehr raus. Wie ein kleines Kind, das mit seinem Schädel in einem Geländer steckt, so geht’s mir auch. Darüber bin ich aber froh, denn man kann mit seiner Zeit auch noch viel dümmeren Scheiß anstellen.
Meine künstlerische Praxis besteht zu einem großen Teil aus Schlafen. Das ist eine Methode, mit der ich meinen Körper und meinen Geist in eine vereinte Schwerelosigkeit bringen kann, um verschiedenste Probleme des Lebens besser betrachten zu können. In Japans öffentlichen Verkehrsmitteln schlafen viele Menschen wenn sie von A nach B fahren – dass meine künstlerische Praxis dort bereits allgemein anerkannte Methode ist, fand ich sehr erstaunlich. Ich denke, wenn diese ganzen durchgeknallten und verrückten Menschen auf der Welt einfach mal ein bisschen mehr schlafen würden und nicht den ganzen Tag komplett hysterisch umher rennen würden, dann hätte es jeder leichter.
Bipolar-Light ist ein Projekt, das die menschliche Interaktion mit dem Werk sucht. Ein alltäglicher Gegenstand, der manchmal schnell seine Besitzer wechselt, hinterfragt unseren Bezug zu “was ist meins? Was ist deins? Und was ist Kunst?”
Ein Feuerzeug ist eine Maschine, die durch einen Funken und Gas ein kleines handliches Feuer erzeugen kann (lacht). Weil ich gerne rauche, hab ich immer eins in der Tasche, und wenn ich keines habe, muss ich jemanden um eines bitten. Bei dieser Geste des Bittens fühlt man sich meistens ein Bisschen süß; sie kann auch Ausgangspunkt für ein Gespräch oder eine neue Bekanntschaft sein. In meiner Vorstellung sind es solche Momente, in denen sich die Bipolar-Light-Skulpturen zwischen zwei Menschen reinhacken, und das finde ich lustig. Sie bestehen im Grunde nur aus zwei aneinandergeklebten Feuerzeugen. Lösen sie sich, so existieren Sie wieder unabhängig voneinander weiter und verlieren die Bipolar-Light-Information wieder. Meine Arbeit ist die Suche nach den unendlich vielen Informationen und Geschichten in den Dingen.
Das vorgestellte Werk hat ein besonderes Preiskonzept: "Pay what you can". Wie funktioniert das und was ist die Idee hinter dieser Wahl?
Ich möchte so viele Bipolar-Light-Skulpturen wie möglich in Umlauf bringen. Für die Verbreitung spielt Geld hier eine hinderliche Rolle, deshalb sollen Interessentinnen bezahlen, was sie gerne möchten (min. Versandkosten und Briefumschlag). Einer meiner Lehrer hat mir einmal gesagt, Kunst solle man nie verschenken; ich denke aber, bei Feuerzeugen darf man diesen Satz nicht gelten lassen.
Alexander Wierer
Bipolar-Light
2 Feuerzeuge
Größe variabel
PayWhatYouCan
(min. Portokosten)
50 Paare
Alexander Wierer, geboren 1989 in Brixen. Beginn des Studiums an der Accademia di Belle Arti Bologna, ab 2013 Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie Münster als Meisterschüler bei Prof. Henk Visch. Studienaufenthalte und Ausstellunsbeteiligungen ua. an der UB Barcelona, Tokio University of Arts, Central Academy of Fine Arts Beijing und College for Music and Arts Palazzo Ricci, Montepulciano. Seit 2018 Akademiebrief Freie Kunst; Kunstakademie Münster.
alexanderwierer.jimdofree.com
In no event info zeigt Wierer von 10. Juni bis 21. August 2021 in der Stadt Galerie Brixen raumbezogene Arbeiten, welche sich mit diversen Aspekten des Galerieraums beschäftigen. Die Ausstellung wird kuratiert von Elisa Barison.