Politics | Aus dem Blog von Martin Fischer

Ich habe mich geschämt

Es kommt vor, dass wir einer Gemeinschaft angehören (Familie, Dorfgemeinschaft, Religionsgemeinschaft, politische Partei) uns auch zu den Grundsätzen dieser Gemeinschaft bekennen aber mit manchen Handlungen oder Äußerungen absolut nicht einverstanden sind.

Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Ich bin bekennendes und aktives Mitglied der katholischen Kirche. Oft habe mich geärgert, weil ich mit verschiedenen Entscheidungen nicht einverstanden sein konnte. Derzeit überwiegt die Freude darüber, dass die Kirche ein Oberhaupt gewählt hat, dessen Gedanken und Äußerungen ich voll teilen kann. Das stimmt mich zuversichtlich. 

Ich bin bekennenden und aktives Mitglied der Südtiroler Volkspartei. Als solches habe ich mich ebenfalls oft geärgert. Derzeit schäme ich mich ob der Scheinheiligkeit und politischen Skrupellosigkeit, mit welcher meine Partei in Sachen Direkte Demokratie zu Werke gegangen ist. Trotz besseren Wissens (und wohl auch Wollens) seitens der Initiatoren dieses Gesetzes, trotz vieler warnender Stimmen von Experten und aus der Bürgerschaft, hat die Partei kurz vor den Wahlen praktisch im Alleingang und ohne Bürgerbeteiligung ein Gesetz über die Bürgerbeteiligung durchgeboxt.

Die Initiative für Direkte Demokratie hat mit zahlreichen freiwilligen Mitstreitern und ohne Unterstützung der meinungsbildenden Medien den ganzen Sommer über Unterschriften gesammelt, damit dieses schlechte Gesetz über die Bürgerebteiligung so nicht in Kraft treten kann. Es war nicht einfach, in den Ferienmonaten die Bürger zu mobilisieren. Schlussendlich ist es gelungen die notwendige Zahl an Unterschriften zu sammeln.

Noch bevor die Promotoren die mühselig gesammelten Unterschriften der Bürger übergeben konnten, preschten einige Abgeordnete meiner Partei vor und beantragten die Einleitung eines Referendums über das von ihnen selbst gebastelte Gesetz. Sie mussten nicht mühselig Unterschriften sammeln, kraft des ihnen vom Volk verliehenen Mandates genügte ihre eigene Unterschrift. Wie dumm müssen sich die Unterschriftensammler und Unterschreiber vorkommen, wenn sie sich anhören müssen, dass es gar nicht notwendig gewesen wäre, weil man ja von der Politik aus selbst das Volk zu befragen beabsichtigt hätte. Warum, bitteschön, hat man das nicht gleich gemacht, warum hat man hämisch abgewartet, ob die Bürgerinitiatve die notwendigen Unterschriften  zusammenbringt?

Zudem müsste es den gewählten Politikern klar sein, dass Bürgerinitiativen und Referenden eben Rechte und Instrumente der Direkten Demokratie (das heißt der Bürger) sind, während die gewählten Vertreter, kraft der vom Volk anvertrauten Macht über andere Instrumente verfügen (Parlament, Landtag, Anträge usw.). Es ist gefährlich und unzulässig, die Instrumente der Direkten Demokratie für politisches Kalkül zu missbrauchen. Die Bürger werden dieses lückenhafte Gesetz verwerfen und die neugewählten Mandatare werden, hoffentlich, auf das von den Bürgern bereits einmal mit großer Mehrheit vorgelegte Gesetz zurückgreifen. 

Die Direkte Demokratie in Form des Selbstbestimmungsrechtes sowie andere Formen der Bürgerbeiteiligung sind in den Satzungen und Beschlüssen der Südtiroler Volkpartei fest verankert. Ich kann nur hoffen, dass der neue politische Stil, der sich mit dem Anwärter auf das höchste politische Amt ankündigt, der Bürgerschaft mehr Respekt zollen und größerer Freiräume zugestehen wird.  Die Äußerungen, die Auftritte und auch der bisherige Lebenslauf dieses vielversprechenden Kandidaten, der ja  auch aus den Reihen meiner Partei kommt, stimmen mich zuversichtlich.

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luther blissett Sat, 09/21/2013 - 18:39

... für Martin Fischer! Sich als aktiver SVP-Funktionär so geradlinig gegen die Parteilinie auszusprechen verdient Hochachtung!

Sat, 09/21/2013 - 18:39 Permalink
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Argante Brancalion Sat, 09/21/2013 - 23:12

Quanto Martin Fischer scrive nel suo articolo mi dà speranza che quanto si respira in questi giorni di campagna elettorale sia davvero aria di cambiamento nel sensso di una migliore democrazia. Grazie Martin

Sat, 09/21/2013 - 23:12 Permalink
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Klaus Schuster Sun, 09/22/2013 - 06:12

Komplimente Herr Fischer,
Komplimente dafür, dass Sie als bekennendes Parteimitglied in dieser Form Kritik an dieser fiesen Verhaltensweise ihrer Partei üben. Aber - treten Sie aus aus dieser Partei, denn ändern wird sich diese in der Substanz auch in nächster Zukunft nicht! Denn dort regieren Machtinteressen und Geld und für Ethik, Gemeinwohl und Fairness wird auch in Zukunft wenig Platz sein, auch wenn sich der Ton und die Außendarstellung ändern werden.

Sun, 09/22/2013 - 06:12 Permalink
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Karl Trojer Wed, 09/25/2013 - 12:25

Lieber Martin,

ich teile Deine Meinung und Hoffnung hinsichtlich Kirche und Politik und wuensche mir:
a) dass moeglichst viele von uns Suedtirolern aller Sprachgruppen mitsamt unseren "zuagrousstn" Buergern ehstmoeglich zur Einsicht kommen, dass fuer ein wertvolles und zukunftsfaehiges Miteinander der gegenseitige Respekt und die Wertschaetzung der Verschiedenheiten wesentliche Voraussetzungen sind.
b) dass unsere "Schuld-u.Scham-Gesellschaft" sich erst dann von ihrer Angstlast, ihrem Schulddruck, ihrem Untertansein befreien kann, wenn bereits den Kleinkindern vermittelt wird, dass ihre Wuerde nicht fremdbestimmt sondern unantastbar ist. Wuerde kann man weder geben noch nehmen, es sei denn man verwechselt "Wuerde" mit "Ehre". Unsere Gesellschaft vermittelt zu sehr "Wuerde" als fremdbestimmt, abhaengig von Lob bzw. Tadel der Anderen, und dieser Umstand macht krank und erzeugt sehr viel Not und Feindschaft.

Wed, 09/25/2013 - 12:25 Permalink