Politics | Rom

Die brave Gebhard

Während sich SVP-Senatorin Julia Unterberger für ihre Kritik an Berlusconi Schelte aus den eigenen Reihen holt, übt sich ihre Kollegin als Musterschülerin der Partei.
gebhard_renate.jpg
Foto: Othmar Seehauser
SVP-Parlamentarierin Renate Gebhard ehrt den verstorbenen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi bei der Gedenkfeier der Abgeordnetenkammer: „Wer ihn nicht direkt kannte, hatte möglicherweise eine einschränkende Sichtweise. Doch Berlusconi war – ich zitiere Staatspräsident Sergio Mattarella – ein wichtiger politischer Führer. Auch wenn Südtirol nicht oft in seinen Programmen vorkam, werden wir das Mailänder Abkommen nicht vergessen und wollen uns seinen Angehörigen und all denen anschließen, die ihm nahe standen.“
 
 
Ihre Parteikollegin Julia Unterberger hatte in ihrer Rede bei der Gedenkfeier im Senat weniger lobende Worte für ihn übrig: „Als Feministin muss ich daran erinnern, dass Berlusconi mit seiner patriarchalen Art, seinen Äußerungen und den sogenannten eleganten Abendessen dem Ansehen der italienischen Frauen stark geschadet hat.“
Sie kritisierte außerdem seinen politischen Stil, das Bedienen persönlicher Interessen und die Nichteinhaltung von Regeln. Damit sei er zum Vorbild für den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump geworden. Unterberger wurde während ihrer Rede zweimal von Äußerungen des Missfallens unterbrochen. Zustimmung bekam sie nur dafür, dass sich der ehemalige Ministerpräsident tierlieb gezeigt habe.
 
 
Für ihre kritische Rede musste Unterberger auch Kritik vonseiten ihrer Parteikollegen einstecken. Laut SVP-EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann habe sie sich „im Ton vergriffen“, wie die Dolomiten berichtete. Auch Parteiobmann Philipp Achammer bezeichnete ihre Worte bei der Gedenkstunde des Verstorbenen gegenüber der Rai als „unnötig und nicht passend“. Unterberger selbst fand ihre Rede noch eher harmlos, schließlich habe sie weder die Mafia noch die Prostitution Minderjähriger erwähnt.
Der italienische Außenminister Antonio Tajani (Forza Italia) zeigte sich von Unterbergers Analyse dennoch schwer getroffen und setzte sich mit Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) und Achammer in Verbindung, um seinem Ärger Luft zu machen. Kompatscher und Achammer kündigten sogar an, die Senatorin zur Rede zu stellen. Für Unterberger hingegen ist es bedenklich, dass sich die SVP heute dermaßen unter den Druck rechter italienischer Parteien setzt.
Nun sorgte Kammerabgeordnete Gebhard für einstweilige Beruhigung. Der Anlass sei keine politische Debatte gewesen, sondern die Gedenkstunde an einen Verstorbenen. Für ihre Rede habe sie sowohl von ihrer Partei als auch von der Opposition Zuspruch erhalten, so die SVP-Parlamentarierin. Im Übrigen teile sie Unterbergers Ansichten zum Frauenbild des verstorbenen Ministerpräsidenten.