Politics | Frauenförderung

Zu korrekten Verhältnissen

Gender ist kein Kram, und Quote wirkt.
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Foto: OECD

Es war nicht so gewollt, es war nicht so geplant, es hat sich so ergeben. Und weil ich, was sich so ergeben hat, höchst interessant, und sehr aussagekräftig finde, möchte ich es hier öffentlich stellen, und zwar so:

Ich habe mich neulich mit einem Bekannten unterhalten, über ein großes, wenn auch unbeliebtes und zurzeit sogar besonders unbeliebtes Thema (ich staune immer wieder, wie gewisse Kreise es geschafft haben, es ohne weiteres ins gesellschaftliche Aus zu schieben. Dass übrigens dieselbe Ausgrenzung, ja fast schon gesellschaftliche Ächtung mit anderen Phänomen, wie z. B. „populistischen“ Bewegungen mit starker Schlagseite nach rechts offenbar partout nicht gelingen will, macht auch nachdenklich) nämlich das der Gleichberechtigung/Gleichstellung der Frau. Dieser Bekannte ist ein bekennender und vehementer Gegner von Frauenquoten und Frauenförderung, und (angeblich) sehr überzeugt, dass die Gleichberechtigung der Frau längst vollzogen sei, und dass es folglich nur an den Frauen selbst liege, ob sie im Leben, bei der Arbeit und überhaupt vorankommen, oder nicht (nicht, dass jede Frau unbedingt vorankommen müsste, wenn sie das nicht will. Aber die, die es wollen, sollen es können, und zwar gleichberechtigt).

Kurz: Diesem Bekannten zufolge ist Frau selbst und ganz allein Schuld, an allem, was ist, je war, und jemals sein wird. So etwas wie "Gläserne Decken", "struktuelle Ungleichheiten" oder gar "hegemoniale Männlichkeitsstrukturen" gibt es, diesem Bekannten und vielen anderen wie ihm zufolge, überhaupt gar nicht.

Als Beispiel für die Richtigkeit seiner Ansichten nannte mir der Bekannte die Med Uni Graz, wo, wie er sagte, sehr ausgewogene Geschlechterverhältnisse herrschten, unter den Mitarbeiter_innen auf allen Ebenen. Tatsächlich zeigte ein rascher Blick auf die Seiten der Universität sehr freundliche Bilder mit auffallend vielen Frauen drin: vom Rektorat (zwei Frauen, zwei Männer) über den Senat (zehn Männer, acht Frauen) bis hin zu den „Organisationseinheiten und Stabsstellen“ zeigen sämtliche Fotos gut durchmischte Teams, wenn ich das mal so salopp dahinsagen darf.

Da kommt doch Freude auf, dachte ich mir,  

und wollte schon weiterziehen, um dem Bekannten Recht zu geben, als diese kleine, fiese Stimme in meinem Ohr mich hieß, nochmal genauer hinzusehen. Ich gehorchte - und stellte fest: An der Med Uni Graz gibt es eine GENDER:UNIT, mit sehr klar definierten Aufgaben:

„[…] nimmt an der Medizinischen Universität die Aufgabe der gesetzlich einzurichtenden Organisationseinheit zur Koordination der Aufgaben der Gleichstellung, der Frauenförderung sowie der Geschlechterforschung wahr. Der Fokus wurde bei der strategischen Entwicklung der OE auf die Bereiche Gleichstellung, Frauenförderung und Diversity Management gelegt.“

Daher also wehte der (schöne!) Wind (und wie schnell er sich dreht): das moderne, ausgewogene Geschlechterverhältnis in den Führungsgremien und unter den Mitarbeiter_innen an der Med Uni Graz hatte sich nämlich mitnichten von allein bzw. dank (angeblich) vollzogener Gleichberechtigung eingestellt, sondern ist, da schau an, das Ergebnis gezielter Frauenförderung. 

Ich wollte es aber noch ein bisschen genauer wissen, und schaute mir denselben Menüpunkt („Organisation“) auf den Seiten der Freien Universität Bozen an. Dort - immerhin auch eine Einrichtung der so genannten Öffentlichkeit, als welche sie doch eigentlich das Bild dieser Öffentlichkeit korrekt widerspiegeln sollte - gibt es keine GENDER:UNIT, auch nichts Ähnliches oder Vergleichbares – was sich, kaum überraschend, überdeutlich in der Zusammensetzung ihrer Führungsstrukturen Ausdruck verschafft:

An der Uni Bozen herrschen, im absoluten Kontrast zur Med Uni Graz, die althergebrachten, „traditionellen“ Geschlechterverhältnisse: Sehr viele Männer, und nur hin und wieder eine Frau.

Nicht nur, dass das - im Vergleich zur, um beim Beispiel zu bleiben, Med Uni Graz - unfassbar "altvaterisch" (weil's grad so schön passt)  wirkt, zeigt es doch, meine ich, letztgültig auf, dass die viel geschmähten und diffamierten Instrumente zur und der Frauenförderung und also Herstellung korrekter Geschlechterverhältnisse vor allem eins tun: Nämlich Wirkung zeigen.

Es braucht halt auch den Willen (und den Mut), sie anzuwenden.