Damals, als ich langsam zum Denken kam, waren die Wunden noch nicht verheilt, die Faschisten und Nationalsozialisten geschlagen hatten. „Nie wieder“ hieß es. Die Welt war zwar nicht heil, aber es sah ganz so aus, als würde sie heilen. Jetzt, wo ich gelebt habe, werde ich das Gefühl nicht los, dass wir wieder von vorne anfangen. Allerdings nicht dort, wo ich langsam zum Denken kam, damals in den frühen 1960ern, sondern vorher, dort, wo das Unheil evident und grausam wurde, in späten 1920ern.
Heute lebe ich mit dem Gefühl, die Nazis und Faschisten könnten bald wiederkommen. Dann müssten wir aufs Neue durchstehen, was wir aus Erzählungen und unseren ererbten Traumata kennen. Obendrüber noch eine Prise Klimawandel. Gäbe es den nicht, sähe es fast so aus, als hätte ich nicht gelebt.
Aus meiner resignierten Schmollecke wird aber nichts.
Die Träume von einer gerechteren Gesellschaft verpufft, die Hoffnung auf etwas mehr Gleichheit auch für Frauen am Schwinden, gesetzliche Errungenschaften am Kippen, der Wunsch nach mehr Umweltbewusstsein von der Wirtschaft umgangen. Nur die Berge sind weiter schön. die Schneeflocken, das Klopfen des Regens auf der Zeltplane.
Aus meiner resignierten Schmollecke wird aber nichts. Ich werde meinen Kater nicht kraulen bis er schnurrt, ich werde das Maul aufreißen und weiter hoffen, hoffen auf die, die nachkommen, auf die, die wir großgezogen haben. Niemand kann mich dazu zwingen, nicht gelebt zu haben.