Politics | Gastbeitrag

Unangebrachter Streifschuss

Der „pollo der Woche“ für Brigitte Foppa ist weder sachlich gerechtfertigt, noch von Person und Zeitpunkt her sensibel gewählt. Der Protestbrief eines Mitunterzeichners.
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Foto: Salto.bz
Lieber Christoph,
nach der Rückkehr von Kassel, wo ich am Wochenende weilte, las ich als notorischer „digi-Invalid“ erst verspätet die gewohnt intensive Berichterstattung der vergangenen Tage nach, darunter auch Deine „Pollo-der-Woche“-Kolumne auf salto.bz.
Da das „Spiegelkabinett im Damensalon“ auch mir Mitunterzeichner einen Streifschuss verpasst, seien mir doch einige Bemerkungen gestattet:
 
Aus meiner Sicht ist die kleine, aber Parteien übergreifende und von Brigitte Foppa lancierte Initiative kein Fehlgriff, sondern in jeder Hinsicht unterstützens- und bedenkenswert. Sie beabsichtigt nicht, der auch unter Frauen verbreiteten politischen Mediokrität eine bleibende Gedenkstätte zu schaffen, wo die unsterblichen Meriten von Ulrike Tarfusser, Christine Mayr und Elena Artioli hochgehalten werden, sondern als Raum, in dem ein stetes Grunddefizit von Demokratie eingemahnt wird.
Denn eine Demokratie, in der es neben Hunderten männlicher Volksvertreter erst 27 Frauen an die Polit-Spitze geschafft haben, weist ein gravierendes Defizit auf. Mit der Unterpräsenz von Polit-Frauen wurden wesentliche Talente und Potenziale verschleudert, während zugleich gar einige Mander nach oben kamen, die sich vorab durch Klappe, Ellenbogen und Präpotenz profilierten, aber auch durch Schlauheit, Durchstecherei und dumpfbackig-reaktionären Mief ihrer Gesinnung. Gegen einen Atz, v. Egen, Pahl oder tutti quanti macht auch Tamara Oberhofer gute Figur, zumal der Qualitätsstandard von Frauen in der Politik relativ hoch angesiedelt ist.
Ein „Saal der Volksvertreterinnen“ wäre daher kein Spiegelkabinett weiblicher Eitelkeit, kein Boudoir eines wehleidigen Narzissmus, sondern eine Facette der Erinnerung an das, was Frauen geleistet haben und daran, was der Politik mit der Unterrepräsentanz von Frauen fehlt.
Er wäre aber auch Erinnerung an die Unterdrückung und Ausgrenzung von Frauen aus der Öffentlichkeit, die bis tief in die 1970-er Jahre Standard war. Wenn ich daran denke, wie in Brixen Kathi Trojer oder Ada Scaggiante auf die Schippe genommen wurden (und sich dennoch oft durch setzten), wie hart es Anna Stolzlechner im Ahrntal hatte, wie übel Waltraud Gebert Deeg mit gespielt wurde und wie genüsslich man/n SKM anlässlich der Frosch-Affäre vorführte, so schiene mir der „Saal der Volksvertreterinnen“ kein unbilliges Ansinnen.
Natürlich ist die Präsenz von 10 Frauen im Plenum des Landtags heute wichtiger als eine symbolische Aktion wie der „Saal der Volksvertreterinnen“, der kleine Salon wäre aber auch eine stete Mahnung, als Frage, warum es 2017 nicht 15 oder 18 sind, wie dies angemessen wäre.
Leider hatte Dein „Pollo der Woche“ auch den Kollateraleffekt, dass sich die auch auf salto.bz stets präsenten Diffamierer vom Dienst prompt einfanden, um ihre Gehässigkeiten zu deponieren.
Leider hatte Dein „Pollo der Woche“ auch den Kollateraleffekt, dass sich die auch auf salto.bz stets präsenten Diffamierer vom Dienst prompt einfanden, um ihre Gehässigkeiten zu deponieren. Das wird auch für jemanden wie Brigitte, die zwar recht wetterfest ist, aber in den letzten Wochen die volle Dröhnung an Hass und Abschaum abbekommen hat, doch ein wenig zu viel. Aus meiner Sicht, lieber Christoph, hättest Du getrost darauf verzichten können, der Kollegin den „pollo der Woche“ zuzuerkennen, da dies weder sachlich gerechtfertigt, noch von Person und Zeitpunkt her sensibel gewählt ist.
Auch wenn Dir Brigitte nicht ans Herz gewachsen ist, solltest Du doch auch bedenken, was solche Prädikate anrichten können, welche Verletzungen sie bewirken und welche Form des Nachtretens sie auch bedeuten.
 
Mit herzlichen (Gregor Beikircher würde sagen: „besorgten“) Grüßen
Hans
Bozen, Rosenmontag 2017