Politik | Arbeitsmarkt

Auf Wanderschaft

Die Liste JWA will von der Landesregierung wissen, wie man das Problem der Fachkräfteabwanderung einschätzt. Und was man dagegen unternehmen will.
Anderlan, Colli
Foto: Seehauserfoto
  • Es ist ein Dauerbrenner. Die Abwanderung von Fachkräften aus Südtirol beschäftigt viele Südtirolerinnen und Südtirol fast tagtäglich. Aus diesem Grund stellte die Landtagsfraktion JWA eine Anfrage an die Arbeitslandesrätin Magdalena Amhof, die diese schriftlich beantwortete. In ihrer ersten Antwort auf die Frage „Sieht die Landesregierung die Abwanderung qualifizierter Südtiroler als Problem an? Falls ja, aus welchen Gründen dies?“ In Ihrer Antwort beschreibt Amhof die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte für das Land Südtirol, gleich wie in anderen Regionen, als problematisch. Die Gründe für das Phänomen seien vielfältig, ließen sich aber in drei Hauptkategorien zusammenfassen: 
    Fehlende Innovationskraft. In einem kleinen Arbeitsmarkt wie dem in Südtirol habe die Abwanderung erhebliche Auswirkungen auf die Innovationskraft. Gerade jüngere Menschen würden nämlich entscheidend zur Aufrechterhaltung der sozialen und wirtschaftlichen Dynamik eines Landes beziehungsweise einer Region beitragen. Regionen, aus denen dauerhaft Menschen abwandern oder die entsprechende Gefahr besteht, gelten als wirtschaftlich und sozial gefährdet.
    Demografisches Ungleichgewicht. Üblicherweise wandern die jüngeren Altersgruppen ab, was das demografische Ungleichgewicht verschärfe. Dies habe wiederum vielfältige Konsequenzen, die weit über den Arbeitsmarkt hinausgehen. 
    Kulturelle und soziale Auswirkungen. Studien würden eindeutig nachweisen, dass weniger vielfältige und kreative Gemeinschaften sowohl das kulturelle Leben als auch die sozialen Strukturen beeinträchtigen, die für die Lebensqualität und das Zusammenleben in einer Region wichtig sind. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, der die weitere Abwanderung qualifizierter und die fehlende Zuwanderung qualifizierter Arbeits- und Fachkräfte zur Folge hat. 

  • Magdalena Amhof: „Aus Sicht der Südtiroler Landesregierung ist die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte für das Land Südtirol, problematisch.“ Foto: Seehauserfoto
  • In ihrer zweiten Frage wollten Jürgen Wirth Anderlan und Andreas Colli wissen, ob die Landesregierung Erkenntnisse zu den Gründen, aus denen Südtiroler ins Ausland oder in andere Teile Italiens abwandern oder nicht mehr zurückkehren, haben. In Ihrer ausführlichen Antwort führte Landesrätin Amhof zunächst an, dass sich bei der Abwanderung von Fachkräften nicht um ein reines Südtirol Problem handelt. 
    Dies vorausgeschickt erläutert sie, dass vor allem der Mangel an gewissen Berufsbildern, vor allem Führungspositionen, der Wunsch einer anderen Lebensweise sowie nach höherer kultureller Vielfalt, Netzwerke aus Studienzeiten, höhere Gehälter sowie der Mangel eines eigenständigen Kollektivvertragssystems, das in der Lage ist, vergleichbare Entlohnungs- und Produktivitätsdynamiken zu entfachen, bessere Infrastrukturen und Lebensbedingungen in anderen Ländern und die hohen Wohnkosten in Südtirol schuld an der Abwanderung sind.

  • Fachkräftemangel: Das Fehlen an gewissen Berufsbildern und Führungspositionen auf dem Arbeitsmarkt ist problematisch. Foto: Pexels/Sora Shimazaki
  • Was also tun?

    Als drittes Fragte die JWA-Fraktion ob die Landesregierung auf Grundlage der obigen beiden Fragen weiteren Handlungsbedarf sieht, worauf Amhof antwortet, dass sich die Regierung das Ziel gesetzt habe, die Attraktivität Südtirols als Arbeits- und Wirtschaftsstandort zu stärken und deshalb folgende Punkte im Koalitionsprogramm festgelegt: 

    • Förderung von Qualifikation und Weiterbildung: Sicherung qualitativ hochwertiger Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsangebote.
    • Sicherung gerechter Einkommen: Maßnahmen zur Sicherung leistungsgerechter und den Lebenshaltungskosten entsprechender Einkommen im öffentlichen und privaten Bereich.
    • Stärkung der Arbeitsvermittlungszentren als Schaltstellen für die aktive Arbeitsmarktpolitik und Ansprechpartner für Betriebe wie für Arbeitssuchende.
    • Entbürokratisierung und Digitalisierung.
    • Kooperation aller wichtigen Akteure der Arbeitsmarktpolitik.
  • Um diese Ziele zu erreichen, arbeiten das Ressort von Amhof und der Arbeitsmarktservice derzeit an dem Strategiedokument „Zukunft Arbeit 2030“. Konkrete Maßnahmen würden ab Herbst mit den Sozialpartnern und in der Landesarbeitskommission diskutiert und anschließend der Öffentlichkeit vorgestellt.

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Salto User
nobody Mi., 21.08.2024 - 22:11

Ärzte hauen vom öffentlichen Gesundheitswesen ab, Pflegepersonal fehlt (bzw. wurde während Corona vergrault) und kein normaler Mensch will unter den derzeitigen Bedingungen noch Lehrer werden. Das Urlaubsparadies Südtirol ist eben nur ein Urlaubsparadies.

Mi., 21.08.2024 - 22:11 Permalink
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Christian I Mi., 21.08.2024 - 22:41

Antwort auf von nobody

Ihre Beschreibung gilt für ganz Italien! Il bel paese ist eben solo bello se sei in vacanza. Sonst gibt es stipendi da fame, ausser für unsere Goldbezahlte (Un)Verantwortliche, wessen Lohn regelmäßig angepasst wird! Apropos Sanität, die Schweizer Sanitäter haben uns während Corona regelrecht ausgelacht für unsere nutzlose Massnahmen und bedankt, denn dank Abwanderung haben sie ihr Mangel an Pflegepersonal stark verbessert.

Mi., 21.08.2024 - 22:41 Permalink
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Peter Gasser Mi., 21.08.2024 - 23:53

Zitat: “Die Liste JWA will von der Landesregierung wissen, wie man das Problem der Fachkräfteabwanderung einschätzt”:

ja, das möchte ich auch wissen: dass das Problem akut ist, sieht man bestens direkt im Landtag: kaum “Fachkräfte” da!...

...man muss sich mit JWA, Verschwörungstheorien, Rechtsextremismus, Populismus und Clownerie begnügen.

——— —-

mit ein bißchen nachdenken (für das fürstliche Gehalt) kämen sie auch selbst dahinter:

- zu geringes Gehalt im Vergleich zu sehr hohen Lebenshaltungskosten - da kann man etwas dagegen machen;
- zu viele Akademiker, für die alle es in der Provinz (Provinz als Landgegend gemeint) eben nicht genug Arbeit und Karrierechancen gibt - da kann man wenig dagegen machen.

Mi., 21.08.2024 - 23:53 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Do., 22.08.2024 - 07:01

Zur Info: In der Schweiz CHUR CH,verdient eine qualifizierte Krankenschwester 6000 Euro,ok ykrankenkassenbeiträge 1000 Euro pro Monat,Lebebshaltungskosten 1/3 mehr,die Wohnung wird ihr zu Selbstkosten gestellt,macht euch die Rechnung selbst,warum unsere jungen Fachkräfte von uns ABHAUEN!

Do., 22.08.2024 - 07:01 Permalink
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Christian I Do., 22.08.2024 - 14:11

Antwort auf von Günther Alois …

In der Schweiz (aber nicht nur in der Schweiz) kommt noch was sehr wichtiges dazu: RESPEKT und Menschlichkeit! Respekt fùr die Person, Respekt fùr das was sie leistet, Respekt zwischen Kollegen, Respekt Arbeiter-Vorgesetzte. (Und auch hier hat Corona ein eindeutiger Unterschied gezeigt zwischen Sùdtriol und Schweiz!!)

Do., 22.08.2024 - 14:11 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Do., 22.08.2024 - 07:01

Zur Info: In der Schweiz CHUR CH,verdient eine qualifizierte Krankenschwester 6000 Euro,ok ykrankenkassenbeiträge 1000 Euro pro Monat,Lebebshaltungskosten 1/3 mehr,die Wohnung wird ihr zu Selbstkosten gestellt,macht euch die Rechnung selbst,warum unsere jungen Fachkräfte von uns ABHAUEN!

Do., 22.08.2024 - 07:01 Permalink
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Klemens Riegler Do., 22.08.2024 - 11:11

Aus meiner Sicht hat die Liste JWA die Frage etwas falsch formuliert. "Abwanderung von Fachkräften" ? Okey, man könnte jetzt über den Begriff "Fachkraft" diskutieren. Wobei wir es heute fast überall und in jedem Sektor mit "Fachkräften" zu tun haben.
ABER die meisten relevanten und vielleicht gemeinten "Fachkräfte" wandern nicht ab, sondern werden im Laufe ihres Studiums im Ausland zu Fachkräften und kommen dann eben nicht zurück. Wir haben also wohl kaum das Problem, dass wir zu viele Fachkräfte ausbilden die dann abhauen.
Und wie in vielen Kommentaren hier auch angedeutet: eine Kleinprovinz mit 500.000 Einwohnern, die von Tourismus & Landwirtschaft geprägt ist, kann auch nicht alle hochqualifizierten Jobs im Angebot haben = Eine fachspezifisch ausgebildete Labortechnikerin wird in Südtirol nicht kellnern gehen, wenn sie in Hamburg für ihre Kompetenzen gutes Geld verdient. Ein guter, ausgebildeter Kellner oder Koch aus Pavia oder Dortmund hat hingegen durchaus gute Chancen in Südtirol einen komfortablen Job zu finden.

P.s. und wie die Amhof auch geantwortet hat; überall wo's abgeht fehlen "Fachkräfte" ... überall das selbe Problem! LÖSUNG: vielleicht vom 6. Gang auf den 5. zurück schalten. "Wachstum" ist schließlich aufgrund der Demografie nicht mehr machbar.
Schönen Tag noch !

Do., 22.08.2024 - 11:11 Permalink
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Manfred Klotz Do., 22.08.2024 - 17:46

Man muss der Liste JWA aber zugutehalten, dass das der erste sinnvolle Zeichen ist, das sie gesetzt hat. Fakten ohne Polemik. Geht ja.
Außer JWA führt da etwas im Schilde, das ich Normaldenkender noch nicht erkennen kann.

Do., 22.08.2024 - 17:46 Permalink