Umwelt | Verkehrschaos

Jetzt haben alle die Schnauze voll

Nun drängt auch der Heimatpflegeverband auf eine Verkehrswende in den Passregionen. Landeshauptmann Kompatscher bleibt dabei: Die Umsetzung scheitert an Rom.
Stilfserjoch Verkehrschaos
Foto: Seehauserfoto
  • Nun bezieht auch der Heimatpflegeverband Stellung zur Verkehrsproblematik auf den Dolomitenpässen in der Sommerhochsaison. „Unsere Bergregionen sind wertvolle Erholungsräume, keine PS-Arenen“, kritisiert nun auch der Heimatpflegeverband. Doch genau das passiere derzeit vielerorts. Jahr für Jahr würden die Passstraßen zur Kulisse für Motorsportevents, Autotouren und lärmintensive Ausflüge, organisiert von aus- und inländischen Unternehmen. Die Folge seien „dauerhafte Lärmbelastung, gefährliche Verkehrssituationen und hohe Schadstoffemissionen“. In seiner Pressemitteilung fordert der Heimatpflegeverband Südtirol ein Umdenken mit konkreten Lösungsansätzen und der Forderung nach politischer Konsequenz. Vor allem, weil bereits Rechtsgrundlagen existieren. Landeshauptmann Arno Kompatscher bleibt beim Argument: Die Straßenverkehrsordnung bleibt das entscheidende Hindernis.

  • Grundlage gelegt, aber Maßnahmen bleiben aus

    Auch wenn die Politik zwar regelmäßig Handlungsbedarf erkennen würde, blieben konkrete Maßnahmen oft auch unbegründet aus, so der Verband: „Die geplante Einführung eines Online-Buchungssystems mit Tageskontingenten wurde im Frühjahr 2024 ohne Angabe von Gründen auf unbestimmte Zeit verschoben – obwohl die Grundlage zur Umsetzung längst gelegt war.“ Auch die Grödner Interessensgemeinschaft, bestehend aus den Bürgermeistern der drei Gemeinden St. Ulrich, St. Christina und Wolkenstein, den Präsidenten der Tourismusvereine sowie den Präsidenten des Liftverbundes und Mobilitätszentrums, prangert in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 07. Juli an, dass die Landespolitik in den letzten Jahren konsequent auf die Zuständigkeit Roms verwies, anstatt konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um das Verkehrsproblem zu lösen.

     

    Ein wichtiger Beitrag, um bis 2030 die europäischen Ziele zur Verringerung der klimaschädlichen Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu erreichen

     

    Dabei scheinen Konzepte wie das Protokoll zur Dolomiti Low Emission Zone (DLEZ) auf einem Schreibtisch liegen geblieben zu sein. Ein Dokument, welches bereits 2022 unter der Regierung Draghi vom ehemaligen Minister für Infrastrukturen und nachhaltige Mobilität Enrico Giovannini und vom ehemaligen Minister für technologische Innovation und digitalen Wandel Vittorio Colao unterzeichnet wurde. Darin sei ein gemeinsames Mobilitätsprojekt der Regionen Südtirol, Trentino, Belluno und Venetien enthalten, das auf den wichtigsten Dolomitenpässen wie dem Sellajoch, Grödner Joch, Campolongopass und Pordoijoch umgesetzt werden soll. Laut Giovannini: ein innovatives Instrument mit Ziel der Nachhaltigkeit, „um bis 2030 die europäischen Ziele zur Verringerung der klimaschädlichen Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu erreichen“.

     

    Wer Klimaschutz, Lebensqualität und alpine Erholung ernst meint, darf nicht länger zusehen. Es geht auch anders und es ist höchste Zeit dafür.

     

    Kernmaßnahmen sind ein Online-Buchungssystem mit einer begrenzten Tagesmenge für die Zufahrt, die Digitalisierung von Parkplätzen, der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes sowie autofreie Zonen in den Sommermonaten. Die praktische Umsetzung lässt allerdings noch auf sich warten. Der Heimatpflegeverband fordert die Landesregierung daher auf, „den Landtagsbeschluss vom 8. Mai 2025 umzusetzen und gesetzliche Voraussetzungen für eine wirksame Verkehrsreduktion zu schaffen. Dazu gehört zuerst die sofortige Umsetzung der „Dolomiti Low Emission Zone“ samt Online-Buchungspflicht.“ Die Südtiroler Parlamentarier werden dazu vom Verband aufgefordert, auch auf staatlicher Ebene aktiv zu werden.

    Zudem verweist der Heimatpflegeverband auf gesetzliche Instrumente, die sofort angewandt werden könnten, wie Artikel 11/bis des Landesgesetzes zur Luftreinhaltung, der ausdrücklich die Erhebung von Maut auf stark befahrenen Straßen erlaubt, so der Heimatpflegeverband: „Wer Klimaschutz, Lebensqualität und alpine Erholung ernst meint, darf nicht länger zusehen. Es geht auch anders und es ist höchste Zeit dafür.

  • Vorbilder aus dem Alpenraum

    In Österreich und Italien gibt es gute Beispiele dafür, dass Verkehrspolitik in den Alpen auch anders aussehen kann, so der Heimatpflegeverband: 

    • Der Bezirk Reutte in Tirol hat auf sechs Straßenabschnitten ein Fahrverbot für besonders laute Motorräder über 95 dB verhängt. 
    • Auf der Großglockner-Hochalpenstraße haben hohe Mautgebühren dazu geführt, dass heute nur noch halb so viele Fahrzeuge kursieren wie in den 1990er Jahren
    • Im Veltlin werden jährlich autofreie Rad- und Wandertage, Veranstaltungen
  • Doch das Problem sei nicht nur fehlende Regulierung, sondern auch das touristische Marketing spielt laut Heimatpflegeverband eine fragwürdige Rolle: „Eine Tourismuswerbung, die gezielt Motorrad- und Sportwagenfahrer anspricht, hat einen Trend begünstigt, der längst aus der Zeit gefallen ist.“ Insbesondere fallen hier lokale Autovermietungen, Touren-Anbieter und Luxushotels auf, die unter anderem Sportwagen, Motorräder und Oldtimer als Erlebnisprodukt anbieten, wie von SALTO an anderer Stelle bereits hervorgehoben wurde.

  • Die Politik muss handeln

    Der Heimatpflegeverband fordert klare Schritte: „Eine echte Verkehrsreduzierung braucht mutige Entscheidungen. Dazu zählen zeitliche Sperren für den motorisierten Individualverkehr während der Sommerhochsaison sowie Lärmschutzmaßnahmen nach Tiroler Vorbild, nicht nur bezogen auf das Standgeräusch, sondern auch auf das tatsächliche Fahrverhalten.“ Auch die Geschwindigkeit müsse gesenkt, die Überwachung verbessert und umfassendere gesetzliche Voraussetzungen für eine effektive Steuerung geschaffen werden.

     

    „Es ist eine sehr kleine Minderheit, die glauben, es ist was Schönes mit dem Porsche über die Passstraßen zu rauschen. Die große Mehrheit der Bevölkerung hat die Schnauze voll und wir wollen nicht länger untätig dastehen."

     

    Landeshauptmann Arno Kompatscher betont, dass die Straßenverkehrsordnung Italiens rechtlich stets den längeren Hebel bilde, der es den lokalen Körperschaften ermögliche, Konzepte wie die Dolomiti Low Emission Zone umzusetzen. Den Regionen und Provinzen werde es unmöglich gemacht, verkehrslenkende Maßnahmen, wie zeitliche Zufahrtsbeschränkungen, Typenbegrenzungen, Radaranlagen oder Mautregelungen selbstbestimmt zu verwirklichen. Kompatscher erklärt: „Südtirol hat bereits mehrfach auf nationaler Ebene gefordert, die Straßenverkehrsordnung (Art. 6) so zu ändern, dass Umwelt-, Natur- und Gesundheitsschutz zumindest in Schutzgebieten als legitime Grundlage für Verkehrsbeschränkungen gelten können.“ Das Dokument der Low Emission Zone sollte vor allem ein Beleg sein, dass Südtirol keine unverhältnismäßigen Maßnahmen, wie eine „Raubritter-Maut“ erheben will, sondern strukturierte und ausgewogene Lösungen mit zeitlichen und fahrzeugbezogenen Einschränkungen anstrebt. Ohne Totalverbote, wie diese von der italienischen Regierung befürchtet würden.

    Die Bevölkerung ist zunehmend frustriert und der Druck wächst. Kompatscher richtet daher einmal mehr die Forderung an Rom, die gesetzlichen Voraussetzungen zum Handeln endlich zu schaffen. Daher habe man auch die Gelegenheit des 200 Jahre Stilfserjoch Jubiläums genutzt, um ein klares Signal nach Rom zu senden: „Es ist eine sehr kleine Minderheit, die glauben, es ist was Schönes mit dem Porsche über die Passstraßen zu rauschen. Die große Mehrheit der Bevölkerung hat die Schnauze voll und wir wollen nicht länger untätig dastehen. Erlaubt uns endlich, etwas zu tun.“

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Herta Abram Di., 08.07.2025 - 17:33

Märchen als Lebenshilfe?
Das Märchen vom "Süßen Brei" der Brüder Grimm kann auf verschiedene psychologische Aspekte hin untersucht werden. Es thematisiert unter anderem die Bedeutung von Maßhalten, die Folgen von Gier und Überfluss, sowie die Kraft der Gemeinschaft und des Teilens.
Psychologische Interpretationen:
Maßhalten und Gier:
Das Märchen zeigt, wie eine unkontrollierte Gier nach mehr (in diesem Fall Prestige-Geld ) zu Chaos und Überforderung führen kann. Es mahnt zur Mäßigung und zur Erkenntnis, dass zu viel des Guten schädlich sein kann.

Überfluss und Verantwortung:
Der "süße Brei" kann als Symbol für Überfluss und Wohlstand interpretiert werden. Das Märchen stellt die Frage, wie man mit solch einem Überfluss verantwortungsvoll umgeht und welche Konsequenzen es hat, wenn man damit nicht umgehen kann.

Gemeinschaft und Teilen:
Das Märchen betont auch die Bedeutung von Gemeinschaft und dem Teilen von Ressourcen. Die Rettung aus der Breiflut gelingt erst, als das Mädchen den Topf zurückerobert und ihn mit den Worten "Töpfchen, steh!" wieder zum Stillstand bringt. Dies kann als Metapher für die Notwendigkeit gesehen werden, zusammenzuarbeiten und Verantwortung zu übernehmen, um eine Situation zu meistern.

Die Macht der Worte:
Die Zauberformel "Töpfchen, koch!" und "Töpfchen, steh!" unterstreichen die Kraft der Sprache und die Fähigkeit, durch Worte Einfluss auf die Realität zu nehmen. Dies kann im übertragenen Sinne auch auf die Macht der eigenen Gedanken und Einstellungen hinweisen.

Di., 08.07.2025 - 17:33 Permalink
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Salto User
hanso.sarntal@… Di., 08.07.2025 - 17:42

"Die Geister die ich rief, werde ich nicht mehr los. . . .!" Diese Land wird teilweise "vergewaltigt", wo sich einige Wenige damit bereichern und diese Spezis ihren Spaß daraus machen! Dieses Bewusstsein, dass dies, nicht mehr akzeptiert wird und diese Art von Tourismus nicht erwünscht ist, muss geschaffen werden. Minister Salvini mit seiner Einstellung, wird uns dabei wohl wenig nützlich sein!

Di., 08.07.2025 - 17:42 Permalink
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Christian I Di., 08.07.2025 - 21:42

Ich verstehe im Allgemeinen nicht wieso es überhaupt diese PS-starke und laute PKWs bzw. Motorräder geben soll!?? Nur weil man(n) ein Spass (auf Kosten anderer) haben will?? Nur weil es geil ist?? Nur weil man sich austoben will?? Nur weil man(n) seine "Männlichkeit" zeigen will?? Solche Maschinen sollten ganz einfach nicht existieren! Verboten! Punkt! Dann wäre es fertig mit Lärm, dann wäre es fertig mit Hobby-Rennfahrer, dann wäre auf ein mal unsere Heimat nicht mehr so interessant... und hier ist die Politik in Brüssel gefragt!! Sonst bleibt diese green deal Geschichte & Lebensqualität alles nur ein leeres bla bla bla!

Di., 08.07.2025 - 21:42 Permalink