
Landhaus im Kaufhaus
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„Ein Landesgebäude wird nicht alle Tage eröffnet“, meint die hocherfreute Moderatorin zu Beginn der Pressekonferenz. Und man möchte ihr flüsternd ins Ohr entgegnen: Zum Glück. Denn das Land hat wahrlich andere, durchaus wichtigere Baustellen als jene im WaltherPark. Stichwort: Schule und Bildung, Rechtsruck auf Regierungsebene, große Mängel in der Finanzierung des Sozialwesens, hohe Wohnungs- und Lebensmittelkosten und so weiter und so weiter.
Doch während die sozialen Ungerechtigkeiten im Land die Wogen hochgehen lassen und der Haussegen vielerorts schiefhängt, scheint der WaltherPark ein Ort der Ruhe und der Ordnung zu sein. Vor allem ein Ort für wöchentliche Pressekonferenzen. Wie auch heute.
Diese Rechnung ist mehr als aufgegangen
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Alles sauber?: "Im Rahmen des Verfahrens gab es eine Vereinbarung mit der Gemeinde Bozen, dass man die Immobilie, die im Landesbesitz ist, in die Ausschreibung hineinnehmen darf", sagt Arno Kompatscher. Foto: SALTO
Die geladenen Politiker, Geschäftsleute und Medienvertreter stehen zusammengepfercht an einem der vielen Eingangsdielen. Die Stimmung ist durchwachsen, denn vieles ist schiefgelaufen beim WaltherPark. Zu viel! Der lieblose Beton-Fahrraddschungel am Eisack, der Zulauf- oder Sackstollen zu den unterirdischen Parkkellern, der als Tunnel verkauft wird, das chaotische Bus- und Menschentreiben in der Südtiroler Straße, der eigentlich unnütz verkehrsberuhigte Boulevard der Bahnhofstraße und Vieles mehr.
Und was noch?
Die Pressekonferenz startet mit einem Audio-Fauxpas. Das Mikro will nicht ON bleiben, und so müssen die Redner und Rednerinnen ohne Verstärkung über das Landhaus im Kaufhaus sprechen.„Dies ist ein wunderschöner Moment für uns alle, aber vor allem für alle, die in diesen neuen Räumlichkeiten arbeiten können“, beginnt Landeshauptmann Arno Kompatscher schwärmerisch den Redereigen. Er spricht beim Tausch des alten Gebäudes mit dem Neubau von „mindestens demselben Wert“ und von „neu und schön zurückbekommen“. Er betont: „Diese Rechnung ist mehr als aufgegangen“ und dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler „hier ein Geschäft“ gemacht hätten. Der Landeshauptmann schließt mit der Feststellung: „Das ist für uns eine schöne Sache und vor allem für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“ Auf etwaige Fragen will der Landeshauptmann erst am Ende der Pressekonferenz antworten. Dann spricht Landesrat Christian Bianchi, der auflistet, welche Landesämter im WaltherPark Platz finden. Er spricht von Arbeitsplätzen und der Konzentration verschiedener Standorte und Bereiche. Es folgt eine Namensliste scheinbar wichtiger Beteiligter als Dankeschön.
Was will ein Kaufhausprojekt mehr?
Gute Miene zum bösen Spiel: Thibault Chavanat (WaltherPark) Christian Bianchi, Magdalena Amhof und Arno Kompatscher sprachen zu den "eingekauften" Stockwerken des Landes im WaltherPark. Foto: SALTOMagdalena Amhof spricht vom „symbolischen Neustart“ und berichtet von persönlichen Beobachtungen der letzten Wochen im neuen Gebäude: „Es hat sich unglaublich viel bewegt. Von frühmorgens bis spätabends haben wir hier Menschen auf der Baustelle gesehen – von unterschiedlichsten Gewerken – und es ist gewachsen. Jeden Tag. Und es ist gewachsen in einer unglaublichen Geschwindigkeit. Also wir waren zum Teil beeindruckt, dass von einem Moment auf den anderen was entstanden ist. Und das hat uns schon sehr gut gefallen, auch Teil dessen zu sein“, zeigt sie sich hocherfreut.
Nach den Lobeshymnen antwortet Kompatscher auch auf die einzige Journalistenfrage. Sie bezieht sich auf das Zusammenspiel von Land und Stadt mit dem Mann, der den größten Immobiliencrash Europas verursacht hat: René Benko. Denn nun werde so getan, als wäre das alles zum Vorteil der Steuerzahler. Aber wäre es zum großen WaltherPark überhaupt gekommen, wenn es kein Abkommen – wie eben diesen „Kuhhandel“ – mit dem Land gegeben hätte?
Kompatscher kontert und findet vor allem den Begriff „Kuhhandel“ als fehl am Platz. „Das war ein Verfahren der Gemeinde Bozen zur Requalifizierung eines Stadtviertels. Im Rahmen des Verfahrens gab es eine Vereinbarung mit der Gemeinde Bozen, dass man die Immobilie, die im Landesbesitz ist, in die Ausschreibung hineinnehmen darf. Es hat dann eine Ausschreibung gegeben und einen Wettbewerbsgewinner. Und mit dem Wettbewerbsgewinner sind gemäß der Ausschreibung der Gemeinde Bozen dann die Verträge gemacht worden.“ Dies könne alles überprüft und nachgerechnet werden, verteidigt sich Kompatscher. Das Wort Kuhhandel impliziere hingegen, „dass etwas schiefgelaufen“ sei.Die weit verbreitete Metapher Kuhhandel wird gerne – insbesondere von Politikerinnen und Politikern – für komplexe Verhandlungen oder aber undurchsichtige Transaktionen verwendet. Man habe ein „Geschäft“ gemacht, lautet der Grundtenor – und das klingt in den noch unfertigen Einkaufs- und Landeshallen vor allem nach einer gelungenen Schnäppchentour guter und cleverer Einkäufer. Was will ein Kaufhausprojekt mehr?
Insgesamt zwölf Einrichtungen der Landesverwaltung sind ins neue Gebäude in der Garibaldistraße 20 in Bozen übersiedelt, und zwar das Ressort Europa, Arbeit und Personal, die Landesagentur für die Gewerkschaftsbeziehungen, die Abteilung Innovation, Forschung, Universität und Museen, das Amt für Innovation und Technologie, das Amt für Wissenschaft und Forschung, das Amt für Museen und museale Forschung, die Abteilung Wirtschaftsentwicklung, das Amt für Handwerk und Gewerbegebiete, das Amt für Industrie und Gruben, das Amt für Handel und Dienstleistungen, das Amt für Landessprachen und Bürgerrechte, die Dienststelle für die Zwei- und Dreisprachigkeitsprüfungen sowie das Frauenbüro.
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Mich würde interessieren, in…
Mich würde interessieren, in welcher Sprache Kompatscher und Amhof ihre Rede gehalten haben. Bei Bianchi frage ich erst gar nicht, da ist es sonnenklar ...
Antwort auf Mich würde interessieren, in… von G. P.
In der Sprache des Geldes.
In der Sprache des Geldes.
Wenn der "Kuh-Handel"…
Wenn der "Kuh-Handel" wirklich Lupen-rein war, hätte man bei der Band-Durchschneidung auch die wichtigsten Zahlen (Gesamtfläche - Preis / m2 - Erlös / m2 für die alte Handelskammer usw.) bekannt geben können!
Waren auch die damaligen Landes-Räte, gleich wie die Bau-Kommision der Stadt BOZEN, nicht imstand die Pläne zu lesen, über die -s i e- entschieden haben?
Wo haben die neu "ein-Gezogenen" bisher ihre Tätigkeit, zum Wohl / Wehe der Bürger aus-geübt. Oder läuft es frei nach nach dem berühmten Arzt SAUERBRUCH, der einmal gesagt hat: "Ein Spital (Büro) funktioniert auch ohne Patienten!"
Wie passend! Genau da gehört…
Wie passend! Genau da gehört diese Landesregierung auch hin: ins Kaufhaus!
Dort kann sie das, was von Südtirol noch übrig ist, zu Ende verscherbeln!