Kultur | Bibliophile Fragen

„Das ist mir zu unromantisch“

Künstlerin Nora Pider wird am 6. Juni für das Projekt WATER WATER auf den Bozner Talferwiesen performen. Vorher hat sie schon mal die "immer gleichen Fragen" beantwortet.
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Foto: Victoria Herbig
  • SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten?

    Nora Pider: Alle Bücher von Christine Nöstlinger. Besonders die Geschichten vom Franz, da ich mich gut mit ihm und seinen Abenteuern identifizieren konnte, weil sie ihn so androgyn beschreibt. Oder vielleicht hatte ich auch nur einen Crush. Haha. Am liebsten mochte ich das Buch "Allerhand vom Franz". Der Franz ist, wie sein Name schon sagt, ein Junge und er ist sechs Jahre alt. Aber weil er blonde Ringellocken, einen Herzkirschenmund und rosarote Plusterbacken hat, wird er mindestens dreimal am Tag für ein kleines Mädchen gehalten. Das ist dem Franz sehr lästig.

    Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino?

    "Der Herr der Fliegen" von William Golding hat mir viele Gänsehaut-Momente beschert, und einer der letzten Sätze ist folgender: „Das Monster ist aber letztendlich in den Jungen selbst, es ist die Finsternis in des Menschen Herz." OMG.
     

    Am liebsten mag ich aber feministische Literatur

  • Im Fluss des Wassers lernen loszulassen: Nora Pider (IT/AT) aus Brixen ist Musikerin, Schauspielerin und Performerin. Sie studierte Tanz und Schauspiel an der Musik- und Kunst Privatuniversität (MUK) und an der Schauspielschule Krauss in Wien und gründete 2017 zusammen mit Julian Angerer das Popduo ANGER. Mit ihrer Kunst möchte sie immer in Bewegung bleiben, Grenzen verschieben und neue Sichtweisen finden. Foto: Victoria Herbig

    Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen?

    Wenn mich ein Buch nach den ersten 20-30 Seiten nicht überzeugt, lege ich es weg. Deshalb kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich habe mich noch nie durch ein Buch gequält. Wahrscheinlich sollte ich mir das abgewöhnen, um nichts zu verpassen…

    Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?

    Ich würde ihm den Song „Da Hofa“ von Wolfgang Ambros vorspielen.

    Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen?

    Ich nehme alle Buchtipps sehr ernst. Alle meine Freund*innen lesen sehr viel und wir tauschen regelmäßig Buchtipps aus. Am liebsten mag ich aber feministische Literatur, und diese Tipps hole ich mir meistens aus Podcasts oder Blogs von Personen, die ich toll finde.

    Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen?

    „12 Rules for Life“ von Jordan B. Peterson habe ich gelesen, weil es vor allem in Männerkreisen unglaublich gehyped wird. Aber seine Ansichten zu Gender, politischer Korrektheit, Gut und Böse etc. kann ich nicht teilen. Ich würde es auf der Insel zurücklassen und irgendwo vergraben.

    Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen?

    Ich bin Künstlerin. Ich habe noch nie und werde auch nie ein Buch mit einem E-Book-Reader lesen. Das ist mir zu unromantisch.

    Welches Buch zu Südtirol oder eines/einer Autors/Autorin aus Südtirol würden Sie unbedingt weiterempfehlen?

    Das Buch „Dürre Jahre“ von Helene Flöss hat mich sehr berührt und ich habe es schon oft weiterempfohlen. Sie beschreibt die Krankheit, die ich auf die jahrhundertelange Unterdrückung des weiblichen Körpers zurückführe, auf unbeschönigte und sehr wahrheitsgetreue Art und Weise.

  • WATER WATER

    ...ist eine mehrsprachige Text- und Musik-Performance für den öffentlichen Raum. Das Projekt bringt Künstler*innen diverser kultureller Backgrounds zusammen und lässt sie einen interdisziplinären Schaffensprozess zu einem gesellschaftlich hoch relevanten Thema durchlaufen. WATER WATER versteht sich als Zukunftsprojekt mit Blick auf die weltweit zunehmende Wasserknappheit. Auf der Bühne stehen die Performerinnen und Sängerinnen Nora Pider (IT/AT) und Sofia Jernberg (ETH/SE) zusammen mit dem Berliner Trio „Göttliche Skizzen“ unter der Leitung des Südtiroler Musikers Jonathan Delazer (IT/DE). Unbegrenzte Klang-Variationen des Wassers gestaltet am Modular Synthesizer der Wiener Komponist und Musiker Arthur Fussy (AT). Sie alle improvisieren auf der Basis von Texten zum Thema WASSER, die von den Südtiroler Autorinnen Sarah Meraner, Anna Maria Parteli, Greta Maria Pichler und Lena Simonetti verfasst wurden.

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