Film | SALTO Weekend

The Long and Winding Road

50 Jahre nach seinem ersten Release feiert der Dokumentarfilm „Let it be“ von Michael Lindsay-Hogg seine Rückkehr. Auf Disney+ gibt es die restaurierte Fassung zu sehen.
Titelbild Let it be
Foto: Disney
  • Als Let It Be 1970 in die Kinos kam, gab es die Beatles bereits nicht mehr. Sie hatten sich aufgelöst, ihr letztes, gleichnamiges Album war ebenfalls erst nach der Trennung erschienen. Der Film zeigte die Band bei der Arbeit an Let It Be, und wie sich die Mitglieder zwischenmenschlich bereits voneinander entfernten. Viel positives hatten sie über den Film nicht zu sagen – auch weil ihm vorgeworfen wurde, in den knapp 90 Minuten Laufzeit vieles auszulassen. Etwa den zwischenzeitlichen Fortgang von George Harrison, der sich von Paul McCartney bevormundet fühlte. Umgekehrt festigte sich über die Jahre hinweg der Eindruck, die Beatles hätten am Ende nur noch gestritten. Dass letzteres täuscht, bewies die sechsstündige Dokumentarfilmreihe Get Back von Peter Jackson. Darin montierte er das für Let It Be gedrehte Material neu, und wesentlich umfangreicher. Erstmals waren Aufnahmen der Band zu sehen, die ein neues, anderes Bild der damals vorherrschenden Stimmung zeichnen. Bei den Proben wurde sich nicht nur angefeindet, sondern viel gescherzt, geblödelt, konstruktiv gearbeitet. Aber ja, auch gestritten, fortgegangen, wiedergekehrt.

  • Der alte Film in neuem Glanz

    Peter Jackson hat sich im Anschluss an seine Arbeit Get Back an die Restaurierung des Originalfilms gesetzt. Der ist nun bei Disney+ erschienen und macht den Kinofilm von damals erstmals seit 50 Jahren wieder ohne Probleme zugänglich. An der Länge hat sich nichts getan, am Bild und am Ton aber schon. Das gelang mit ähnlichen Mitteln wie schon beim großen Bruder Get Back. Beim Ton half zusätzlich die Magie von KI. Und der Ton klingt fantastisch. Eine anständige Heimanlage vorausgesetzt glänzt er kristallklar und lässt auch die vielen Gespräche der vier Musiker sowie ihrer Mitstreiter wie frisch aufgenommen wirken. Überhaupt rückt die Restaurierung die Geschehnisse der damaligen Zeit in greifbare Nähe. Wenn im letzten Segment des Films das berühmte Konzert auf dem Dach der Apple-Studios stattfindet, sich unten auf der Straße neugierige, verwirrte, teils sogar verärgerte Londoner Bürger*innen sammeln, sind wir als Zuschauer*innen beinahe live dabei. Wir stehen zwischen der Band, vor und hinter ihnen, und wenn die Polizei irgendwann das Dach betritt, um den Beatles den Strom abzudrehen, kann man sich das Lachen, ähnlich wie Paul McCartney, kaum verkneifen.

  • Foto: Disney
  • Für wen sich der Film lohnt

    Hat man sich bereits die sechs Stunden von Get Back angesehen, wird man in Let It Be kaum etwas Neues sehen oder erfahren. Im Gegenteil werden erst jetzt die teils drastischen Auslassungen des Originalfilms deutlich. Es stellt sich also die Frage, für wen die restaurierte Fassung nun interessant ist. Sicher: Beatles-Fans werden einen Blick darauf werfen. Auch jene, die den Film früher im Kino gesehen haben, oder eine der seltenen Kopien in die Hände bekommen haben. Für alle anderen bietet der Film aber kaum einen Mehrwert, von den restaurierten Bildern und dem Ton einmal abgesehen. Peter Jackson hat auch darauf verzichtet, dem Film einen Kommentar hinzuzufügen. Paul McCartney oder Ringo Starr hätten etwa Kontext liefern können. Aber das ist vielleicht auch gar nicht nötig. Let It Be ist vielmehr ein Produkt seiner Release-Zeit. Einer Zeit, die von Streit und Zwist geprägt war, als die Beatles bereits auseinandergegangen waren und nichts voneinander wissen wollten. Als auch der Film zurechtgestutzt wurde und niemanden der vier Musiker zufriedenstellte. Peter Jackson nennt die Neuveröffentlichung das Ende einer „epischen Geschichte, die nach fünf Jahrzehnten endlich abgeschlossen ist“. Passender könnte man es nicht beschreiben, bleibt nur zu hoffen, dass dieser Teil der Beatles-Geschichte nun wirklich ruhen darf, oder, das Wortspiel sei verziehen: Lasst es sein.

  • (c) Disney