Politik | Streit

SVP im Kindergarten

Die Meraner SVP-Fraktion will jedes Mal, wenn der Grüne Kurt Duschek redet, den Gemeinderat aus Protest verlassen. Die Hintergründe einer absurden Geschichte

„Sie haben gehört, was meine Kollegen gesagt haben, dem ist nichts hinzuzufügen“, erklärte ein sichtlich erzürnter Günther Januth. Zuvor sagt Gerhard Hölzl einen Satz, der sich für den Fraktionssprecher einer Regierungspartei so anhört, als würde der Teufel das Weihwasser anpreisen. „Bevor Duschek diese Anzeige nicht zurückzieht, werden wir in Zukunft jedes mal den Saal verlassen, wenn er das Wort ergreift." 

Was sich am vergangenen Donnerstag Abend im Meraner Gemeinderat abgespielt hat, lässt sich wohl kaum mit der hochsommerlichen Hitze erklären. Schon eher mit der laufenden Fussball-Weltmeisterschaft in Brasilien.

Es war Christl Kury, die den Gemeinderatspräsidenten darauf aufmerksam machte, dass der Auszug der SVP-Fraktion vielleicht damit zusammenhänge, dass gerade Deutschland gegen die USA spielt. Dieser Erklärungsversuch brachten den Bürgermeister und seine Partei auf die Palme. Zuerst stimmte man einen grünen Antrag nieder und dann erklärte man der Ökopartei im Gemeinderat (fast) den Krieg.

Die Anzeige

Der Hintergrund der Meraner Protestaktion ist eine absurde Geschichte, die einiges über das Selbstverständnis der Volkspartei in der Passerstadt aussagen dürfte.

Die Hauptpersonen im Burggräfler Bauernschwank: Walter Schrott, Gemeinderat der SVP, und Kurt Duschek, Gemeinderat der Grünen. Duschek gelernter Radiomann und Blogger, schickt seit einiger Zeit allen Gemeinderäten seine Anfragen und Beschlussanträge vorab zu. Über Email an die im Gemeinderat angegebene Adresse.

„Anfragen oder Beschlussanträge werden von der Gemeinde außer in der Tagesordnung gar nicht veröffentlicht, ich denke, dass den Gemeinderäten diese Informationen durchaus nützlich sind“, begründet der grüne Gemeinderat diese Aktion.

Walter Schrott ärgert sich über diese Zusendung aber ganz besonders. Der SVP-Gemeinderat will dem Grünen Kollegen verbieten ihn weiterhin telematisch zu belästigen. Duscheks Antwort: „Sie brauchen die Mails ja nicht zu lesen, löschen Sie sie einfach“. Doch Schrott gibt sich damit nicht zufrieden. Er schreibt Duschek zurück: „Anscheinend wollen Sie nicht verstehen: Ich hoffe es handelt sich nicht um senile Demenz“.

Kurt Duschek zu salto.bz: „Für mich ist das eine Beleidigung, deshalb habe ich verlangt, dass sich Schrott bei mir entschuldigt“. Weil der SVP-Gemeinderat das aber nicht tut, macht Duschek ein Strafanzeige gegen Schrott. Vor einigen Tagen kommt es zur Schlichtungsverhandlung, die aber ohne Ergebnis endet.

Der SVP-Protest

Am vergangenen Donnerstag wird aus dem privaten Streit zweier Kommunalpolitiker dann plötzlich ein politischer Konflikt. Als Kurt Duschek im Gemeinderat einen Beschlussantrag vorstellt, stehen alle SVP-Gemeinderäte und -Stadträte auf und verlassen den Saal. Gleichzeitig kündigt man an, dass man das jedes mal so tun werde, wenn Duschek im Gemeinderat das Wort ergreift. SVP-Fraktionssprecher Hölzl versucht die Worte seines Ratskollegen Schrott gar umzudeuten: „Er hat Ihnen gewünscht, dass sie diese Krankheit nicht bekommen“.

Nachdem die SVP am Donnerstag eine Sitzungsunterbrechung verlangt hatte, versenkte man den grünen Antrag für mehr Transparenz ganz einfach. Indem sich die Regierungsmehrheit der Stimme enthält.

„Das ganze ist eine Schande“, entrüstet sich Duscheks Ratskollegin Christl Kury. Die Aktion mutet wirklich an als sei man im Kindergarten. Das sagt auch die Meraner PD-Politikerin Wanda Carbone während der Sitzung: „Das tun normalerweise die Kinder“. Sie sitzt seit 19 Jahren im Meraner Gemeinderat. "So etwas habe ich aber noch nie erlebt", sagt Carbone.

Dass eine Regierungspartei in der zweitgrößten Stadt Südtirols zu solchen Methoden greift, macht die Schwäche der Meraner Volkspartei deutlich.

Dass aber der Bürgermeister eine solche Politik auch noch offensiv verteidigt und unterstützt, zeigt dass es trotz Mandatsbeschränkung noch einigen Nachhilfe-Unterricht im Fach Demokratie in Südtirol bedarf.

Dabei gibt es einen einfachen Ausweg aus der Situation. „Walter Schrott soll sich im Gemeinderat für die zwei Worte entschuldigen, dann ziehe ich die Anzeige zurück“, sagt Kurt Duschek.

Dazu aber bedarf es Größe.