Postkarte aus Palästina (3): Pilger, mit und ohne Waffen

Dies ist die dritte einer kleinen Serie von Postkarten aus dem Land, in dem gerade Pessah und Ostern gefeiert wurde.
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Auch eine Art Pilger: bewaffnete Siedlerfamilien picknicken in römischen Ruinen, eskortiert von Soldaten.

Aber der Reihe nach: Hier im verlobten Land (aber mit wem?) ist derzeit zugleich Ostern (katholisch), Fastenzeit (griechisch-orthodox, armenisch), Pessah (jüdisch), gar nichts (islamisch), alles mögliche (atheistisch, agnostisch).

Man möchte meinen, dass die Vielfalt und die Ungleichzeitigkeit den Anspruch, allein selig zu machen, absurd erscheinen läßt. Doch nicht alle sind dafür empfänglich, und viele Pilger sind so beseelt von dem, was sie bepilgern, dass manch anderes ausgeblendet wird.

Es treten sich hier auf die Zehen: Orthodoxe Juden, die das Pilgerfest Pessah begehen, christliche Osterpilger, die Holzkreuze über die Via Dolorosa tragen, Touristenscharen, die ihrem Baedeker folgen, Einheimische, die ihren Geschäften nachgehen.

Mich faszinieren die Pilger, die einer Geschichte im Kopf folgend durch die Landschaft ziehen, und dabei die real existierenden Menschen, die vor ihnen stehen, einfach ausblenden.

Wie leicht ein Pilgerzug in einen Kreuzzug umschlagen kann, daran erinnern die Siedler, die von schwer bewaffneten Soldaten beschützt unschuldig anmutende Familienausflüge im Westjordanland unternehmen, mit Picknicks und historischen Referaten über die jüdische Geschichte des jeweiligen Ortes. Nur die schweren Waffen der willfährigen Eskorte erinnern daran, dass sie bei den real existierenden Palästinensern des Ortes nicht willkommen sind.