Strompreise im Wandel

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Strompreise im Wandel: Ein Schritt Richtung Energiemarkt der Zukunft
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Seit 1. Oktober 2025 gibt es am italienischen Strommarkt eine wichtige Neuerung: Der Preis an der Strombörse wird nicht mehr stündlich, sondern viertelstündlich berechnet. Damit setzt Italien eine europäische Vorgabe um. Doch was bedeutet das für Verbraucher, für die Energiewende und für die Stabilität unseres Stromnetzes? Das erklärt Michael Frei, Verantwortlicher Market Management bei Alperia.
Ab 1. Oktober 2025 ändert sich die Berechnung des Strompreises in Italien. Was genau passiert?
Bislang wurde der Börsenpreis stündlich festgelegt. Seit 1. Oktober 2025 geschieht das im 15-Minuten-Takt. Dies betrifft nicht nur Italien, sondern ganz Europa – auch Deutschland und Österreich haben umgestellt. Der Grund ist einfach: Erneuerbare Energien wie Sonne und Wind verändern ihre Einspeisung sehr schnell. Viertelstundenpreise bilden diese Schwankungen realistischer ab – und tragen so dazu bei, Angebot und Nachfrage besser ins Gleichgewicht zu bringen.
Warum braucht es diese Umstellung gerade jetzt?
Früher war die Stromproduktion relativ konstant. Kohle- oder Gaskraftwerke haben gleichmäßig produziert, und die Preisentwicklung innerhalb eines Tages damit konstanter: abends weniger, am Wochenende weniger. Deshalb gab es bisher auch die nach Zeitzonen, den „fasce“, gestaffelten Tarife. Heute, dank des fortschreitenden Ausbaus erneuerbarer Energiequellen, sieht das ganz anders aus: Scheint die Sonne oder weht der Wind stark, dann gibt es kurzfristig sehr viel Strom im Netz, der Preis fällt. Damit der Strommarkt darauf reagieren kann, braucht es feinere Intervalle. So können flexible Produzenten wie die Wasserkraft oder Biogas sowie Speicher eingreifen, und das Netz bleibt stabil. Das ist entscheidend für den Erfolg der Energiewende.
Welche Vorteile hat diese Änderung für die Verbraucher?
Für Haushalte mit durchschnittlichem Verbrauchsprofil ändert sich fast nichts – statistisch liegt der Unterschied bei etwa plus/minus ein Prozent, die sie preislich einsparen oder mehr zahlen. Wer aber flexibel ist und Geräte mit hohem Verbrauch verwendet, profitiert: Mit einem Elektroauto, einer Photovoltaikanlage mit smarter Batterie oder einer Wärmepumpe kann ich meinen Verbrauch gezielt in die günstigen Stunden verlagern. Dann sind Einsparungen von bis zu 15 oder gar 20 Prozent möglich. Wer zum Beispiel seine Wallbox so programmiert, dass das Auto in der Nacht oder mittags bei viel Sonnenstrom lädt, spart Geld.
Viele fragen sich: Wann genau ist Strom eigentlich am günstigsten?
Ganz grob gilt: Untertags, wenn viel Solarstrom eingespeist wird, sind die Preise niedrig. Das heißt vor allem zwischen 11 und 16 Uhr. Auch nachts ist Strom günstiger als in den Abendstunden. Abends, wenn viele Menschen gleichzeitig kochen, waschen, Licht einschalten oder ihr E-Auto laden wollen, steigt der Preis dagegen an. Für Kunden interessant sind deshalb smarte Einstellungen: Die Photovoltaik-Batterie füllt sich tagsüber und gibt abends Strom ab, die Klimaanlage springt schon um 16.00 Uhr an, statt erst um 18.00 Uhr, oder das Auto lädt eben nachts statt gleich nach Feierabend. Solche kleinen Verschiebungen können viel ausmachen.
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Ist das nur eine technische Anpassung oder steckt mehr dahinter?
Es geht um viel mehr: Die Viertelstundenpreise sind ein Schritt zu einem gemeinsamen europäischen Strommarkt. Einheitliche Zeitraster erleichtern den Stromhandel über Grenzen hinweg und stärken die Integration. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass erneuerbare Energien optimal genutzt werden können. Denn Sonne und Wind sind nicht steuerbar – aber mit flexiblen Preisen werden Anreize geschaffen, damit sich Verbrauch und Produktion besser ausgleichen. So bleibt das Netz stabil.
Und wie geht es nach 2025 weiter?
Der nächste Schritt wird sein, dass Italien sogenannte zonale Preise einführt. Heute gibt es einen einheitlichen Preis für das ganze Land, den PUN (Prezzo Unico Nazionale). In Zukunft werden sich die Preise stärker nach den regionalen Gegebenheiten richten: In Süditalien gibt es oft mehr Solarstrom, der nicht vollständig in den Norden transportiert werden kann. Mit zonalen Preisen würden sich energieintensive Betriebe eher dort ansiedeln, wo viel Erneuerbare produziert wird. Auch für Photovoltaikanlagen im Norden könnte das ein Vorteil sein, weil dort ein eigener Preis gelten würde, der sich die geringere Sonneneinstrahlung berücksichtigt und nicht mehr in Konkurrenz zu sonnenverwöhnteren Regionen steht. Es ist also eine Entwicklung, die in den nächsten Jahren noch viele Chancen für Verbraucher und Unternehmen eröffnen wird.
Was bedeutet das konkret für Südtirol?
Südtirol ist in einer sehr guten Position, weil wir schon früh flächendeckend moderne 2G-Stromzähler, die so genannten Smart Meter, eingeführt haben. Damit können wir den Verbrauch exakt viertelstündlich messen und abrechnen. Diese technische Basis macht es möglich, die Vorteile direkt an unsere Kunden weiterzugeben. Für viele Haushalte ändert sich nicht viel – aber wer Photovoltaik, eine Wärmepumpe oder ein E-Auto hat, kann die Neuerungen richtig nutzen. Das zeigt auch: Die Energiewende ist kein abstraktes Thema, sondern betrifft unseren Alltag ganz konkret. Und je mehr wir alle aktiv mitgestalten, desto stabiler, nachhaltiger und auch günstiger wird unser Energiesystem.
Damit steht fest: Für alle, die ihren Stromverbrauch flexibel steuern können, eröffnen sich mit der Umstellung auf Viertelstundenpreise neue Möglichkeiten, Geld zu sparen und gleichzeitig das Stromnetz zu stabilisieren. Die Neuerung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Energiewende und europäische Integration – denn einheitliche 15-Minuten-Zeitraster sind die Grundlage für einen gemeinsamen europäischen Strommarkt.
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