Wirtschaft | Spritzmittel

Bayers Einsicht

800 Südtiroler Weinbauern erhalten millionenschweren Schadenersatz vom Chemiekonzern Bayer. Ein Präzedenzfall auch für die Bio-Landwirtschaft?
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Foto: bayer

Die Nachricht hat für das Tagblatt der Südtiroler Aufmacherqualitäten: „Das fatale Spritzmittel: Jetzt erhalten Bauern Entschädigung“, ist heute groß auf der Titelseite der Dolomiten zu lesen. Anlass dafür sind die Entschädigungszahlungen, auf die sich Südtirols Weinbauern wegen der Ernteausfälle durch das Botrytismittel „Luna Privilege“ mit dem Chemiekonzerns Bayer geeinigt haben. Bis zu 20.000 Euro erhalten einzelne Weinbauern für die Wachtsums- und Bildungsschäden, die infolge der Behandlung mit „Luna Privilege“ auf über 1000 Parzellen in Südtirols Weinwirtschaft auftraten. Insgesamt entschädigt Bayer die Weinbauern mit über zwei Millionen Euro für die Schäden, die bei den am schlimmsten betroffenen Betrieben durch Ernteausfälle von bis zu 80 Prozent entstanden.

Ein klares Schuldeingeständnis der Multinationalen, die bereits seit dem vergangenen Jahr auch in anderen Weinbaugebieten kräftig zur Kasse gebeten wird. Hat er auch Bedeutung für den schwelenden Konflikt um Schäden durch Spritzmittel, die Biobauern durch die konventionelle bzw. integrierte Landwirtschaft entstehen? „Ich sehe hier keine direkte Verbindung“, sagt der Obmann von Bioland Südtirol Michael Oberhollenzer. „In diesem Fall geht es um die nachgewiesene Fehlwirkung eines Mittels, das von der Bio-Landwirtschaft von Beginn an sehr kritisch gesehen wurde und zum Glück wieder schneller vom Markt verschwunden ist als wir alles es uns vorstellen konnten.“ Nichtsdestotrotz demonstriert das „Luna Privilege“-Fiasko laut dem Bioland-Obmann, dass Marktfähigkeitsprüfungen offenbar relativ schnell und oftmals auch nicht unter praktischen Bedingungen erfolgen. „Ich denke, bei der Geschichte hat sogar Bayer einiges gelernt“, sagt Oberhollenzer.

Offene Türen

Einsicht, dass Markt immer stärker für Nachhaltigkeit und biologische  Produktion empfänglich ist, gibt es laut Michael Oberhollenzer aber auch in Südtirols Bauernschaft. „Sei es in der Obstwirtschaft oder in Viehwirtschaft – derzeit passieren Dinge, die wir uns vor fünf Jahren noch nicht einmal zu träumen wagten“ sagt er. Sowohl die Verbänden und Interesssensvertretungen als auch immer mehr einzelne Bauern würden derzeit massiv auf Bio aufhüpfen. „Man kann sagen, die Zeiten sind so gut wie nie – auch wenn wir nun darauf achten sollten, dass man bewährte Spielregeln nicht verwässert.“ Viel zu verhalten sind Oberhollenzer noch die politischen Antworten auf den aktuellen Trend. „Ein wichtiges politisches Signal von Seiten des Landes und der Handelskammer wäre es nun, den Markt für Bioäpfel und Biomilch entsprechend zu bearbeiten“, meint er. Nur so könne Bio-Bauern auch die Angst genommen werden, dass ihr Markt jetzt auch überschwemmt wird, und garantiert werden, dass morgen tatsächlich ein Markt für größere Mengen vorhanden ist.