Politik | Fall Zerzer

Kritik an Zerzer als Abteilungschef

Die geplante Ernennung von Florian Zerzer zum Direktor der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung sorgt für heftige Kritik. Fachvertreter fordern Transparenz und vermissen bei der Personalentscheidung die notwendige technische Kompetenz.
Zerzer
Foto: RAI Südtirol
  • Die geplante Ernennung von Florian Zerzer zum Direktor der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung, die am kommenden Dienstag auf der Tagesordnung der Landesregierung steht, sorgt für scharfe Kritik aus Fachkreisen. Architekten, Geometer und Ingenieure zeigen sich über die Entscheidung verwundert und fordern eine fachlich begründete Erklärung für die Abberufung der bisherigen Direktorin Virna Bussadori.

    „Diese Entscheidung ist für uns sehr erstaunlich“, sagt Wolfgang Thaler, Präsident der Architektenkammer. „Für uns als technische Berufskammern ist es wichtig, dass in dieser Abteilung eine Fachperson mit Erfahrung in Raum- und Landschaftsplanung tätig ist.“ 

     

    „Diese Entscheidung ist für uns sehr erstaunlich.“ 

     

    Die Fachverbände treffen sich monatlich mit der Abteilung und dem Gemeindenverband, um das Landesgesetz Raum und Landschaft zu begleiten. Thaler betont: „Es geht uns nicht um eine bestimmte Person, sondern darum, dass eine qualifizierte Fachkraft diese Schlüsselstelle besetzt. In allen anderen technischen Abteilungen sind solche Positionen stets mit Technikern besetzt. Dass hier plötzlich jemand aus einem ganz anderen Sektor kommt, ist überraschend.“ Zwar handle es sich um eine politische Entscheidung, doch eine technische Qualifikation sei in diesem Bereich unverzichtbar, so Thaler.

  • Virna Bussadori: Die Direktorin der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung ist für ihre Kompetenz bekannt. Foto: LPA/Silvia Fabbi
  • Fachkenntnisse gefordert

    Auch Gert Fischnaller, Präsident des Kollegiums der Geometer der Provinz Bozen, betont die Notwendigkeit von Fachkenntnis: „Für uns ist es notwendig, dass wir an höchster Stelle Ansprechpartner haben, die wissen, worum es konkret geht.“ Ressortdirektoren seien grundsätzlich das Bindeglied zwischen Politik und Fachabteilungen, so Fischnaller. Anders für Abteilungdirektoren: „Wir brauchen hier unbedingt fachkundige Personen, die sich in der Materie auskennen und auch in der Lage sind, Normen weiterzuentwickeln oder zu verbessern. Nur so kann eine einheitliche und sachlich korrekte Umsetzung von Regeln gewährleistet werden, um keine Einzelfalllösungen zu begünstigen, die vielleicht auch Vetternwirtschaft in dem Sinne begünstigen.“

     

    „Die Gründe für die Entfernung von Frau Bussadori sind für uns nicht nachvollziehbar.“ 

     

    Die Absetzung der bisherigen Direktorin stößt ebenfalls auf Unverständnis. „Die Gründe für die Entfernung von Frau Bussadori sind für uns nicht nachvollziehbar – dazu muss man wirklich die Politik befragen“, sagt Fischnaller. „Es kann sein, dass sich die Betroffenen sehr oft direkt an die Politik gewandt haben, um eine individuelle Lösung zu finden. Das stand möglicherweise im Kontrast zur Orientierung der Raumordnung an sich.“

  • Die Meinung der Berufsverbände

    Claudio Sartori, Präsident der Ingenieurkammer und Vorsitzender des ständigen Ausschusses der Berufsverbände (CUP) Südtirols, äußert sich noch deutlicher: „So etwas ist noch nie passiert. An der Spitze dieser Abteilung stand immer eine technisch-ausgebildete Person. Was weiß ein Informatiker von Raumordnung?“ Als Sprecher von 19.500 Berufsangehörigen – von Architekten über Rechtsanwälte bis zu Ärzten – fordert er Klarheit und Verantwortungsbewusstsein: „Was wir den Bürgerinnen und Bürgern vermitteln wollen, ist: Es braucht die richtige Person am richtigen Platz. Fachkompetenz ist unerlässlich, um unser gemeinsames Gut – das Territorium – zu schützen. Und wer das Gemeinwohl schützt, schützt die Gesellschaft.“

    Die Unterstützung für Virna Bussadori ist unter den Berufsvertretern eindeutig. „Man findet hier niemanden mit ihren Kompetenzen“, sagt Sartori. Auch Thaler unterstreicht ihre Bedeutung: „Sie hat ein sehr großes Fachwissen und ist in dieser Abteilung gewachsen. Gerade jetzt, wo die Gemeindeentwicklungsprogramme und -pläne erarbeitet werden, wäre Kontinuität wichtig. Es wäre schade, wenn das vorhandene Wissen verloren ginge.“

     

    „Fachkompetenz ist unerlässlich, um unser gemeinsames Gut zu schützen.“ 

     

    Vor der endgültigen Entscheidung der Landesregierung am Dienstag fordern die Berufsverbände nun Aufklärung. „Was sind die Beweggründe, um hier Personen zur Diskussion zu stellen, die aus einem ganz anderen Sektor kommen?“, fragt Thaler. Fischnaller verlangt einen transparenten Entscheidungsprozess: „Wir möchten eine sachlich und qualitativ begründete Stellungnahme, die auch Gewähr dafür bietet, dass die Regeln weiterhin korrekt und im Sinne der gesamten Bevölkerung angewendet werden.“ 

  • Kritik aus der Opposition

    Auch Team K, Grüne und der Freie Landtagsabgeordnete Andreas Leiter Reber zeigen sich auf Facebook verwundert über die angekündigte Ernennung von Zerzer. „Kompetenz zählt nicht mehr, im Gegenteil, die gradlinige und unabhängige Technikerin war lästig“, kommentiert Team K-Chef Paul Köllensperger.

    Die Grüne Landtagsabgeordnete Madeleine Rohrer erinnert daran, dass die Landesregierung sich im Koalitionsprogramm verpflichtet hat, dass das Gremium „weitestgehend mit externen Experten und Expertinnen besetzt“ werden soll. „Bald wird es nicht mehr nötig sein, dass sich diese Landesregierung über ihre Beamten und amtliche Gutachten hinwegsetzt: Jede sachliche Kritik wird einfach wegreformiert – und mögliche Kritikerinnen und Kritiker einfach abgesetzt“, so Rohrer.

    Leiter Reber gibt der Kritik der Fachleute recht: „In der Raumordnung treffen verschiedenste Interessen aufeinander.“ Umso wichtiger sei eine parteiunabhängige, kompetente Person an der Spitze eines solchen Amtes, die dafür sorge, dass transparente und gesetzeskonforme Entscheidungen getroffen werden. Oft genug sei in den vergangenen Jahrzehnten bei Genehmigungen das Gegenteil bewiesen worden, weil es sich um einen „Günstling“ der SVP gehandelt habe, so der Oppositionspolitiker. 

    „Wir sind schon gespannt, was sich dann am Dienstag herausstellen wird,” meint Thaler von der Architektenkammer.