Gesellschaft | Sozialdienste
Fahrlässiges Schweigen

Foto: upi
Sie sind es gewohnt beruflich mit Härtefällen umzugehen.
Es gibt aber auch Situationen, in denen die Betreuer aus den Sozial- und Sanitätsdiensten an ihre Grenzen stoßen und maßlos überfordert sind. Vor allem dann, wenn sie durch schlampiges und fahrlässiges Verhalten von Seiten ihrer vorgesetzten Dienste in unzumutbare Situationen gebracht werden. Plötzlich wird einem das eigene Leben zur Hölle gemacht und selbst vom eigenen Arbeitgeber kommt kaum Rückendeckung.
Genau das ist Patrizia R* passiert. R. ist Sozialbetreuerin bei den Bozner Sozialdiensten und sie hat in den vergangenen Jahren eine unglaubliche Geschichte am eigenen Leib erlebt und erlitten.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der mehrmals vorbestrafte Franco M., der seit über 30 Jahren immer wieder als Stalker jungen Frauen das Leben zur Hölle macht. Patrizia R. ist nur das letzte Opfer in einer ganzen Reihe solcher tragischer und dramatischer Fälle.
Franco M. wurde inzwischen für die Tat in zwei Instanzen verurteilt und er befindet sich in einer psychiatrischen Wohngemeinschaft außerhalb Südtirols. Seine Geschichte ist aber ein Musterbeispiel, wie hilflos unsere Gesellschaft in solchen Fällen ist, und dass oft mehr den Tätern geholfen wird als den Opfern.
Aber die Geschichte ist auch ein Beispiel für gravierende Systemfehler im Südtiroler Sanitäts- und Sozialwesen. Denn Patrizias Leidensweg gründet auch im fahrlässigen Umgang mit der Überstellung von Patienten und der Nichtweitergabe wichtiger Informationen zwischen den öffentlichen Betreuungsdiensten. Im Zentrum der Affäre steht dabei auch der psychiatrische Dienst der Sanitätseinheit Bozen und dessen Primar Andreas Conca.
Die Geschichte von Franco M. ist deshalb auch symptomatisch für gefährliche Missstände im Südtiroler Gesundheits- und Sozialwesen.
Der Täter
Franco M. ist heute 63 Jahre alt. Der Bozner ist seit über vier Jahrzehnten sowohl den psychiatrischen und sozialen Diensten als auch den Behörden bekannt. M. kann auf eine lange und zweifelhafte „Karriere“ zurückblicken.
Weil die ersten Anzeichen einer psychiatrischen Persönlichkeitsstörung bereits im Schulalter auftreten, verlässt M. die Mittelschule ohne Abschluss. Wer mit dem kleingewachsenen Mann aber zu tun hatte – wie der Autor dieser Zeilen – schildert ihn als intelligent, redegewandt und vor allem als schlau. M. selbst gibt in Gesprächen auch immer wieder an, Akademiker zu sein und ein abgeschlossenes Hochschulstudium zu besitzen. Man glaubt es ihm durchaus.
Bereits im Jugendalter wird er nach Angriffen auf seine Mutter oder auch, weil er die Wohnungseinrichtung in der Wohnung der Mutter zerstört, in die Psychiatrie eingewiesen. Man attestiert M. eine Persönlichkeitsstörung. Bereits mehrmals verurteilt, eskaliert das Mutter-Sohn-Verhältnis im Jänner 1993. Der damals 36jährige M. bedroht die Mutter mit einem Messer. Er wird verhaftet und einer Zwangseinweisung in die Psychiatrie (Trattamento sanitario obbligatorio – TSO) unterzogen. Als Auflage für seine Entlassung wird er der Aufsicht des „Zentrums für psychische Gesundheit“ der Sanitätseinheit unterstellt.
Aus den Akten geht dabei eindeutig hervor, dass M. seine psychische Krankheit bis heute nicht anerkennt und sich lange jeder pharmakologischen Behandlung bewusst widersetzt hat.
Die Sozialdienste
Weil sich die Mutter nicht in der Lage sieht, ihren Sohn weiterhin bei sich in der Wohnung zu behalten und Franco M. arbeitslos ist, wird er schon bald den Sozialdiensten überstellt. Jahrelang nimmt sich ein Bozner Priester seines Falles an. M. kann bei ihm wohnen und er vermittelt ihm auch Arbeit.
In diesen Jahren fällt M. immer wieder durch Straftaten gegen Personen auf. So stellt er monatelange der Tochter einer bekannten Familie nach. Er macht Drohanrufe oder stößt öffentlich wilde Drohungen und Verfluchungen aus. In der Bozner Quästur wird M. als „sozial gefährlich“ geführt. Systematisch entzieht sich dabei der Patient der Behandlung im Zentrum für psychische Gesundheit.
Weil sich die Situation kaum bessert und auch der Bozner Pfarrer an seine Grenzen kommt, wird M. schließlich an den Sozialdienst Salten-Schlern überstellt. Der Hintergrund: M. soll aus der Stadt Bozen wegkommen. Der Sozialdienst bezahlt M. ein Zimmer in einer Pension am Ritten, und er arbeitet in einer Sozialgenossenschaft. Anfänglich geht das Arrangement auch gut, doch dann kommt es zur Katastrophe.
Rittner Vorgeschichte
M. begegnet bei seiner täglichen Fahrt zur Arbeit nach Bozen einer jungen Frau. Der schüchterne Mann beginnt schnell, Interesse für das Mädchen zu entwickeln. Monate später liegt eine Anzeige gegen ihn vor, und die Carabinieri geben ihm einen sogenannten „Foglio di via“, eine Verfügung, die besagt, dass er umgehend die Gemeinde Ritten verlassen muss.
Anfang Juni 2000 wird M. zusammen mit dem Sozialarbeiter, der ihn betreut, in der Redaktion der „Tageszeitung“ vorstellig. Der Mann tischt dem Autor dieser Zeilen eine rührselige Geschichte auf.
Nach seiner Version, die vom Sozialarbeiter und M´s Anwältin gestützt wird, wurde er völlig zu Unrecht aus der Gemeinde Ritten verwiesen. Er habe einem Mädchen drei Briefe geschrieben und daraus habe man eine Belästigung konstruiert.
M. gibt sich bewusst als „armer Teufel“ aus und was er sagt, klingt durchaus glaubwürdig.
Nachdem der Autor dieser Zeilen einen entsprechenden Artikel veröffentlicht, werden wenig später das Opfer und seine Mutter, begleitet von einem hohen Polizeibeamten, in der Redaktion vorstellig. Es wird schnell klar, dass der Unterfertige eine völlig falsche Darstellung veröffentlicht hatte, in der er das Opfer zum Täter und den Täter zum Opfer gemacht hatte.
M. holte auch bei Nachbarn oder im Dorf telefonisch Informationen über die Frau und auch über ihren Freund ein. Dabei gab er sich abwechselnd als Carabinieri oder als Beamter des Jugendamtes aus. Damit aber nicht genug. Eines Tages fuhr vor dem Haus der Familie das Weiße Kreuz mit Blaulicht und Sirene vor, läutete an der Wohnungstür und fragte die verdutzte junge Frau, wo der Schwerverletzte sei. Bei der Nachfrage in der Notrufzentrale stellte sich heraus, dass ein telefonischer Notruf eingegangen war und einen Notfall gemeldet hat. Der Anrufer hat sich mit dem Namen Franco M. gemeldet.
Routinemäßig werden bei Notfällen auch die Carabinieri verständigt. Deshalb fuhren wenig später die Carabinieri von Jenesien vor. Am nächsten Tag erkundigte sich ein anonymer Anrufer bei den Nachbarn der Familie, ob es einen Familienstreit gegeben hätte. Der Anrufer war wieder M.
Der Autor dieser Zeilen stellt in einem weiteren Artikel nicht nur die gesamte Geschichte richtig, er entschuldigt sich auch öffentlich bei der jungen Frau und ihrer Familie für diesen unverzeihlichen Fehler.
Der Stalker
Viele Jahre später erzählt die junge Frau ihre gesamte Leidensgeschichte einer Autorin. Das Buch (Ulrike Mahlknecht: „Der Stalker im Nacken. Belästigt, bedroht, verfolgt“, Athesia 2011) ist eine Schilderung, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Legt es doch offen, mit welcher Systematik und kriminellen Energie Franco M. das Leben und die Gesundheit einer jungen Frau zerstört hat.
Im Frühjahr 2002 kommt es vor dem Bozner Landesgericht zum Prozess gegen Franco M. Weil das sogenannte „Stalking“-Gesetz in Italien erst sieben Jahre später in Kraft tritt und M. den Weg der Strafzumessung (patteggamento) wählt, ist die Strafe lächerlich. Drei Monate bedingt im Hausarrest und eine Geldstrafe von 600 Euro.
Franco M. hat längst eine Bleibe in einem neuen Dorf bei Bozen gefunden. Er wohnt auf Kostenbeteiligung des Sozialdienstes Salten-Schlern in einer Pension in Jenesien. Dort sitzt er dann auch seinen Hausarrest ab. Nach Informationen von Salto.bz kommt es sogar während des damals laufenden Prozesses in Jenesien zu einem weiteren Stalking-Fall an einer jungen Frau.
2011 erhält der verurteilte Stalker dann eine Sozialwohnung in Bozen. Aus Kompetenzgründen gibt der Sozialdienst Salten-Schlern Franco M. damit an die Sozialdienste der Stadt Bozen ab. Die Übergabe erfolgt zusammen mit dem Psychiatrischen Dienst des Sanitätsbetriebes Bozen, der in all diesen Jahren für den Patienten M. zuständig ist.
M. wird einem dreiköpfigen Team zugewiesen, das die Hausbetreuung der Sozialfälle übernimmt. Es sind zwei Erzieher und die Sozialbetreuerin Patrizia R.*, die sich in den nächsten Jahren um den Mann kümmern werden.
Doch bei der Übergabe passiert das Unvorstellbare. Es werden zwar die medizinischen und speziell psychiatrischen Pathologien erläutert, doch weder das Zentrum für psychische Gesundheit, noch die Sprengelarbeiter der Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern, machen sich die Mühe, die neuen Betreuer über die Vorgeschichte des Franco M. zu unterrichten.
„Wenn man von Anfang an informiert ist, dann lässt man in solchen Fällen keine Frau in seine Nähe“, erklärt ein Sozialbetreuer, der von Salto.bz. mit dem konkreten Fall konfrontiert wurde.
Es gibt eigentlich eine im Protokoll festgelegte Vorgangsweise dafür. Doch dieses wird hier nicht abgewandt.
Die Polizei greift ein.
Doch so beginnt das, was absolut vorhersehbar war. Anfänglich geht es noch gut. Dann aber fixiert sich Franco M auf Patrizia R*, die ihn betreut.
2015 beginnt M., die Sozialbetreuerin zu stalken. Es wiederholt sich das, was bereits in den Jahren zuvor passiert war. Er schreibt Briefe, macht anonyme Anrufe im Büro und ruft mitten in der Nacht auf ihrem Diensthandy an. Als er erfährt, wo R. wohnt, beginnt er, sie und ihre Familie zu beschatten. Vor allem aber macht er immer wieder heimlich Fotos. Als die Polizei Monate später seine Wohnung durchsucht, finden sie eine riesige Collage mit Dutzenden perversen Fotomontagen der Betreuerin.
Weil Franco M. immer unverschämter wird, sich immer öfters vor der Wohnung von Patrizia R. herumtreibt und sogar ihre Kinder bedroht, zieht das Betreuerteam nach eineinhalb Jahren die Reißleine. Nach Dutzenden Aussprachen, Sitzungen und Supervisionen legen sie in Absprache mit dem Zentrum für psychische Gesundheit den Fall im Oktober 2016 nieder.
Weil sie Angst um ihre und die Unversehrtheit ihrer Familie hat, macht Patrizia R im Oktober 2016 in der Quästur eine Anzeige gegen Franco M. wegen Bedrohung und Stalking. Die Anzeige ist mit Briefen und Aussagen der Arbeitskollegen dokumentiert. Wenig später wird M. in die Quästur vorgeladen und ihm ein Dekret überreicht, das es ihm untersagt, mit seiner ehemaligen Betreuerin Kontakt aufzunehmen oder sich ihr zu nähern.
Franco M. schert sich nicht darum. Er wird sogar noch aufdringlicher. Im November 2016 greift die Polizei ein, als M. die Frau in einem Bozner Supermarkt angeht. Trotz der polizeilichen Verwarnung stellt der Mann der Sozialbetreuerin weitere zwei Jahre lang immer wieder nach. Im März 2017 wird M. deshalb auch verhaftet und wenig später in den Hausarrest überstellt.
Aus den Gerichtsakten geht klar hervor, wie sehr er Patrizia R. das Leben zur Hölle gemacht hat.
Die Verurteilung
Franco M. wird im Mai 2018 vom Landesgericht Bozen obwohl Wiederholungstäter nur zu vier Monaten Haft verurteilt, die er in einer psychiatrischen Wohngemeinschaft in Arco absitzen muss. Weil M.´s Verteidiger Domenico Laratta auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert, ordnet das Gericht ein psychiatrisches Gutachten an. Das Ergebnis ist eindeutig: Franco M. weiß genau, was er tut, und er ist schuldfähig.
Im Verfahren sagt auch die Psychiaterin aus, die den Patienten in Arco betreut. Sie erklärt, dass Franco M., sollte er aus der geschützten Struktur entlassen werden, sich mit Sicherheit wieder an Patrizia R. heranmachen werde.
R.´s Anwalt Francesco Coran erreicht mit viel Mühe vor Gericht, dass Franco M. auch nach den vorgeschriebenen vier Monaten in der betreuten Wohngemeinschaft in Arco blieben muss, da er immer noch als gefährlich eingestuft wird. M.´s Verteidiger Laratta reicht Berufung gegen das Urteil ein und er verlangt in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht ein weiteres psychiatrisches Gutachten, das feststellen soll, das Franco M. nicht mehr „sozial gefährlich sei“. Doch das im März 2019 vorlegte Gutachten kommt zum gegenteiligen Schluss. Das Oberlandesgericht bestätigt im Juli 2019 die Verurteilung. Inzwischen hat Anwalt Laratta auch gegen diesen Schuldspruch am Kassationsgerichtshof berufen.
Vieles spricht dafür, dass die Verurteilung Franco M.´s auch vom Höchstgericht bestätigt wird. Doch damit ist der Fall noch nicht abgeschlossen.
Denn inzwischen hat sich eine neue Front vor Gericht aufgetan.
Die Rolle des Primars
Es ist von Anfang an klar, dass bei der Übergabe des Patienten Franco M. an den Sozialdienst Bozen äußerst fahrlässig gehandelt wurde. Hätte man der neuen Equipe mitgeteilt, dass M. als Stalker vorbestraft ist, wäre ihm keine weibliche Betreuerin zugeteilt worden. Doch genau das geschah nicht.
Patrizia R. und ihre Kollegen wollen das nicht so auf sich sitzen lassen. Sie thematisieren die Problematik mit ihren Vorgesetzten und verlangen eine formale Klärung. Am 24. Oktober 2017 schreiben die Direktorin des Sozialsprengels Haslach, Daniela Qualtieri, und der stellvertretende Amtdirektor der territorialen Dienste Alexej Paoli deshalb einen Brief an den Primar der Psychiatrischen Dienste Andreas Conca und den Verantwortlichen des Zentrums für Psychische Gesundheit. Das Anliegen: Man soll in Zukunft dem Sozialdienst solche wichtigen Informationen nicht vorenthalten.
„Diese Forderung gründet in einem schwerwiegenden Fall von Stalking, dem eine Kollegin ausgesetzt ist“, heißt es in dem Schreiben. In einer Aussprache – an der Primar Andreas Conca nicht teilnimmt – war bereits vorher der Anlassfall Franco M. klar thematisiert worden.
„Diese Forderung gründet in einem schwerwiegenden Fall von Stalking, dem eine Kollegin ausgesetzt ist“, heißt es in dem Schreiben. In einer Aussprache – an der Primar Andreas Conca nicht teilnimmt – war bereits vorher der Anlassfall Franco M. klar thematisiert worden.
Andreas Conca antwortet zwei Tage später mit einer lapidaren, zehn Zeilen langen Mail. Der Tenor: Der Psychiatrische Dienst hätte bei der Übergabe von Franco M. alle Regeln befolgt. Der Dienst wie auch das Zentrum für psychische Gesundheit hätten selbst die entsprechenden Informationen nicht gehabt. „Ich möchte unterstreichen, dass es in diesem spezifischen Fall - wie wir auch mehrmals schon in Aussprachen erklärtet habe - keinerlei Unterschlagung von Informationen gegeben hat“, schiebt Conca in dem Schreiben jede Verantwortung von sich.
Diese Antwort bringt das Fass zum Überlaufen.
Bereits ein Jahr zuvor hatten Mitarbeiter des Zentrums für psychische Gesundheit zugeben müssen, dass der Dienst alle Informationen über Franco M. bereits vor der Übergabe hatte. Man sei aber davon ausgegangen, dass die zuweisende Equipe des Zentrums für psychische Gesundheit und der Sozialdienst Salten-Schlern diese Informationen an die Bozner Kollegen weitergegeben haben. Umgekehrt meinten die Mitarbeiter des Sozialdienstes Salten-Schlern, das Zentrum würde die Bozner Kollegen informieren.
In Wirklichkeit liegen aber alle Dokumente über die Gefährlichkeit des Franco M. in seiner Personalakte, die seit vielen Jahren im Archiv des Psychiatrischen Dienstes liegt. So sind zum Zeitpunkt der Übergabe sogar Kopien der Tageszeitungs-Artikel enthalten.
Die Aussage von Andreas Conca, dass der Psychiatrische Dienst von der Vergangenheit des Patienten nichts wusste, wird damit eindeutig widerlegt. Man geht von einer Falschaussage aus.
Patrizia R. wendet sich schließlich an den Anwalt Francesco Coran. Coran ersucht Primar Conca um eine Stellungnahme. Ohne Erfolg.
Kein Einzelfall
Patrizia R. will sich das so nicht gefallen lassen. Ihr Anwalt kündigt Ende Februar 2019 in einem Schreiben an die Generaldirektion des Südtiroler Sanitätsbetriebes und an die Direktion des Sozialdienstes Salten-Schlern eine Schadenersatzklage an „wegen Unterschlagen von Informationen über die soziale Gefährlichkeit eines Subjekts, das den Sozialdiensten überstellt wurde“.
Das Schreiben ging zur Kenntnis auch direkt an Andreas Conca. Bis heute kam von keiner der involvierten Dienstsstellen eine Antwort. Primar Conca lässt seit zehn Tagen auch eine zweimalige schriftliche Anfrage von Salto.bz zu einer Aussprache zum Fall Franco M. und zu den Vorwürfen unbeantwortet.
Anfang April 2019 reicht R.´s Anwalt Francesco Coran daraufhin eine Schadenersatzklage ein. Ende April 2019 antwortet die zuständige Direktorin des „Amtes für die Versicherungsrisiken, Schadensfälle und allgemeine Dienste“ des Südtiroler Sanitätsbetriebes, Flavia Basili. Basili schreibt, dass der „Schadensfall Patrizia R.“ bereits der Uniqua Versicherungen AG, der Versicherung des Sanitätsbetriebes, übermittelt worden sei. Man will die Affäre anscheinend still und leise lösen, in dem man zahlt.
Dabei weiß im Dienst jeder, dass es Patrizia R. nicht ums Geld geht. Der jungen Frau hätte eine Entschuldigung Concas oder das Eingeständnis des Fehlers genügt. Vor allem aber soll sich diese Geschichte nicht mehr wiederholen. Die vereinbarten Protokolle bei der Übergabe von Patienten sollen endlich eingehalten werden.
Auch weil der Fall Franco M. kein Einzelfall ist. So wurde vor einiger Zeit ein Mann an den Sozialdienst Bozen überwiesen. Dort wollte man ihn nach zwei Jahren harter Rehabilitationsarbeitendlich in einem Kindergarten einsetzen. Später kam dann durch Zufall heraus, dass der Patient wegen pädophiler Neigungen aktenkundig ist.
* Name von der Redaktion geändert.
Ausführliche Schilderung
Ausführliche Schilderung eines tragischen Falles. Daran merkt man auch die Überforderung der psychosozialen Dienste in solchen Grenzfällen. Seit der Psychiatriereform in Italien in den 70-er Jahren, darf niemand mehr permanent weggesperrt werden.
Ich kenne auch ein Geschichte eines Psychologen, der von seiner Patientin, die sich in ihn verliebt hatte, die aber seine professionelle Distanzierung nicht akzeptieren wollte. Sie stalkte ihn in ähnlicher Form, wie hier geschildert, dass er schlussendlich Arbeitsplatz und Wohnung wechseln musste. Das macht auch deutlich, mit wie vielen Umständen sich Mitarbeiter/innen in diesen Diensten herumschlagen müssen - bis hin zu solchen Konsequenzen, die ihnen niemand bezahlt. Und sie erhalten auch keine Risikozulagen, wie in anderen Bereichen!!