Wirtschaft | Landwirtschaft

Gegen „Hollywood-Landwirtschaft“

Vor gut drei Wochen haben die Bauern vor dem Landhaus in Bozen protestiert. Nach der positiven Resonanz wird sogar über die Gründung eines eigenen Verbandes nachgedacht.
Gallmetzer, Georg
Foto: Privat
  • Am 17. Februar sind die Bauern unter großem medialen Interesse auf die Straße gegangen und haben zum einen gegen die zunehmende Bürokratisierung und nachteiligen Produktionsbedingungen der Landwirte protestiert, zum anderen war die Kundgebung auch gegen die hiesige Interessensvertretung – den Südtiroler Bauernbund samt angeschlossenen Verbandsstrukturen – gerichtet. Organisiert wurde die Protestaktion von der Arbeitsgruppe Zukunft Landwirtschaft (ZL) rund um Georg Gallmetzer, dem Präsidenten von ZL, und Günther Ambach. 

  • Bauern-Demo in Bozen: Die Landwirte haben am 17. Februar auf die ungleiche Wettbewerbssituation und die ihrer Meinung nach verheerende EU-Agrarpolitik demonstriert. Foto: Seehauserfoto

    Die Resonanz auf diese Kundgebung war offenbar so groß, dass über die Gründung eines eigenen Verbandes nachgedacht wird, wie Gallmetzer auf Nachfrage von SALTO bestätigt. „Wir wollen mit dieser Vereinigung die Vollerwerbs-Bauern unterstützen“, so der Präsident von ZL. Mittlerweile habe man bereits mit einer Bauern-Organisation auf nationaler Ebene Kontakt aufgenommen und die ersten Gespräche geführt. „Wir haben nichts gegen die Nebenerwerbs- und Hobby-Landwirtschaft, aber wo bleibt die Unterstützung für die Vollerwerbs-Bauern?“, fragt Gallmetzer und erklärt, dass es bei dieser neuen Verbands-Struktur nicht um die Größe des Besitzes oder des Hofes gehe, sondern um die Produktivität, sprich ob jemand tatsächlich diesem Beruf mit Leidenschaft nachgeht. Mit Sorge beobachte man nämlich die Entwicklung, dass zunehmend Investoren, wie beispielsweise Hotelbetriebe, ausländische Gesellschaften oder einfach wohlhabende Bürger, sich in Südtirols Landwirtschaft einkaufen, und dafür nur einen „Schnellsieder-Kurs“ absolvieren müssten. In diesem Zusammenhang verweist Gallmetzer auf die österreichische Regelung, wonach nur jemand einen Bauernhof erwerben darf, der nachweislich die Qualifikation für die landwirtschaftliche Tätigkeit vorweisen kann. 

     

    „Wo bleibt die Unterstützung für die Vollerwerbs-Bauern?“

     

    Gerade vor dem Hintergrund des „Ausverkaufs der Heimat“ brauche es einen Verband, der dieser Entwicklung entgegen tritt, betont der LV-Präsident. Denn mittlerweile seien die Grundstückspreise derart explodiert, dass Einheimische keine Chance mehr hätten, einen Hof zu erwerben bzw. Landwirtschaft zu betreiben. „Das kann nicht im Sinne der ständig propagierten Botschaft von Nachhaltigkeit sein.“ Sinn und Ziel dieses Verbandes soll es deshalb sein, jene zu fördern, die sich in erster Linie der Nahrungsmittelproduktion verschrieben haben, und nicht jene, welche die Landwirtschaft nur mehr als Hobby betreiben bzw. die mehrere Standbeine brauchen, um die landwirtschaftliche Tätigkeit aufrecht erhalten zu können. „Urlaub am Bauernhof, Hofladen, Agri-Camping, Kinder- und Seniorenbetreuung auf Bauernhöfen kann nicht die Zukunft unserer Landwirtschaft sein“, so Gallmetzer, der erklärt, dass dies für einige ein sinnvoller Nebenerwerb sein kann und durchaus unterstützenswert sei, jedoch keine Perspektive  für die Mehrheit der Bauern biete. Insofern wolle man mit dem neuen Verband auch der – wie Gallmetzer sie nennt – „Hollywood-Landwirtschaft“ und der zunehmenden Deprofessionalisierung einen Riegel vorschieben.

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Ludwig Gruber Di., 05.03.2024 - 07:23

Was soll man darauf sagen?
Dass diese "professionelle" Landwirtschaft Schäden anrichtet, die vier mal höher sind als der Ertragswert der Produkte? *
Oder, dass in Österreich zB mehr als 5.000 Tonnen Lebensmittel pro Monat vom Handel samt Verpackung entsorgt werden? **

Jedenfalls erscheint es so, dass "die Landwirtschaft" genug davon hat, dass andere immer mehr dreinreden, etwa Glyphosat in Frage stellen, oder die nachhaltige Bewirtschaftung unserer Lebensgrundlagen einfordern, usw.
Immer mehr Meinungen werden als störend empfunden - und in diesem Beispiel sogar jene Bauern, die nicht intensiv produzieren, sondern ihre Höfe als Lebensgrundlage für viele Funktionen verstehen.
Das war übrigens immer schon so, bevor das Geld für die Großtraktoren aufgebracht werden musste. Der Bauernhof war der Lebensraum für viele Menschen.

* https://www.bcg.com/securing-the-future-of-german-agriculture
** https://www.derstandard.at/story/3000000209586/handel-schmeisst-dreimal…

Di., 05.03.2024 - 07:23 Permalink
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Dominikus Ande… Di., 05.03.2024 - 09:32

Wenn einerseits ein Drittel der Lebensmittelproduktion im Müll landet (https://www.umweltbundesamt.de/themen/ein-drittel-der-lebensmittel-wird…), andererseits der Verzicht auf 4,5 % Produktionsfläche und Glyphosat angeblich den sicheren Hungertod der Menschheit heraufbeschwört, dann ist offensichtlich, dass hier auf Kosten von Profitmaximierung die ganze Menschheit verscheißert wird.

Di., 05.03.2024 - 09:32 Permalink
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Cicero Di., 05.03.2024 - 13:48

Dann führt also ein Bergbauer mit 10 Stück Vieh im Stall, der einer Nebentätigkeit nachgehen muss um sich seine Bauerntätigkeit leisten zu können, die Landwirtschaft nicht mit der selben Leidenschaft aus, wie der Vollerwerbsbauer Gallmetzer, der uns mit seinen Pestiziden beglückt und für den das Motto immer höher, immer weiter, immer mehr gilt? So kann man's auch sehen.

Ich hoffe mal, dass möglichst wenig Landwirte auf den faulen Zauber dieser Gruppe reinfallen. Gallmetzer und Co. wollen einen Lobbyverband für Turbobauern, den sie hinter der Binse "Ausverkauf der Heimat stoppen" verstecken. Wer könnte auch bei so einem hehren Ziel dagegen sein?

Di., 05.03.2024 - 13:48 Permalink
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Jakob Bachmann Di., 05.03.2024 - 16:49

Antwort auf von Cicero

Es wird keinen Ausverkauf der Heimat mehr geben, wenn das Interesse von außerhalb durch steigende Pestizidbelastung und Grundwasserverschmutzung verschwindet. Deswegen immer schön weiter Produktivität erhöhen, um immer mehr zu immer schlechterer Qualität zu produzieren. Dann kaufen sich wenigstens keine Auswärtigen mehr ein und wir sind wieder unter uns.

Di., 05.03.2024 - 16:49 Permalink
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Salto User
nobody Mi., 06.03.2024 - 14:01

Zukunft ft Landwirtschaft will von ihrer Arbeit leben können. Was ist daran verkehrt? Es geht um alle Formen der Landwirtschaft. Man erkennt, dass viele Kommentatoren keine wirkliche Ahnung von Landwirtschaft haben. Im Übrigen sind die "sotto costo"-Discounter und das ganze neoliberale Geschwafel (und deren Nutznießer) mitsamt den vielen Helfershelfern in der Politik die wahren Ursachen für die Turbo-Landwirtschaft.

Mi., 06.03.2024 - 14:01 Permalink