Bozner Kampfhähne
Österlicher Friede? Von wegen. „Rudi Benedikter gehört zu jener Sorte Politiker, deren einziges Ziel der Stillstand ist”, tönte der Bozner Vertreter der Signa-Gruppe Heinz Peter Hager an diesem Oster-Wochenende verbal in Richtung Projekt Bozen. „Sie entwickeln keine eigenen realisierbaren Ideen, dafür sind sie Weltmeister im Kritisieren jeder neuen Initiative.” Der Wirtschaftsberater meldete sich am Ostersamstag nicht nur zu Wort, um Meldungen über Grundstückskäufe der Signa-Gruppe in Bozen-Süd ins „Reich der Märchen“ einzuordnen. Er reagierte gleichzeitig auf eine Pressemitteilung des Bozner Anwalts und Spitzenkandidaten von Projekt Bozen, in dem er in Zusammenhang mit dem Deal um die Kellerei Gries von einer „fetten Beute für Benko“ schreibt - und einer wahrhaft „unheiligen Allianz“ zwischen der Kirche als Grundeignerin des neuen Kellereistandorts am Anreiterhof, der Kellerei Gries und dem Baulöwen Renè Benko. Diese würde nun die denkmal-, ensemble- und landschaftsgeschützte Gesamtanlage des Anreiterhofes in Moritzing zuerstören, deren Schutz allerdings bereits von der früheren Landesregierung zwischen 2008 und 2012 beseitigt worden sei.
Für Hager schlichtweg „lächerliche und sachlich falsche Attacken“ und ein „weiterer Versuch, politisches Kleingeld zu machen“. Die Signa-Gruppe habe weder etwas mit dem neuen Kellereistandort in Moritzing noch mit urbanistischen Entscheidungen der Landesregierung aus den Jahren 2007/2008 etwas zu tun. „Das ist völlig absurd, damals hatte die Signa keine Aktivitäten in Südtirol“, so Hager. Er vermutet hinter Benedikters Aussagen vielmehr ein Ablenkmanöver von „eigenen Nicht-Leistungen und der eigenen Ideenlosigkeit”.
„Ich als Bozner Bürger und Wähler kann mich nicht daran erinnern, dass Benedikter in seinen 20 Jahren als Gemeinderat jemals etwas Sinnvolles vorangebracht hätte. Auch als jahrelanger Beauftragter für den Virgl hat er keine Idee entwickelt, die auch nur annähernd machbar und finanzierbar wäre.“
Hagers vernichtendes Urteil: „Einfach gegen alles zu sein, ist zu wenig.“ Dies gelte für Rudi Benedikter ebenso wie für seinen Namensvetter Rudi Rieder, der “zwar für das Bürgermeisteramt kandidiert, aber nur Anti-Vorschläge präsentiert”.
Rudis Zweifel
Bei Rudi Benedikter war nicht einmal mehr solch ein Schuss vor den Bug nötig, um seine anfänglichen Sympathien für das Benko-Projekt definitiv zu begraben. Seine Wandlung vom Benko-Sympathisanten zum Benko-Kritiker hat sich spätestens mit den umfassenden öffentlichen Anhörungen im Jänner vollzogen. Damals habe auch er sich davon überzeugt, dass das Benko-Projekt „alle Maßstäbe unserer Stadt sprengt“, sagt der Bozner Anwalt und Gemeindepolitiker. Er teilt dabei nicht nur die Zweifel vieler Kritiker hinsichtlich der Auswirkungen des Projekts auf den Verkehr, seine Konkurrenz zum Bahnhofsprojekt und an der finanziellen Abfindung der Stadt. Bereits vor den direkten Anschuldigungen Hagers am Wochenende stieß er sich an der „Arroganz“ des Duos Banko/Hager. Bei jedem ihrer Auftritte sei klarer geworden, dass Benko ein enormes Interesse am Standort Bozen habe und bereit sei, dieses mit allen Mittel durchzusetzen. Dazu gehören laut Benedikter auch „völlig unqualifizierte Frontalangriffe auf die Stadtregierung und letzthin auf all jene, die sich kritische Einwände erlauben" – wie auch Hagers Aussagen im Salto-Interview vom 19. März belegen würden. Für Benedikter der bedenklichste Aspekt in der bisherigen Dramaturgie?
„Ein ausländischer Investor mischt sich massiv in die Stadtpolitik ein, indem er ganz offen und unverblümt Druck auf wahlwerbende Parteien ausübt und demokratischen Entscheidungen vorgreift. Als Bozner Gemeinderat seit 1989 geht es mir daher nicht nur darum, unsere Hoheit über die Stadtplanung zu verteidigen, es geht auch um die Verteidigung unserer demokratischen Werte. Die Interessen eines Investors sind legitim, solange dieser auf seiner Ebene bleibt und an die Spielregeln der Marktwirtschaft hält. Wenn Benko & Hager aber Hand an die demokratisch freien Wahlen anlegen und diese massiv zu manipulieren versuchen, so vergreifen sie sich eindeutig in den Mitteln und im Ton. Diese Stadt gehört uns, Herr Benko. Und Sie sind Gast – ob willkommen oder nicht – die Spielregeln bestimmen in jedem Fall WIR!“
Sicher ist für den langjährigen Kommunalpolitiker: Benko muss raus aus dem Wahlkampf! „Es gibt ein Dutzend ähnlich gewichtiger Themen und Projekte für die Stadt und jeder Versuch, den Gemeinderatswahlkampf auf dieses eine Reizthema zu reduzieren, wäre unangebracht“, findet Benedikter. Zumindest er kann sich aber auch vorstellen, den Tiroler Investor auch über den Wahlkampf hinaus außen vor zu lassen. Die Alternative zu Benko? Jene 10 Millionen Euro im Jahr oder 50 Millionen Euro in der kommenden Amtsperiode, die der Stadt Bozen nach der Fusion von SEL und Etschwerken zusätzlich zufließen. „Nichts hindert die Stadt Bozen, mit diesem Geld die 'Städtebauliche Umstrukturierung des Autobusareals' höchstselbst anzupacken", schlägt Benedikter vor. "Dabei könnten – sehr wohl nach dem Public-Private-Prinzip - in den nächsten Jahren der Bahnhofspark aufgewertet und ein moderner Autobus-Bahnhof, öffentliche und private Einrichtungen wie eine Kongresshalle oder ein Hotel sowie jene Verkehrsinfrastrukturen realisiert werden, die für eine umfassende Verkehrsberuhigung dieses Planquadrats nötig sind.“ Was Freund Hager wohl von dieser Idee hält? Für weitere Diskussionen ist gesorgt.