Politik | Barrierefreiheit

Ohne Wissen keine Planung

Die Gemeinde Niederdorf zeigt, dass Wissen und Dialog elementar für barrierefreies Bauen sind. Team K's Argument bleibt also stichhaltig, trotz der Ablehnung im Landtag.
Barrierefreies Bauen
Foto: Jon Tyson/unsplash
  • Trotz klarer gesetzlicher Vorgaben zur Barrierefreiheit – etwa im Landesgesetz Nr. 7/2015 und der UN-Behindertenrechtskonvention – hapert es vielerorts an der Umsetzung von barrierefreiem Bauen. Beim Landtag am 02. Juli plädierte der Landtagsabgeordnete Alex Ploner, dass das Problem an der Wurzel gepackt werden müsse – bei der Sensibilisierung und Ausbildung vor der Planung von Bauprojekten. Der Beschlussantrag für die Verankerung von barrierefreier Bauweise als Pflichtmodul in universitären Lehrgängen oder in Fortbildungen für praktizierende Architektinnen und Architekten brachte Team K bereits im Februar 2024 ein. Er wurde in der letzten Landtagssitzung abgelehnt. Der Bürgermeister der Gemeinde Niederdorf, Günther Wiesthaler, bestätigt jedoch, wie wichtig „Sensibilisierung gegen Betriebsblindheit“ ist.

  • Sensibilisierung bedeutet das Problem an der Wurzel packen

    Für Ploner scheint die Wurzel des Problems auf der Hand zu liegen: „Ein zentraler Hebel ist die Ausbildung und Sensibilisierung. Man kann Bau-Planerinnen und Planern keinen Vorwurf machen, wenn sie in ihrer Ausbildung schlicht nicht ausreichend auf Barrierefreiheit aufmerksam gemacht werden wird.“ Aber auch in Schulen, am Arbeitsmarkt, in den Medien und auf Gemeindeebene gebe es Aufholpotenzial in Bezug auf die Bewusstseinsbildung. 

    Ein gutes Beispiel ist die Gemeinde Niederdorf. Im Zuge der Veranstaltung Dolomiti for Duchenne kommen alljährlich 50–80 Menschen, die an im Rollstuhl sitzen, mit ihren Familien und Sponsoren in die kleine Gemeinde, um an der Benefiz-Mountainbike Veranstaltung teilzunehmen. Mit dem mehrtägigen Event ging also, so Wiesthaler, im Jahresrhythmus ein Monitoring einher. „Wir nutzen die Gelegenheit immer, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und sie zu fragen, wie sie sich hier in Niederdorf bewegen können“, betont der Bürgermeister.

     

    Menschen mit Behinderung oder Verbände, wie zum Beispiel der Blindenverband, der Gehörlosenverband oder der Dachverband für Soziales werden nicht in die Planung von Bauprojekten miteingebunden.“

     

    Im Alltag würden einem die zahlreichen Barrieren gar nicht bewusst werden, sofern man nicht selbst im Rollstuhl sitzt, mit Betroffenen in Dialog tritt oder die notwendige Perspektive im Bildungs- oder Arbeitsumfeld vermittelt bekommt, so Wiesthaler. Eine Meinung, der sich Ploner anschließt, die aber scheinbar kaum umgesetzt werde. „Menschen mit Behinderung oder Verbände, wie zum Beispiel der Blindenverband, der Gehörlosenverband oder der Dachverband für Soziales werden nicht in die Planung von Bauprojekten miteingebunden“, so der Landtagsabgeordnete. 

  • Warum nicht auf Ausbildung und Dialog setzen?

    Dass das taktile Führungssystem beim Brunecker Mobilitätszentrum fehlerhaft verbaut wurde, fiel laut Ploner erst beim Durchgang mit dem Vertreter des Brunecker Blindenzentrums auf. Eine Anekdote, die auf das Jahr 2022 verweist und damit etwas in die Jahre gekommen ist. Darüberhinaus räumte Ploner bei der vergangenen Landtagsdebatte gegenüber Rosmarie Pamer (SVP) ein, dass sich die Fortschritte in Bezug auf Barrierefreiheit nicht leugnen lassen. In Bozen entsteht ein neues Wohn- und Tageszentrum für Menschen mit Behinderung und der Bahnhof wird schrittweise barrierefrei umgebaut, um zwei Beispiele zu nennen. 

    Dennoch erscheint das Argument durchaus stichhaltig: Werden Planerinnen und Planer mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet oder würden Projekte der Barrierefreiheit im Dialog mit Betroffenen entwickelt, könnten Umbauarbeiten in beträchtlichem Umfang eingespart werden.