Gesellschaft | Sommerbetreuung

„Wir haben Unmögliches geleistet“

Die Sommerbetreuung für Kinder und Jugendliche war heuer eine organisatorische Herausforderung. Die Landesregierung und Betreuungsorganisationen ziehen Bilanz.
KISO 2020
Foto: Jugenddienst Bozen

Die Aussicht auf Sommer war in diesem Jahr für viele Familien besorgniserregend. Wo sollte man hin mit den Kindern, wenn das Home-office langsam wieder dem Büroalltag wich, die Schulen und Kindergärten jedoch geschlossen blieben? Als im Juni bekannt wurde, dass auch im Corona-Sommer Betreuungsprojekte für Kinder- und Jugendliche stattfinden würden, war die Erleichterung vieler Eltern groß. Am Ende schrieben sich über 70.000 Kinder für ein Projekt derSommerbetreuung ein (6.000 weniger wie im Vorjahr). Angebote gab es in allen Bezirken und insgesamt 113 Gemeinden Südtirols. Der Landesbeitrag war dabei um 50 Prozent höher als im Vorjahr (16 Millionen Euro), denn die Elternbeiträge sollten trotz höherer Ausgaben der Anbieter nicht steigen.

Am gestrigen Montag (3. August) zog Familienlandesrätin Waltraud Deeg zum ersten Mal eine Zwischenbilanz: „Gerade heuer war es uns besonders wichtig, Betreuungsangebote zu schaffen, um Kindern und Jugendlichen, aber auch Eltern entgegenzukommen", so Deeg. Sommerbetreuungsprojekte seien seit vielen Jahren ein fixer Bestandteil der Sommerplanung zahlreicher Familien in ganz Südtirol und stünden insbesondere für ein lokales Netzwerk auf Gemeinde- und Bezirksebene. „Gerade diese flexiblen gemeindeorientierten Realitäten haben sich in diesem Sommer besonders bewährt,“ sagte die Landesrätin.

 

 

Zwei Vertreterinnen von Sommerbetreuungseinrichtungen waren bei der Pressekonferenz mit dabei. Hildegard Felder,Vizeobfrau der Sozialgenossenschaft „Die Kinderfreunde“ zieht ebenso positive Bilanz: „Trotz der vielen Herausforderungen wurde das Beste aus der Situation gemacht. Dies zeigt: Wenn wir zusammenhalten, können wir auch in schwierigen Situationen alles meistern." Auch der Verein "La Strada – Der Weg" freut sich über das Verständnis von Seiten der Familien und den reibungslosen Ablauf der Betreuungsprojekte. Die stellvertretende Verantwortliche für den Bereich Schule im Verein Marion Lorenzon berichtet: "Wir haben heuer den Sicherheitsmaßnahmen und der Schulung unserer Mitarbeiter ein großes Augenmerk gewidmet. Dies war wichtig, um auch den Eltern und den Kindern den größtmöglichen Schutz zu garantieren."

Trotz der vielen Herausforderungen wurde das Beste aus der Situation gemacht. Dies zeigt: Wenn wir zusammenhalten, können wir auch in schwierigen Situationen alles meistern

Doch wirft man einen Blick hinter die Kulissen merkt man, die Vorarbeit zu den Projekten war zwischen sich ständigwechselnden Gesetzesvorgaben und Sicherheitsauflagen alles andere als ein Kinderspiel.

 

Ein Blick Hinter die Kulissen

 

Michael Torggler ist pädagogischer Mitarbeiter vom Jugenddienst Bozen und hauptsächlich zuständig für die Organisation des Kindersommers (KISO) im Zentrum Mariaheim. Der KISO konnte auch heuer zum 15. Mal stattfinden. Jedoch war dies noch vor kurzem alles andere als selbstverständlich: „Ich war ein paar Mal kurz davor, alles abzusagen,“ erinnert sich Torggler an die schwere Organisationsarbeit. Diese war geprägt von großen Verwirrungen: „Als das Landesgesetz erschien, hieß es zunächst, wir müssten FFP2 Masken tragen. Nachdem wir sie bestellt hatten, wurde diese Richtlinie plötzlich abgesagt. Wir wollten die Masken zurückschicken, da hieß es plötzlich wieder, es braucht die Masken doch. Am Ende waren sie doch nicht verpflichtend“. So ähnlich war es mit dem Mindestabstand, erzählt Torggler weiter: „Das Landesgesetz sah 2 Meter Abstand vor, das staatliche Gesetz nur 1 Meter.“ 

 Ich war ein paar Mal kurz davor, alles abzusagen

Der Betreuuer des KISO versteht, dass es eine Ausnahmesituation war, auf die kein Politiker vorbereitet war. Dennoch ist er mit der Landesregierung nicht zufrieden. Das Landesgesetz war laut ihm umsonst, da nur eine Woche später die italienischen Richtlinien mit weniger strengen Einschränkungen veröffentlicht wurden: „So standen wir mit einem großen Fragezeichen da, und mussten warten, bis das Südtiroler Gesetz an das Italienische angepasst wurde. Das hat uns viel Zeit und Verwirrung gekostet“, schließt Torggler ab. Lieber hätte man eine Woche warten sollen, dafür aber klare Regeln erstellen.

 

 

Am Ende hat aber auch beim KISO alles irgenwie geklappt, freut sich Troggler: „Unser Wille hat uns dazu gebracht, das Unmögliche zu schaffen. Das haben wir vor allem für die Kinder gemacht, weil wir wissen, dass gerade sie diesen Ort brauchen.“ Insbesondere Kindern aus der Stadt hätte man angemerkt, dass sie nach dem Lock-Down das Bedürfnishatten, aus dem Haus zu gehen. Zwar fand der KISO unter leicht veränderten Bedingungen statt- der Ausflug fiel aus, die Gruppen waren kleiner (max. 7 Kinder), das Areal musste mit Absperrbänder eingeteilt werden, bei Spielen mit Körperkontakt mussten Masken getragen werden- dennoch akzeptieren die Kinder diese Auflagen und freuten sich auf die viele Zeit im Freien.

Wir standen mit einem großen Fragezeichen da, und mussten warten, bis das Südtiroler Gesetz an das Italienische angepasst wurde. Das hat uns viel Zeit und Verwirrung gekostet

Die Eindrücke der glücklichen Kinder erhielt auch Landesrätin Deeg: "Ich habe mich in zahlreichen Lokalaugenscheinen selbst davon überzeugt, wie die Kinder und Jugendlichen die gemeinsame Zeit und auch die verkleinerten Gruppengrößen genießen", hob die Familienlandesrätin hervor. Durch die gute Zusammenarbeit mit Projektträgern, Gemeinden und in diesem Jahr auch mit dem Südtiroler Sanitätsbetrieb sei trotz herausfordernder Umstände ein toller Sommer für viele Kinder und Jugendliche möglich gewesen. Bleibt die Frage, ob diese herausfordernden Umstände durch ein klareres Management von Seiten der Landesregierung nicht hätten vermieden, oder zumindest verringert werden können.