Wirtschaft | Autobahn

Zwei Fahrbahnen

Der Ministerrat wird den gordischen Knoten Brennerautobahn-Konzession jetzt lösen. Ohne europäische Ausschreibung und mit einer Bestimmung, die zwei Wege offenlässt.
Brennerautobahn
Foto: Suedtirolfoto.com / Othmar Seehauser
Das Ganze ist im wahrsten Sinne des Wortes Chefsache.
Ansprechpartner sind Antonio Funicello, Kabinettschef von Ministerpräsident Mario Draghi, und dessen Rechtsberaterin Simona Genovese. Das Duo kümmert sich seit Wochen um die Lösung eines gordischen Knotens.
2014 ist die Konzession der Brennerautobahn verfallen. Die Regierung hat jahrelang die Autobahnkonzession provisorisch verlängert. Dabei war von Anfang an klar, dass man eine Lösung finden muss. Die öffentlichen Körperschaften – allen voran das Land Südtirol und der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher – setzten dabei auf die Schaffung einer Inhouse-Gesellschaft. So wollte man eine europäische Ausschreibung der überaus lukrativen Autobahnkonzession vermeiden.
Seit über einem Jahr arbeitet man in diese Richtung. So gründete man bereits eine neue öffentliche Gesellschaft und hat beschlossen, die privaten Aktionäre auszuzahlen. Doch der Widerstand gegen diese Lösung war zu groß. Es waren und sind nicht nur die privaten Aktionäre, die sich mit allen Mittel wehren, sondern auch politisch zieht man nicht immer an einem Strang. Vor allem der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti und die Lega arbeiten im Hintergrund gegen diese Lösung. Dort, aber auch in Verona und Mantua, schielt man politisch eher in Richtung Luca Zaia und dem Veneto. Längst sind ökonomische Begehrlichkeiten geweckt.
 
 
 
Der Widerstand hatte Erfolg. Ende Juli ist der Termin für die Schaffung einer Inhousegesellschaft abgelaufen. Deshalb muss man jetzt in extremis auf eine andere Lösung setzen. „Ich bin zuversichtlich“, sagt Arno Kompatscher zu Salto.bz. Mehr lässt sich der Landeshauptmann, der am Mittwoch gerade auf dem Weg nach Rom ist, nicht entlocken.
Die Zurückhaltung hat einen einfachen Grund. Gut ein halbes Dutzend Mal hat man in den vergangenen Jahren gemeldet, dass die Autobahn-Konzession in trockenen Tüchern sei. Im Büro des Landeshauptmannes hatte man bereits auf den Erfolg angestoßen.
Doch jedes Mal kam es anders. Jetzt aber scheint man wirklich auf der Zielgeraden zu sein.
 

Die Bestimmung

 
Die Ämter von Ministerpräsident Mario Draghi, allen voran Rechtsberaterin Simona Genovese, haben eine Bestimmung ausgearbeitet, die nächste Woche vom Ministerrat verabschiedet werden soll.
Es ist eine Lösung, die auf zwei Füßen steht und die den öffentlichen Körperschaften die Wahl lässt, welchen Weg man einschlagen will.
Zum einen soll die Inhouse-Lösung den EU-Bestimmungen angepasst werden. Die europäischen Vorgaben sehen vor, dass in einer öffentlichen Inhousegesellschaft auch private Partner sein können. Sie dürfen aber nur eine Minderheitenbeteiligung haben und keine Entscheidungsbefugnisse. Italien hat diese Bestimmungen aber weit strenger rezipiert. Es sind keine privaten Partner in einer öffentlichen Inhouse-Gesellschaft möglich.
 
 
Diese Regelung soll jetzt geändert werden. Die privaten Gesellschafter in der Brennerautobahn AG halten 14,1 Prozent. Es ist eine klare Minderheitenbeteiligung. Demnach könnte mit den aktuellen Gesellschaftern eine Inhouse-Lösung umgesetzt werden.
Zudem soll in der neuen Bestimmung aber auch die Möglichkeit eines PPP-Modells eingebaut werden. Die Public-Privat-Partnerships sind in Italien seit Jahren fixer Bestandteil der öffentlichen Auftragsvergabe. Das Problem: Bei der Vergabe der Autobahnkonzessionen sind sie per Gesetz nicht erlaubt. Diese Bestimmung soll jetzt aufhoben werden.
Die Regierung will diese Änderungen im „decreto infrastrutture“ einbauen, das noch vor Ferragosto verabschiedet werden soll. Gelingt das, wird man die Wahl haben, welche der beiden Lösungen man umsetzen will.
Nach Informationen von Salto.bz dürfte man in Südtirol weiterhin auf die Inhouse-Lösung setzen. Denn so lassen sich die Gewinne aus der Autobahn für ausgleichende Umweltmaßnahmen und Infrastrukturprojekte im öffentlichen Interesse am besten einsetzen.
Es liegt jetzt vor allem an Mario Draghi, ob die unendliche Geschichte um die Autobahnkonzession ein (glückliches) Ende findet.

 

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