Alpenkrank
Am vergangenen Freitag erhielten die Direktoren und die Obleute der Südtiroler Raiffeisenkassen überraschend Post aus der Alpenbank. „Wir möchten ihnen mitteilen, dass seit Dienstag 27/9/2016 Heinold Pider nicht mehr Mitarbeiter der Alpenbank ist. Er hat die Bank zusammen mit vier weiteren Mitarbeitern zu einem Konkurrenten gewechselt.“, heißt es wörtlich in dem Schreiben. Unterzeichnet ist das Rundmail von Alpenbank-Vorstand Michael Atzwanger und vom Direktor der Raiffeisen-Landesbank Zenone Giacomuzzi, in seiner Funktion als Aufsichtsrat der Alpenbank.
Allein die absurde Satzstellung und das Auslassen halber Sätze in dieser Mitteilung machen deutlich, wie stark in der noblen Privatbank am Bozner Kornplatz der Hut brennt.
Das Schreiben ist der Versuch einen Großbrand zu löschen, bevor der Rauch von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. „Die Bank befindet sich demnach immer noch im einem starken Wachstum und wird dieses weiterhin verfolgen“, schreiben Atzwanger und Giacomuzzi.
Man kann es Zweckoptimismus nennen. Denn die Südtiroler Filiale der Alpenbank steht in Wirklichkeit vor der größten Krise ihrer Geschichte. Es ist eine schwere wirtschaftliche Krise, die die Bank in ihren Grundfesten erschüttert.
Michael Atzwanger will davon nichts wissen. „Das ganze ist eine konzertierte Aktion einer Gruppe von ehemaligen Mitarbeitern“, sagt er zu salto.bz. Der Generaldirektor geht noch weiter: „Die Alpenbank hat keine finanziellen Probleme.“
Der Abgang
Das Feuer brach in der Alpenbank am frühen Nachmittag des 26. September aus, als aus einer Mailänder Rechtsanwaltskanzlei die Kündigung von fünf hochrangigen Mitarbeitern eintrudelte. Die Aktion richtet sich direkt gegen den Vorstand der Bank Michael Atzwanger. Es ist ein Protest gegen seine Art der Geschäftsführung. „Wir können und wollen nicht mitansehen“, sagt einer der fünf Vermögensberater, „wie die Bank, die wir mit aufgebaut habe, langsam aber sicher den Berg hinuntergeht“.
Im Brief an die Raiffeisenwelt als kleiner Unfall abgetan, ist der Abgang der fünf Berater in Wirklichkeit ein SuperGAU für die Bank. Denn die Alpenbank hatte bisher acht angestellte Berater. Am vorvergangenen Montag haben auf einem Schlag fünf davon die Bank verlassen.
Vor allem aber handelt es bei dem Quintett um das Herzstück der Vermögensverwaltung der Privat Bank. Der Pusterer Heinold Pider war stellvertretender Direktor der Alpenbank, Chef der Bankberater und bis zu diesem Tag Mitglied der Geschäftsleitung. Ebenso Hans Christoph von Hohenbühel, der seit dem Jahr 2000 in der Alpenbank als Berater arbeitet, lange Zeit als Vizedirektor und seit einigen Jahren als stellvertretender Direktor Markt tätig ist. Auch die anderen drei Berater, die am vorvergangenen Montag gekündigt haben, sind seit Jahren in der Bank mit großem Erfolg tätig.
„Das sind die Leute, die die traditionellen und guten Kunden betreut haben“, sagt ein Südtiroler Investmentbanker neidlos, „und mit denen die Alpenbank viel Geld verdient hat.“ Wie viel für die Bank dabei auf dem Spiel steht, zeigen die Zahlen.
Die Alpenbank verwaltet derzeit ein Kundenportefeuille von 1,1 Milliarden Euro. Die fünf Berater, die der Bank jetzt den Rücken gekehrt haben, dürften zwischen 250 und 350 Millionen Euro davon verwaltet haben. Es handelt sich vor allem Privatkunden, die traditionell eng mit dem Berater und nicht unbedingt mit der Bank verbunden sind.
Damit aber wird auch das Problem deutlich, das Atzwanger & Co plötzlich haben. Die fünf Berater haben sich selbstständig gemacht und eine Südtiroler Niederlassung des börsenorientierten Finanzdienstleisters „Azimut“ gegründet. Vieles spricht dafür, dass sie den Großteil ihrer Kunden mitnehmen. Dann allerdings wird es für die Alpenbank problematisch.
Die Alpenbank
Die Alpenbank ist eine österreichische Privatbank mit Sitz in Innsbruck. Sie wird 1983 von Christoph Amonn zur Förderung der Geschäftsbeziehungen zwischen Nord- und Südtirol gegründet. Anfänglich sind die Privatbanken Aufhäuser (Frankfurt), Hauck (München) und Spängler (Salzburg), sowie die Trentiner ISA mitbeteiligt.
Die Bank spezialisiert sich von Anfang an auf das traditionelle Private Banking und die Vermögensverwaltung. Im Laufe der Jahre verkauft die Gründerfamilie Amonn ihre Anteile. 1998 steigt die Raiffeisen Landesbank Tirol in die Alpenbank ein und ein Jahr später die Raiffeisen Landesbank Südtirol. Heute gehört die Bank zu je 49,9993 Prozent den beiden Landesbanken und zu 0,0014 Prozent der Raiffeisen Centrobank AGA in Wien.
Mutterhaus in Innsbruck: Privatbank im Raiffeisenkosmos
Im Jahr 2000 macht die Privatbank den Sprung über den Brenner und gründet eine EU-Niederlassung in Bozen. Mit Norbert Alber als Direktor und Hans Christoph von Hohenbühel als stellvertretender Direktor baute man über Jahre hinweg eine solide diskrete Privatbank auf. Auch durch Berlusconis „Scudo fiscale“ gelingt er der Bank ein Kundenportefeuille in der Vermögensverwaltung aufzubauen, das sich durchaus sehen lassen kann. Man erreicht die Budgetziele und zahlt in einem Geschäftsjahr auch eine Dividende aus.
Neue Ära
2010 beginnt eine neue Ära. Im Dezember 2010 wird Michael Atzwanger zum neuen Chef in der Südtiroler Alpenbank. Atzwanger, vorher jahrelang Generaldirektor der „Pensplan Ag“ definiert sich selbst als Manager. Der 51jährige besonders selbstbewusst auftretende Bozner hat nicht nur einen guten Riecher für Finanzoperation, er hat seit Jahren in seinem beruflichen Umfeld auch einen engen Personenkreis mit dem er zusammenarbeitet. Zuerst in Pensplan und danach in der Alpenbank.
Dabei ergibt es sich schon mal, dass enge Freunde bei Millionengeschäften ordentlich mitverdienen. Wie etwa Klaus Ladinser beim Ankauf des Pensplan-Sitzes in der Bozner Mustergasse.
Atzwanger wird 2010 zum dritten Vorstand in der Alpenbank. Sein Jahresverdienst rund 350.000 Euro. Mit ihm ändert sich das Klima in der Alpenbank grundlegend. Atzwanger legt den Schwerpunkt auf eine neue Strategie, die auf auswärtige Finanzberater beruht und weniger auf den Ausbau des hauseigenen Beraterbereichs. Schon bald kommt es zu hausinternen Konflikten. Direktor Norbert Alber, der die Bank aufgebaut hat, verlässt 2012 entnervt die Alpenbank und wechselt in die Privatwirtschaft.
Grün, Gold & Blau
2011 genehmigt der Aufsichtsrat eine neue Strategie, die vor allem in Italien auf Expansion setzt. Das neue Geschäftsmodell in der Bozner Alpenbank beruht auf drei durch Farben gekennzeichnete Strategien. Grün steht für die institutionelle Vermögensverwaltung und die Dienstleistungen für die Raiffeisengruppe, Blau für den Bereich der externen Finanzberater (Promotori finanziari) und Gold für die internen, angestellten Vermögensberater. Etwa jene fünf, die jetzt der Bank den Rücken gekehrt haben. Allein die Auswahl der Farben zeigt, dass vor allem dieser Bereich der Bank die größten Rendite bringt. „Das ist traditionell die Chashcow“, bestätigt dann auch Michael Atzwanger, „aber wir brauchen einfach auch andere Standbeine“.
Michael Atzwanger schwört vor allem auf den Bereich „Blau“. Unter seiner Führung ist dieser Bereich explosionsartig gewachsen. Heute sind insgesamt 40 externe Finanzberater für die Alpenbank tätig. Geographisch hat man den Markt inzwischen bis nach Rom ausgeweitet.
Bedenkt man, dass die Alpenbank bisher 32 Angestellte in Bozen hatte, so wird die neue Gewichtung noch klarer.
Schwieriger Ertrag
Michael Atzwanger schwört auf dieses Geschäftssegment. „Damit kann ich die Kosten und das Geschäftsrisiko senken und wir haben es geschafft, das Geschäftsvolumen in den letzten Jahren zu verdreifachen“, sagt der Alpenbank-Chef.
Seine Kritiker sehen das anders. „Die Frage ist, wo bleiben die Erträge für diese Geschäfte?“, sagt einer, der fünf abgesprungen Berater und gibt gleichzeitig eine Antwort auf diese Frage: „Kaum in der Bank“.
Vorstand Michael Atzwanger: „Alle Schritte sind vom Aufsichtsrat abgesegnet“
Verständlich wird das, wenn man sich das italienische System der Promotori Finanziari genauer anschaut. Diese freischaffenden Finanzberater sind moderne Söldner. Heute sind sie bei dieser Bank unter Vertrag, morgen bei einer anderen. Meistens nehmen sie ihre Kunden dabei mit. Für dieses Kundenportefeuille bekommen sie traditionell bei der Bank eine Einstandzahlung, das sogenannte Front up. Bei der Alpenbank sind das rund 2 Prozent des eingebrachten Kundenvermögens. Danach wird der jährliche Ertrag zwischen Berater und Bank aufgeteilt. Bei der Alpenbank bekommt der Berater anfänglich 70 Prozent und die Bank 30 Prozent. Später dann gleicht sich das Verhältnis auf 50 zu 50 aus.
Zum Direktor dieser Beraterabteilung hat Atzwanger einen alten Bekannten gemacht. Roberto Zanin, ehemals bei der Hypo Tirol und später bei der „Laurin Capital Management“ war vor einigen Jahren in den Skandal um die ehemaligen Enel-Immobilien verwickelt, die in den Immobilienfonds „Uno Energia“ der Pensplan Invest eingebracht wurden. Die Ermittlungsberichte der Finanzpolizei und der Banca d´ Italia haben dabei Dinge zu Tage gefördert, die kaum in das Handbuch eines Bankers passen.
Die Verluste
Dieser von Michael Atzwanger hochgelobten Strategie steht aber eine andere objektive Tatsache gegenüber: Die Alpenbank Bozen schreibt plötzlich Verluste. 2014 hat man vor Steuern über 732.000 Euro Verlust gemacht. In der Bilanz 2015 steht ein Minus von 433.566,41 Euro. Für eine Privatbank, die kaum Kredite vergibt und auch kein großes Schaltergeschäft hat, sondern das Kerngeschäft Vermögensverwaltung, ein überraschend negatives Ergebnis.
„Alle Schritte sind vom Aufsichtsrat abgesegnet“, beruhigt Vorstand Atzwanger. Man habe 2011 eine Industrieplan verabschiedet, an dem man sich seitdem halte. Dabei habe die Alpenbank Bozen bisher alle gesetzten Budgetziele erreicht. „Wir werden schon im nächsten Jahr wieder Gewinne schreiben“, ist sich der Manager sicher.
Im vergangenen Jahr wurde ob der Verluste aber die österreichische Finanzmarktaufsicht FMA tätig. Die Alpenbank musste einen Sanierungsplan vorlegen. Der Hauptpunkt. Eine drastische Reduzierung der Kosten. Vor allem in Bozen.
Gespart wird dabei vor allem bei den Angestellten.
Der Gehaltsverzicht
Wie radikal man den Sparstift dabei ansetzt, wurde den Mitarbeitern der Alpenbank schnell klar. Laut Raiffeisen-Kollektivvertrag steht auch den Alpenbank-Mitarbeitern eine Gruppenprämie zu. 2015 bekamen die Mitarbeiter dieser Prämie erst gar nicht mehr und jene von 2014 mussten sie auf Anweisung von oben bis Juni 2016 ratenweise zurückzahlen. „Diese Rückzahlung ist aber unserer Meinung nicht rechtens“, sagt Ulrich Untersulzner, Landessekretär der Bankengewerkschaft FABI.
Die FABI wurde im Juli 2016 von der Alpenbank offiziell an den Verhandlungstisch geladen. Das Ziel war ein sogenanntes Solidaritätsabkommen. Konkret: Um Entlassungen zu vermieden, stimmen die Mitarbeiter gewissen finanziellen Einbußen zu. Der Vorschlag sieht einen Verzicht vor, der am Ende zwischen 15 und 20 Prozent des Jahresgehaltes ausmacht. Zum Vergleich: Bei der Südtiroler Sparkasse hat man ein ähnliches Betriebsabkommen geschlossen. Mit einem Minus von nur 5 Prozent.
Die Mehrheit der Belegschaft muss diesem Abkommen aber zustimmen. Bei der ersten Abstimmung im August lehnte man den Vorschlag mit breiter Mehrheit ab. Erst nach einigen Nachbesserungen wurde das Abkommen am 19. September dann ratifiziert.
Das Abkommen läuft zwei Jahre und sieht für 2016 Einsparungen bei den Personalkosten von 240.000 Euro und 2017 von 400.000 Euro vor.
Atzwangers Prämie
Die Verhandlungen zu diesem Abkommen machten aber augenscheinlich welches Klima in der diskreten Privatbank am Bozner Kornplatz inzwischen vorherrscht. Und wie der Führungsstil von Michael Atzwanger aussieht.
Der Alpenbank-Vorstand setzte dem Betriebsrat und einigen Mitarbeiter in der Phase der Verhandlungen so zu, dass die Gewerkschaft FABI eine anwaltschaftliche Abmahnung (diffida) schicken musste.
Selbstredend führte Atzwanger nicht selbst die Verhandlungen mit der Gewerkschaft, sondern lies sich dabei vom Vizedirektor des Raiffeisenverbandes Christian Tanner vertreten. Als das Abkommen fertig aus verhandelt war, strich Michael Atzwanger im allerletzten Moment einen Passus. Plötzlich fehlte ausgerechnet jene Bestimmung, die vorsah, dass der Vorstand auf genauso viel wie die Mitarbeiter verzichtet.
Die FABI weigerte sich das Abkommen so zu unterzeichnen. In diesem Fall geht das Ganze automatisch zur Federcasse nach Rom.
Alpenbank-Sitz am Kornplatz: Solidarität hört beim Vorstand auf.
Weil der Raiffeisenverband derzeit aber an der Bildung der neuen Holding arbeitet, will man auf keinen Fall weitere Probleme in Rom. Im Einvernehmen mit den Gewerkschaften holte man das Abkommen zurück und baute einen Passus ein, der vorsieht, dass Atzwanger – so wie die Vorstände in Innsbruck – behandelt wird.
Auch diese haben einem Solidaritätsabkommen zugestimmt. Dort sind es aber nur 10 Prozent auf die man verzichtet.
Als dann auch noch bekannt wurde, dass Michael Atzwanger – trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten – auch heuer seinen vertraglich zugesicherten Bonus von rund 50.000 Euro bekommen hat, war das der sprichwörtlich letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
„Eine Kriegserklärung“
Obwohl Michael Atzwanger nach außen hin so tut, als sei der Abgang der fünf Führungskräfte kein Problem, wurde die Alpenbank-Führung von der Aktion völlig kalt erwischt. Am Dienstag vergangener Woche sammelte Atzwanger den Rest der Mannschaft, sowie seine engsten externen Finanzberater zu einer Krisensitzung. Dabei wurde es am Kornplatz laut. „Das ist eine Kriegserklärung“, donnerte der Alpenbank-Vorstand. Und er reagiert auch als sei man wirklich im Krieg.
Die Alpenbank-Angestellten bekommen am 27. des Monates ihr Gehalt ausgezahlt. Umgehend ließ Atzwanger von den Bankkonten der fünf Berater das bereits überwiesene Gehalt wieder zurückbuchen. „Das ist eindeutig widerrechtlich “, urteilt FABI-Gewerkschafter Ulrich Untersulzner. Atzwanger von salto darauf angesprochen, schiebt jede Verantwortung von sich: „Ich tue das, was mir dir Rechtsberatung des Raiffeisenverbandes vorschlägt.“
Wie sehr sich der Alpenbank aber im Graubereich befindet, zeigt ein anderer dokumentierter Vorgang. Atzwanger & Co kennen die Gefahr, dass die Alpenbank-Kunden mit dem fünf Beratern die Bank verlassen. Deshalb hat man auf der Sitzung am Dienstag die Kundelisten unter den Finanzberatern verteilt. Mit die Ziel alle Kunden so schnell wie möglich zu kontaktieren.
Dabei wurden Kundenportefeuilles auch an Berater ausgegeben, die nicht Angestellte der Alpenbank sind. „Das ist absolut rechtens“, sagt Michael Atzwanger. Ein Südtiroler Bankenfachmann sieht das vollkommen anders: „Eine größere Verletzung des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes kann es wohl kaum geben.“
Hollawind die Banker und die
Hollawind die Banker und die oberen Tausend...
...so geht es eben, wenn man
...so geht es eben, wenn man überheblich und arrogant wird!!
Ein sehr interessanter
Ein sehr interessanter Artikel!
Es stellt sich aber doch die Frage, woher Herr Atzwanger in diesem Umfeld den Optimismus nimmt, im nächsten Jahr schon wieder Gewinne zu schreiben...
Aber bitte, reden wir in drei Jahren nochmals davon.
Front-up-Fee, jährliche Erfolgsgebühren, nette Fixgehälter für Führungskräfte. Da muss die Anlage des Kunden fette Renditen abwerfen, damit das Geschäftsmodell aufgeht.
Und wie steht es mit den Verlusten? Gewinne und Prämien privatisieren, Verluste sozialisieren?