Heißer Herbst

Die “Zahlenspielereien” des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebs, haben beim Vorsitzenden des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbunds ASGB Kopfschütteln hervorgerufen. “Ich bin verwundert”, sagt Tony Tschenett. Vor allem über die Aussage, dass bis Ende des Jahres im Sanitätsbetrieb die Kosten fünf Millionen Euro über der berechneten Steigerung liegen werden. Dies hatte Schael am Dienstag verkündet – “eine schlechte Nachricht”, laut dem Generaldirektor. Doch auch Tschenett hat nachgerechnet. Bereits bei den Gesprächen zur Ermittlung der Halbjahresbilanz des Sanitätsbetriebs Anfang August habe Schael erklärt, dass bis Jahresende vermutlich ein Loch von fünf Millionen Euro in den Kassen des Betriebs herrschen werde. “An der Summe des prognostizierten Fehlbetrags ändert sich also nichts”, analysiert der ASGB-Vorsitzende. Vielmehr sei er erstaunt, dass das Defizit dasselbe bleibe, obwohl der Sanität über den Nachtragshaushalt im September inzwischen zusätzliche 38 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden seien. “An dieser Stelle erwarte ich mir eine Klärung über den Sachverhalt”, meint Tschenett, “denn mathematisch würde sich damit ein Fehlbetrag von 43 Millionen Euro ergeben.”
Kein 43-Millionen-Loch
Beim Sanitätsbetrieb gibt man Entwarnung. Zwar ist Thomas Schael persönlich nicht zu erreichen, doch auf Nachfrage hat salto.bz die Auskunft erhalten, dass die 38 Millionen Euro aus dem Nachtragshaushalt bereits im Frühjahr in die Bilanz des Sanitätsbetriebs mit eingerechnet worden seien. Also bevor Thomas Schael überhaupt den Posten als Generaldirektor von seinem Vorgänger Andreas Fabi antrat.
Trotzdem ist Tony Tschenett nicht ganz zufrieden. Vor allem kritisiert er die Sparmaßnahmen, die die von Schael verkündete Trendwende in Sachen Kostensteigerungen erst ermöglicht hätten. “Es stimmt, dass Kosten eingespart wurden, dies geht aber auf Einsparungen im Verwaltungsbereich zurück”, meint der ASGB-Vorsitzende, “sprich, Personal wurde bei Nachbesetzungen erst später neu eingestellt, Hilfspersonal gar nicht nachbesetzt. Dies mag die Kosten kurzfristig senken, geht tatsächlich aber zu Lasten der Mitarbeiter und der Dienstleistungsqualität”, warnt er.
Rücken stärken
Mehr Verständnis für Thomas Schael kommt hingegen von Vertretern anderer Gewerkschaften. “Man muss den Mut haben, die existierende Verschwendungen aus dem Weg zu räumen”, meint etwa Toni Serafini von der UIL/SGK. “Und um ein Urteil über das, was der Sabes-Generaldirektor sagt, zu fällen, muss man schon seine Kompetenzen haben und das Thema so wie er es kennt kennen. Wenn er sagt, dass es mehr Geld braucht, heißt das, dass es mehr Geld braucht”, so Serafini zum Corriere dell’Alto Adige. SGB/Cisl-Sekretär Michele Buonerba sieht das ähnlich: “Durch einige Passagen der Sanitätsreform würden tatsächlich so manche Verschwendungen eingedämmt – eine notwendige Sache.”
Einig sind sich alle drei Gewerkschafter in einer Sache: Es besteht Verbesserungsbedarf bei der Qualität der Dienstleistungen im Gesundheitsbetrieb. “Das Angebot muss am effektiven Bedarf der Patienten ausgerichtet werden”, ist Buonerba überzeugt. Daher sieht er einer möglichen Zentralisierung einiger Abteilungen wohlwollend entgegen. “Ein begrüßenswertes Vorhaben, das der erforderlichen Qualitätsoptimierung sowie der Nachfrage entgegenkommt”, erklärt er. Für Serafini ist unter anderem bei den Wartezeiten für fachärztliche Visiten anzusetzen. Diese seien “entschieden zu lang”.
Von den Gewerkschaften auf Trab gehalten
Für den heutigen Donnerstag ist ein Treffen zwischen der Führungsspitze und den Gewerkschaftsvertretern angesetzt. Denn der Klärungsbedarf ist groß. Unter anderem wird die Neuregelung der ärztlichen Turnusdienste sein Thema sein. Am 25. November tritt eine entsprechende europäische Richtlinie in Italien in Kraft, die vorsieht, dass unter anderem Krankenhausärzte maximal 48 Stunden in der Woche arbeiten dürfen, dabei nicht mehr als 13 Stunden am Stück und mindestens elf Stunden Ruhezeit einhalten müssen.
Bisher hatte man im Sanitätsbetrieb stets Ausnahmen für die Ärzte – in ihrer Eigenschaft als Führungskräfte – gemacht. Doch die Ärtzegewerkschaft Anaao hat bereits im Vorfeld des Treffens angekündigt, auf die penible Einhaltung der Vorgaben pochen zu wollen. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Sanitätsbetrieb verhält. Doch eines ist gewiss: Für Thomas Schael und seine Mitarbeiter hat ein heißer Herbst begonnen.