Wirtschaft | Sanität
Medienpolitsche Prophylaxe

Foto: dolomiten
Das Wort des Landesrates ist wertvoll.
In einer ähnlichen Preisklasse dürften auch die Äußerungen des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes liegen.
Thomas Widmann und Florian Zerzer lachten diese Woche zeitgleich aus den Dolomiten und dem Alto Adige. Widmann kommunizierte dabei ein Thema, das er bereits mehrmals in Pressekonferenzen, Aussendungen und Interviews erläutert hatte: die wichtige Rolle der kleinen Krankenhäuser. Zerzer hingen darf im Tagblatt über 100.000 freigewordene Termine für Visiten und damit zusammenhängend über die Verkürzung der Wartezeiten sinnieren.
Der Unterschied zu einem normalen Zeitungsartikel?
Den Steuerzahler kosten diese Artikel rund 1 Euro das Wort.
Denn es handelt sich bei den Artikeln um eine bezahlte Werbung in den Athesia-Medien. Unter dem Titel „Sonderseite Gesundheit“ und der Beifügung „in Zusammenarbeit mit dem Sanitätsbetrieb Südtirol“ klingeln im Ebnerverlag mit diesen Artikeln die Kassen.
Allein die Seite, in den Dolomiten erschienen am Mittwoch, kostet 7.074 Euro plus Mehrwertssteuer. Im Alto Adige ist es etwas billiger: 4.305 Euro plus Mehrwertsteuer.
Strategische Themen
Bereits am 23. Juli 2019 hat der Sanitätsbetrieb per Beschluss ein „Medienprojekt - Information und Kommunikation strategisch relevanter Betreuungsthemen“ verabschiedet. Offiziell geht es dabei „um die Informations- und Kommunikationstätigkeiten zur Unterstützung der strategischen Themen“. In Wirklichkeit ist es bezahlte PR für das Südtiroler Sanitätswesen
Im Beschluss 490/18 heißt es dazu: „Erachtet, dass es nötig ist, die strategischen Gesundheits- und Betreuungsthemen des Südtiroler Sanitätsbetriebes durch Maßnahmen der Medienarbeit und des Gesundheitsmarketings zu begleiten und zu unterstützen, um die Bevölkerung gezielt zu informieren; weiters als notwendig erachtet, den Südtiroler Sanitätsbetrieb noch stärker als bisher als zentralen Referenzpunkt für Gesundheitsthemen in Südtirol zu positionieren;
weiters festgestellt, dass die zu kommunizierenden strategischen Gesundheitsthemen die Bevölkerung im Allgemeinen und in weiterer Folge ältere Personengruppen als Zielgruppe haben und die ausgewählten Medien aufgrund ihrer Reichweite und/oder ihrer spezifischen Kundengruppen die Erreichung dieser beiden Zielgruppen als besonders geeignet erscheinen“. Insgesamt vergibt man für diese Kampagne 65.225,20 Euro plus Mehrwertsteuer.
Wenig überraschend dabei: 43.021,20 Euro davon also 66 Prozent fließen in Richtung Athesia.
Die Verteilung
So bekommen die Dolomiten für zwei Sonderseiten 14.148 Euro, der Alto Adige für zwei Sonderseiten 8.610 Euro. Die jetzt erschienenen Seiten sind deshalb nur der erste Teil dieses Deals. Dazu kommen aber noch eine Sonderseite im Dolomiten Magazin (3.980 Euro) und das Magazin Alto Adige Monitor macht für 3.000 Euro eine Coverstory und 2 Innenseiten. Bedacht werden aber auch Die Neue Südtiroler Tageszeitung mit 2.900 Euro für 2 ganzseitige PR-Infos, der Corriere dell’Alto Adige mit 4.400 Euro und die Wochenzeitung FF mit 11.400 Euro für 2 Doppelseiten PR-Infos.
Die Kampagne wird aber auch im Radio gesendet. „Berücksichtigt, dass Radiosendungen und -spots ein sehr gutes Verhältnis von Kosten und Reichweite besitzen“, heißt es dazu im Beschluss. Auch hier spiegelt sich dasselbe Verhältnis wieder. Die Radios Radio NBC erhalten 2.500 Euro für 5 redaktionelle Beiträge, Sacra famiglia in blu 500 Euro für 12 redaktionelle Beiträge und Radio Grüne Welle 504 Euro für 12 redaktionelle Beiträge.
Den Löwenanteil geht auch hier in Richtung „Funkhaus GmbH“, die zu 50 Prozent der Athesia AG gehört. So erhalten die beiden Sender Südtirol 1 und Radio Tirol 9.923,20 Euro für „5 redaktionelle Beiträge mit Wiederholungen in Exklusivzeiten“. Zudem scheint die Funkhaus GmbH ihre Übernahmeschlacht am Südtiroler Radiomarkt fortzuführen. Laut Beschluss des Sanitätsbetriebes gehört auch „Radio Italia Anni 60 Alto Adige“ inzwischen diesem Unternehmen. Das Radio wird in der Kampagne mit 3.360 Euro für 12 redaktionelle Beiträge bedacht.
Die Presseämter
Landesrat Thomas Widmann kann über mehrere Journalisten der Presseagentur des Landes seine Themen kommunizieren. Auch der Sanitätsbetrieb hat ein Presseamt, das mit mehreren Journalisten besetzt ist. Beide Institutionen werden genutzt, um solche Themen kontinuierlich in die Medien zu bringen.
Warum es deshalb eine solche bezahlte Kampagne braucht, dürfte unter die ärztliche Schweigpflicht fallen. Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass der Sanitätsbetrieb zusätzlich Millionen an Annoncen für Werbung ausgibt.
Warum es deshalb eine solche bezahlte Kampagne braucht, dürfte unter die ärztliche Schweigpflicht fallen. Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass der Sanitätsbetrieb zusätzlich Millionen an Annoncen für Werbung ausgibt.
So will es der Zufall, dass am Mittwoch aus den Dolomiten einige Seiten weiter hinten, Nicole Uibo, die Ehefrau des SVP-Obmannes und Wirtschafts- und Kulturlandesrates Philipp Achammer aus einer bezahlten Anzeige lacht. Es handelt sich um die Impfkampagne des Sanitätsbetriebes.
Eines scheint deshalb in Südtirols Sanität besonderes Gewicht zu haben: die medienpolitische Prophylaxe.
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Wäre dies nicht ein Fall für
Wäre dies nicht ein Fall für den Rechnungshof???? Steuerverschwendung????
Antwort auf Wäre dies nicht ein Fall für von Günther Alois …
Es ist schon unverständlich,
Es ist schon unverständlich, wenn die hochgeputschten Presseämter nicht mehr genügen, wo Widmann bei der Athesia ja schon eine Vorzugsschiene hat. Und wenn schon, müssten auch die Online-Portale berücksichtigt werden - ja aber dann wären auch wieder die von Athesia die Nutznieserin!