Kultur | Salto Afternoon

Modern

Maria Oberrauch ist mit mehreren Kurzgeschichten in der von Tanja Raich mitkuratierten Literaturzeitschrift "Lichtungen" vertreten. Salto veröffentlicht eine davon...
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Foto: Salto.bz

Vor drei Morgen ging ein Rind verlust, es stürzte ab, am rechten Leger sind die Hänge mit 40 Grad Hängung riskant, bei nasser Matte hätte man es wissen müssen, hat man es mir in den Rücken geschoben. Es war keins von den stalleren Talviechern, die ohne Muskel und Balance siechen. Es war eins von denen, die sich zu viel vertrauen und nicht einmal eines Grundes wegen in abschüssiges Gelände grasen. Gestern war der Kadaver schon soße Substanz und Hostel für wanderndes Kleinstgetier. Heute kommt ihn der Hubschrauber holen, es darf in Vollverwertungshallen noch immer gut genug zu holen sein. Wir werden flach in der Höhe, abgeschliffen bis stumpf. Wir ziehen uns den Nebel an. Es regnet eine Woche schon, wir stehen jeden Morgen hinaus und lassen uns den Hut in die Stirne tropfen. Die Schuhe modern alm und aus. Wenn ich heute aufwache und höre, dass ich nichts höre, dass es endlich nicht mehr regnet, schlecke ich warm vom Schlaf und würde vorher noch die Fenster öffnen. Es ist halb fünf und es ist dunkel, es ist fünf nach halb fünf und es ist dunkel, bis ich fertig belegt in der Tür erschrecke, irgendetwas versiegt, es schneit, dick. Der August auf Zwei-—drei (2300 m) achtet nicht das Gesetz vom Sommer im Tal. Es hilft nichts. Ich helfe den Kühen den Weg zu treten. Sie dürfen zu den letzten Bäumen am Touristenausblick, wo ein bisschen Schutz und gewiss keine Touristen zu blicken sind, heute, im Schnee, auf Zwei- —drei. Wenn Freunde und Familie kommen, sie fahren viele hundert Kilometer mich zu besuchen, dann staunen sie und finden es schön und beeindruckend und Hartearbeit hier oben und wollen schließlich auch staunen, weil sie viele hundert Kilometer gefahren sind, mich zu besuchen. Dann tu ich ein bisschen groß und bin ein bisschen stolz, viel Unterschied macht es nicht.