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„Do geaht nou a bissl“

Neuerscheinung bei Arca Edizioni: Wirtschaftswissenschaftler Thomas Benedikter zeigt mit trockenem Humor auf, wo es beim selbst erklärten „Klimaland Südtirol“ noch fehlt.
Vorstellung Klimaplan Südtirol
Foto: LPA/Fabio Brucculeri
  • Thomas Benedikter ist kein Mann, der sich gerne in den Mittelpunkt stellt. Der 66-jährige Wirtschaftswissenschaflter, Politikforscher und Publizist aus Bozen denkt lieber leise mit, um dann mit einer umfassenden Analyse aufzuwarten. 

    „Die Bäume wachsen dort noch immer in den Himmel, jetzt halt IDM-zertifiziert nachhaltig.“ 

    Waren es früher vor allem Minderheitenrechte, Frieden und Abrüstung, so arbeitet sich Benedikter seit geraumer Zeit am Klimathema ab. Letztes Jahr gab er den Sammelband „Klimaland Südtirol? Regionale Wege zu konsequentem Klimaschutz“ heraus. Nun folgt mit „Do geaht nou a bissl. Klimaschutz auf Südtirolerisch“ das Nachfolgewerk. In diesem geht der Autor nicht ohne Ironie auf die Herausforderungen ein, vor welchen unser Land steht – falls wir beschließen sollten, das Wort „Nachhaltigkeit“ tiefergehend zu verstehen und möglicherweise dann auch danach zu leben. 

    Mit trockenem Humor zeigt er auf, was bisher geschah (leider nicht viel, so viel sei schon verraten) und wo Südtirol seine Hausaufgaben machen müsste. Ein eigenes Kapitel ist etwa dem Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) gewidmet: „Die Südtiroler Hoteliers begreifen sich als Wohlstandsmaschine, so der Tenor der 60-Jahr-Feier des HGV 2023. Die Bäume wachsen dort noch immer in den Himmel, jetzt halt IDM-zertifiziert nachhaltig.“ 

  • Thomas Benedikter: Der Wirtschaftswissenschaftler geht mit Südtirols Gesellschaft und Politik hart ins Gericht. Foto: Privat

    Natürlich sollten hier alle jene weghören, die jede Kritik als Anmaßung verstehen und Fehlentwicklungen gerne beschönigen. Im Buch namentlich genannt werden beispielsweise der Tourismus, aber auch das eigene Mobilitätsverhalten. Es dürfte wahrscheinlich wenig gefallen, dass die Energiewende hierzulande nur erreicht werden kann, wenn die bestehende Pkw-Flotte zwar auf einen elektrischen Antrieb umgerüstet wird, aber ebenso deren Stückzahl sinkt.

    Auch der Gebäudesektor wird durchdekliniert. Benedikter kommt im Kapitel zum Südtiroler Klimaplan darauf zu sprechen: „Ausgeklammert bleibt im Bereich der Gebäudeheizungen der heute quantitativ wichtigste: Gasheizungen. Aus aktuellen Debatten weiß man, welche soziale Sprengkraft diese Frage hat.“ Deutschland befindet sich nicht ohne Grund wegen dem Wärmegesetz des Grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck in einer politischen Selbstfindungsphase, die der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) hohe Umfragewerte beschert. 

  • Hellhörig geworden ist mittlerweile auch die Freiheitliche Landtagsabgeordnete Ulli Mair, als bei der Klimashow von Climate Action, OEW und Klima Club der Austausch von 80.000 Heizungen in Südtirol gefordert wurde. Sie will nun in einer Landtagsanfrage wissen, wie viel heimisches Steuergeld in die Klimashow geflossen ist. Schließlich könne die Südtiroler Bevölkerung auf „Panikmache“ vonseiten der Veranstalter wohl verzichten. 

    „Südtirol hat genug für alle, wenn es bloß gelänge, den materiellen Wohlstand gerechter zu verteilen.“

    Nicht nur Ulli Mair hat Interesse für das Klimathema entwickelt, auch die Südtiroler Hersteller von beliebten Exportprodukten: „Wenn aufgrund des menschengemachten Klimawandels längere Trockenperioden zu befürchten sind und Bewässerungswasser rationiert wird, werden die Obst- und Weinbauern hellwach und denken voraus“, schreibt Benedikter. 

    Das dürfte ein kleiner Vorgeschmack für die bevorstehenden und wichtigen Verteilungskonflikte sein, die durch den Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt entstehen. Ein Krieg unter Armen? Schließlich emittieren laut dem von Benedikter zitierten „World Inequality Report 2022“ die reichsten 1 Prozent der Weltbevölkerung 17 Prozent der gesamten CO2-Emissionen. 

    Fakt sei jedenfalls, dass Südtirol beim aktuellen Tempo nicht, wie im Klimaplan angekündigt, bereits in 16 Jahren, sondern erst in 100 Jahren klimaneutral wird. Deshalb plädiert Benedikter für ein Umdenken: „Südtirol hat genug für alle, wenn es bloß gelänge, den materiellen Wohlstand gerechter zu verteilen.“ Eine ökologische und regionale Kreislaufwirtschaft könne alles bieten, was ein gelungenes Leben ausmacht. Damit scheint der Autor implizit zu fragen, worauf wir eigentlich noch warten. Eine wohl nicht ganz unberechtigte Frage. 

    Bemerkung am Rande: Das Titelbild dieses Artikels entstand bei der Präsentation des „Südtiroler Klimaplans 2040“ in Bozen im Juni 2023, Fotograf: Fabio Brucculeri vom Landespresseamt. 

  • Das Buch

    Do geaht nou a bissl. 

    Klimaschutz auf Südtirolerisch

    arcaedizioni Lavis, 2023

    Euro 13,00, 160 Seiten

    ISBN 978-88-88203-90-4

    Foto: SALTO
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Franz Pattis So., 07.01.2024 - 13:12

Und das Titelbild dieses Buches bzw. die neue dreieckige „Blechkonserve“ mit Baukran auf dem Santnerpass sagt eigentlich alles über den Stellenwert des Klima- bzw. Naturschutzes in Südtirol!!
Soweit ich mich erinnern kann sind von der Landesregierung an die 1,3 Millionen Euro für diese landschaftliche Zerstörung des Rosengartens bzw. Sponsorisierung einer privaten Schutzhütte „spendiert“ worden!
Meine Frage an den Rechnungshof: wo bleibst du??

So., 07.01.2024 - 13:12 Permalink