Let It Bleed Records
Michael Klammsteiner ist gebürtiger Bozner, er war früher Sänger bei No Choice, einer Bozner Hardcore-Band, die seinerzeit im hiesigen Untergrund etlichen Staub aufgewirbelt hat und eine Zeit lang auch Manuel Randi zu ihren Gitarristen zählen konnte. Das Leben hat Klammsteiner in den Süden Deutschlands verschlagen, und dort hat er 2016 das Label Let It Bleed Records ins Leben gerufen. 2016 erschien als erster Release die „No Choice” als 7''-Vinyl.
Ende letzten Jahres sind zwei Releases erschienen, die Katalognummern LIB010 und LIB011, die noch einmal zwei Bands aus dem Bozner Untergrund aus der Vergangenheit in die Gegenwart holen: Soul At Zero und Khalmo. Beide Releases enthalten Material, das bislang nur digital erhältlich war, und beide Releases erscheinen als Tapes.
Die Verpackung der Tapes ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, denn die Tapes kommen in einer Plastikhülle mit beiliegendem beidseitig bedrucktem „Cover”, in der Grüße irgendwo zwischen A5 und A4. Wenn dieses „Format” auch etwas Unruhe ins Regal bringt, so bietet das Cover doch deutlich mehr Platz für Text, Fotos und Grafik, als es ein Tape je hergeben würde.
Khalmo
Khalmo waren, als eine der allerersten Harcore-Bands des Landes, Anfang der Neunziger Jahre unterwegs. Das vorliegende Tape enthält einen Livemitschnitt eines Konzertes vom 27. November 1993 im „Centro popolare autogestito” in Florenz. Der Gig zeigt die Band sehr aufeinander eingespielt, und wenn die meisten der zehn Songs dem zornigen Hardcore der alten Schule zuzurechnen sind, finden sich auch überraschend ruhige Momente, wie in „La malattia di Anna” etwa.
Die Energie, die die Bozner Band in Songs wie „Solo vergogna” oder „Parole perdute” vermittelt, ist mitreißend und der Live-Mitschnitt besitzt ausreichend Transparenz, Ausgeglichenheit und klanglichen Druck, um die Veröffentlichung zu rechtfertigen. Wäre dies ein Bootleg, es wäre definitiv ein guter Bootleg.
Soul At Zero
Die Aufnahmen für das Tape von Soul At Zero sind – wenngleich posthum – bereits in digitaler Form erschienen: Die vier Songs der EP „Nothing To Believe” wurden 2002 eingespielt, die sieben Songs von „Human vs. Nature” hingegen zwei Jahre später.
In den Nuller Jahren das das „Papperla” in Bozen ein sehr wichtiger Bezugspunkt für die Szene, auch weil das Jugendzentrum den Bands Platz zum Proben und zum Auftreten bot. In den dortigen Proberäumen trafen sich auch Manuel Oberkalmsteiner (heute Zolf & Saturn), Eric Righi (heute Graveworm) und Maurice Bellotti (heute u.a. Deadsmoke und Hjiss) um ihrem gemeinsamen, kurzlebigem Projekt nachzugehen.
Die Aufnahmen zeigen u.a., wie sehr sich die Musik im Bozner Untergrund in zehn Jahren weiterentwickelt hat. Soul At Zero sind Hardcore, aber die stilistischen Grenzen verschwimmen ständig. Grindcore, Post-Hardcore, wütender Punk, Screamo, groovender Death Metal und anderes mehr taucht bereits in den ersten vier Songs auf. Soul At Zero sind experimentierfreudig, sind geizig mit Wiederholungen und würden auch heute noch mit ihren Songs mit Sicherheit bestehen können. Der Song „Silence” mag als Beispiel für die Vehemenz der Band gelten.
Die Songs aus „Human vs. Nature” sind etwas postiger, ruhiger und weiter ausholend. Sludge und Doom spielen eine nicht unwesentliche Rolle, aber es ist die gleiche Band, die hier zu Werke ist, es sind ja „nur” zwei Jahre vergangen.
Beide Releases können über die Bandcamp-Seite des Labels bestellt werden, können aber auch in Bozen, im „Highscore Tattoo Shop”, Goethe-Straße 44, 1. Stock, gekauft werden.
Links:
Let It Bleed Records: https://letitbleedrecords.bandcamp.com/
Khalmo: https://letitbleedrecords.bandcamp.com/album/s-t-3
Soul At Zero: https://letitbleedrecords.bandcamp.com/album/s-t-2