Politik | Blitzbesuch

Nachwehen einer Stippvisite

Der Besuch von Matteo Renzi bereitet gar einigen Bauchschmerzen. Es geht ums Geld und die Frage, warum nur Abgeordnete von PD und SVP mit dem Premier reisen durften.

Er will nicht die beleidigte Leberwurst spielen. Für Florian Kronbichler geht es ums Prinzip. Was von offizieller Seite als “Staatsbesuch des Ministerpräsidenten” angekündigt wurde, war für den SEL-Kammerabgeordneten in Wirklichkeit nichts weiter als eine Wahlkampftour für den PD. “Da war mehr Partei als Staat”, klagt Kronbichler am Dienstag Abend bei einer Intervention im Parlament.

Beweis dafür sei auch die Auswahl der Parlamentarier, die Renzi eingeladen hatte, ihn von Rom nach Bozen zu begleiten. Die Einladung war ausschließlich an die Abgeordneten des PD und der SVP gegangen. “Mich hat der Ministerpräsident nicht eingeladen”, schreibt Kronbichler am Dienstag Abend. “Ich hätte die Einladung zwar keinesfalls angenommen, doch akzeptiere ich die Art und Weise nicht, wie Renzi die Parlamentarier diskriminiert”, so Kronbichler. Der Premier habe erneut bewiesen, was er vom Parlament halte. Am Dienstag wurde in der Kammer nämlich über einen Gesetzesentwurf zu Umweltdelikten abgestimmt. Für Kronbichler ein wichtiger Akt an einem ganz normalen Arbeitstag. Der Ausflug des Premiers und einiger ausgewählter Abgeordneter – für den Sel-Abgeordneten ein Affront gegen die parlamentarische Arbeit.

Ankunft am Flughafen Bozen.

Luisa Gnecchi hat die Einladung Matteo Renzis, mit nach Bozen zu kommen, ausgeschlagen. Begründet hat sie ihre Entscheidung mit der anstehenden Arbeit in der Kammer. Gnecchi hatte bereits vor einigen Tagen den Ministerpräsidenten und Parteikollegen Renzi kritisiert. “Der Premier kann nicht weiterhin das Parlament ignorieren”, so Gnecchi im Vorfeld der Abstimmung über das neue Wahlgesetz. Sie hat dem Premier das Vertrauen verweigert.


“Frevelhafte Verschwendung öffentlicher Gelder”

Weniger eine Frage des Prinzips als vielmehr des Geldes ist Renzis Blitzbesuch im Trentino und Südtirol für Riccardo Fraccaro. Der Trentiner Parlamentarier des Movimento 5 Stelle hat es ausgerechnet: Allein die diversen Transfers des Premiers – mit Flugzeug und Helikopter – haben den Steuerzahler stündlich 26.000 Euro gekostet. 8.400 Euro in der Stunde für den Helikopter, von Fraccaro ironisch “Renzicottero” getauft, und je 9.000 Euro pro Stunde für die beiden eingesetzten Flugzeuge des Staates.

Erstaunen hingegen am Bozner Flughafen. Wer dort anwesend bei der Ankunft des Premier anwesend war, wunderte sich, wie klein das Flugzeug Renzis doch war. Erinnerungen an die protzigen Flugzeuge des Typs DC9 wurden wach. Mit diesen reisten frühere Ministerpräsidenten auf Kurz- und Mittelstrecken. Für die Landepiste des Flughafen in Bozen sind sie jedoch zu groß.

Keine Beachtung findet der Umstand, dass die Maschine Renzis um einiges kleiner und kostengünstiger ist, als es zu früheren Zeiten üblich war, in der Aussendung Fraccaros: “Eine Beleidigung angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes”, kritisiert er. Man habe bereits den Rechnungshof eingeschaltet, der über den “scellerato sperpero di risorse pubbliche” Renzis befinden soll. Auch nationale Medien haben über den reise- und spendierfreudigen Premier berichtet. Der Fatto Quotidiano etwa erinnert an den Familienausflug nach Aosta, bei dem die gesamte Familie Renzi an Bord eines Fliegers der Staatsflotte nach Courmayeur gereist war.


Renzi schwärmt, Mattarella kommt

Allen Unkenrufen zum Trotz hat es sich Matteo Renzi nicht nehmen lassen, auf seiner Facebook-Seite einen ausführlichen Bericht über seine Stippvisite zu veröffentlichen. Darin erzählt er von Trentino und Südtirol als von “einem Stück Italien, wie es einmal sein wird”. Er beschwört die Italiener, sich an den beiden Provinzen ein Vorbild zu nehmen: “L’Italia che ci prova ha bisogno di comunità solide e solidali, ha bisogno di guardare avanti. Siamo quelli che ci credono, e che hanno voglia di lasciare il Paese migliore di come l’hanno trovato.”

Renzis Begeisterung für Südtirol und seine Nachbarprovinz scheint auch dem Staatspräsidenten zu Ohren gekommen zu sein. Just an dem Tag, an dem Renzi Bozen besucht, kündigt auch Sergio Mattarella an, Anfang Herbst nach Südtirol kommen zu wollen. Der Staatspräsident ist im Gegensatz zum Premier bekannt für seine verhältnismäßig bescheidenen Transportmittel. Häufig sieht man ihn im Fiat Panda, nicht weniger oft reist er mit dem Zug. Man darf also gespannt sein, wie Mattarella in Bozen anreisen wird.