„All-Eins sein hat mich stark gemacht"
salto.music: Deine neue EP „Halfway Home“ ist seit 03. August 2021 im Netz als Stream und Download verfügbar. Verzichtet June Niesein diesmal auf CD und Vinyl?
June Niesein: Ja, das ist richtig. Wir haben gerade unsere neue EP „Halfway Home“ auf allen Streamingportalen veröffentlicht. Da wir gerade sehr viel zu tun haben, sei es mit dem Label Alien Chord Records und deren Veröffentlichungen, blieb uns wenig Zeit CD und Vinyl termingerecht zu veröffentlichen. Diesmal werden wir höchstwahrscheinlich nur eine kleinere Menge an CDs pressen lassen, für Konzerte und Booking Anfragen. Vinyl wird auch kommen, aber nur auf Anfrage. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht vielmehr den digitalen Markt zu forcieren, als den früher üblichen physischen Markt, da es in der heutigen Zeit einfach angemessener ist Songs zu streamen, als sie physisch zu erwerben.
Alles begann mit einem Gitarrenriff, inspiriert von Band of Horses mit den Titel „The Funeral“.
salto.music: Auf der EP befinden sich insgesamt 4 Songs, darunter auch eine Akustik-Version des Titelsongs „Halfway Home“. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Erzähl uns kurz ein paar Einzelheiten über die Songs, die dir am wichtigsten sind.
June Niesein: Am Titeltrack „Halfway Home“ habe ich bereits seit letzten Sommer gearbeitet. Alles begann mit einem Gitarrenriff, inspiriert von Band of Horses mit den Titel „The Funeral“. Eine unglaublich starke Nummer. Aus diesen Riff entstand die Idee zu „Halfway Home“ bei einer Jam Session bei mir zu Hause zusammen mit Dennis Roilo.
Der Song „Halfway Home“ funktioniert auch mit bloß diesen einem Gitarrenriff, oder alternative nur mit dem Piano- und Streicher-Elementen, die in der Akustik-Version zu hören sind. Da der Song so extrem vielfältig ist und eigentlich überall einsetzbar ist, habe ich es super schade gefunden den Song nur von seiner offiziellen Seite her zu präsentieren. Genau deshalb wollte ich diese Akustik-Version schaffen, um eben die Vielfältigkeit des Songs zu zeigen.
Eine äußerst ungewöhnliche Herangehensweise einen Song zu produzieren.
Bei der Nummer „I Wanna Feel You“ haben wir Samples und Strophen für die Melodie aus dem Jahre 2013 von June Niesein hergenommen. Damals auf der Uni habe ich bereits sehr viel komponiert und viele Aufnahmen aus dieser Zeit gespeichert. Als ich den Song 2021 weiter komponiert habe, entstand die Nummer „Never Be Like You“, welches den heutigen Track „I Wanna Feel You“ darstellt.
Drei Tage vor der offiziellen Vocal Recording Session habe ich den Song komplett umgeschrieben, da ich durch einen Hinweis meines Produzenten Hannes Kelch aus Berlin auf eine neue Idee stieß. Wir haben eine komplett neue Hook geschaffen mit neuen Lyrics und aus „Never Be Like You“ entstand „I Wanna Feel You“. Da der Text nun so umgeschrieben wurde, konnten wir den ursprünglichen Titel nicht mehr hernehmen, weil die Zeilen „Never Be Like You“ nicht mehr im Song vorkamen (schmunzelt). Eine äußerst ungewöhnliche Herangehensweise einen Song zu produzieren (lacht).
salto.music: Die Produktion der neuen Aufnahmen scheint uns diesmal poppiger bzw. weniger rocklastig als auf deinem 2020er-Album „Apocalypse“.
June Niesein: Ja, das stimmt. Da ich aus Zeitgründen kurz vor der eigentlichen Produktion den Produzenten gewechselt habe, wurde diese Produktion in Berlin mit Hannes Kelch und Sebastian Braunreuther erstellt. Hannes’ ganz individueller Stil und natürlich meine Richtungsweise, welche auch schon in der Vorprodukten zu hören waren, haben die Songs etwas moderner gemacht. Weniger Rockelemente, dafür aber mehr Synthesizer, Effekte und Stimm-Chöre machen das Album sehr alternativer/poppiger/mainstreamiger. Ich finde dies gar nicht schlecht, denn wenn eine breite Masse Zugang zu den Songs erschafft, dann haben wir als Komponisten und Produzenten unseren Dienst erfüllt..
Mit „Halfway Home“ beschreibe ich die Rückkehr zu seinem eigenen wahren Selbst, welches auch die eigentliche Rückkehr zu Gott selbst darstellt.
salto.music: Im Doku-Clip zu „Halfway Home“ stehst du als Musiker am Anfang und am Ende alleine da. Ist das ein Punkt, der dich viel beschäftigt?
June Niesein: Das „All-Eins sein“ ist höchstwahrscheinlich ein zentrales Element meines Schaffens. Ich hatte niemals viele Freunde, weshalb ich es oft schwerer hatte als andere, da ich mich auch nie besonders in der Masse wohl gefühlt habe. Ich sehe mich als Einzelgänger, weshalb es mir deshalb auch leichter fällt, diesen ganz speziellen Weg als Musiker zu gehen. Das „All-Eins sein“ hat mich stärker gemacht und dadurch habe ich auch die Kraft gefunden, dieses Album zu schreiben und zu veröffentlichen.
Natürlich habe ich ein paar sehr gute Freunde, die mir helfen und mich supporten, doch ich denke, um wirklich authentisch seinen eigenen Weg gehen zu können, muss man erst in der Stille zu sich selbst finden und nicht vor sich selbst weg rennen, wie es viele Menschen in der heutigen Zeit machen. Die Welt gibt uns alle so viele Ablenkungsmittel, die uns eigentlich viel weiter von uns entfernen.
Mit „Halfway Home“ beschreibe ich die Rückkehr zu seinem eigenen wahren Selbst, welches auch die eigentliche Rückkehr zu Gott selbst darstellt. Denn wir sind „All-Eins“ und das ist unser Weg: zu erkennen wer wir wirklich sind, und das zu leben wofür wir wirklich stehen.