Kultur | Wissenschaft

Von Wissenschaft und Zugänglichkeit

Der Seiltanz der Museen zwischen Niederschwelligkeit und Wissenschaft: Die Aufgabe der Museen, komplexe Inhalte allgemein verständlich zu machen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Stock Bild eines Seiltanzes,
Foto: adobe stock, Peter Hermes Furian
  • In Zeiten von Faktenchecks und Fakenews bilden Museen feste Inseln im Informationsmeer. Noch verfügen die meisten Museen über ausreichend Glaubwürdigkeit in die Informationen, die sie ihren Besucherinnen und Besuchern vermitteln. Dass dies weiterhin so bleibt, daran arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in den Südtiroler Landesmuseen jeden Tag.

    Die Erhebung, Aufbereitung und Vermittlung von Informationen in einem Museum ist ein komplexes Unterfangen, denn das Zielpublikum ist vielfältig: Studierende, interessierte Laien und Fachleute, Einheimische, Touristinnen und Touristen und Sprechende verschiedener Muttersprachen. Daher gleicht die Bereitstellung von Informationen im Museum einem permanenten Seiltanz zwischen Niederschwelligkeit und wissenschaftlichem Anspruch.

  • Keine Patentrezepte

    Natürlich gibt es kein Patentrezept zur idealen Form der musealen Vermittlung. Die Unterschiede und die Vielfalt der Museen und ihrer Inhalte sind dafür zu groß. Allerdings hat sich im Austausch zwischen den in der Konservierung, Kuratierung und Museumsvermittlung Tätigen die Anwenung verschiedener Vermittlungsebenen weitgehend durchgesetzt. Dabei sollen auf einer ersten Ebene Informationen in niederschwelliger Form an ein Thema heranführen. Sprache(n) und Textlänge sollen möglichst dem Bedürfnis der "normalen" Museumsbesuchenden nach schneller und übersichtlicher Information entsprechen. Kurze Sätze mit wohldosiertem Informationsgehalt sollte dabei Standard sein. All dies dient in erster Linie dazu, die Besuchenden zu infromieren ohne sie zu ermüden. 

    Daneben braucht es aber auch Vertiefungsebenen. In diesen finden sich wissenschaftliche Fachinformationen, die Experten, aber auch interessierten Laien zugänglich sein sollen. Hierher gehören alle weiterführenden Details zur Hauptinformation, aber auch Text- und Bildbelege sowie die Provenienzen der gezeigten Objekte. In der Vertiefungsebene kann also jene Überprüfung und Verifizierung von Informationen erfolgen, die in den Hauptexten nicht untergebracht werden kann, aber für die Glaubwürdigkeit und Nachprüfbarkeit der Informationen unerlässlich sind.

    Zu diesen beiden Vermittlungsebenen kommen noch weitere Ebenen, beispielsweise mit Texten in leichter Sprache, oder Vermittlungsschienen für Kinder und Jugendliche. Weitere integrative Elemente sind Texte für Blinde, die verschriftlichte Form von Führungen für Gehörlose und allgemein die Bereitstellung von Inhalten in verschiedenen Sprachen. Alle diese Elemente machen ein Museum zu einem Ort nachhaltiger Inklusion.

  • Objekte und ihr Kontext

    Wie in den meisten Museen, so auch im Landesmuseum Bergbau, geht es um die Vermittlung von Informationen über Objekte, meistens in einem historischen oder naturwissenschaftlichen Kontext. Die Grundvoraussetzung ist dabei das jeweilige Objekt in den richtigen Kontext zu stellen. Im Museum sind Objekte weder reine Dekoration noch tote Gegenstände, deren Aufgabe das alleinige Füllen von Vitrinen ist. Objekte müssen zum Sprechen gebracht werden und es ist die Aufgabe von Kuratorinnen und Kuratoren den Objekten ihre Geschichte zu entlocken.

    Diese Arbeit beginnt mit einer Klassifizierung und Beschreibung des Objektes. Dabei ist auf alle Details zu achten, die Informationen über Herstellung und Gebrauch des Objektes geben können. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von „Objektgeschichte“. Die direkt aus dem Gegenstand zu erschließenden Informationen stellen jedoch nur die eine Seite der Medaille dar. Im Zusammenhang mit Museumsobjekten sind die Überlieferungsgeschichte und die Provenienz ebenso von entscheidender Bedeutung.

    Ein einfaches Beispiel kann dies verdeutlichen: Nehmen wir einen Geldschein aus der Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Zunächst handelt es sich um ein Stück bedrucktes Papier, das als Geld umgelaufen ist. Unser Geldschein ist weder besonders selten noch besonders gut erhalten. Erst seine Provenienz aus dem Portemonnaie der am Schneeberg tätigen und lebenden jungen Erzscheiderin Antonia Ennemoser macht ihn zu einem besonderen, für die Bergbaugeschichte relevanten Objekt.

  • Dieser Geldschein im Wert von 1000 Kronen aus der Zeit um die Jahrhundertwende zwischen dem 19. und 20. Jhd. gehörte ursprünglich der Erzscheiderin Antonia Ennemoser. Foto: Landesmuseum Bergbau
  • Wissenschaftliche Erkenntnisse verständlich machen

    Solche Zusammenhänge müssen natürlich nicht nur erkannt und dokumentiert werden, sondern die Information muss auch an die Museumsbesuchenden gebracht werden. Dabei steht am Beginn dieses Prozesses eine Menge Arbeit: Ist ein Objekt wissenschaftliche beschrieben beginnt die Recherche. Antworten auf einfache Fragen wie „Was ist das?“ und „Wozu hat es gedient?“ erfordern oft viel Grundwissen über vergangene Epochen. Alle, die sich mit Museumsobjekten intensiver beschäftigen, werden sehr bald auf ein Spezialwissen über Materialgeschichte und alte Handwerkstechniken angewiesen sein.

    Das Fachwissen, das sich Museumskuratoren und -kuratorinnen erarbeiten und das es ihnen ermöglicht Museumsobjekte in ihren richtigen Kontext zu stellen, ist in der Regel viel zu komplex, um durchschnittliche Besuchende zu interessieren. Es ist daher notwendig zu vereinfachen, zusammenzufassen und die wesentlichen Erkenntnisse herauszuarbeiten. Die Inhalte müssen auf die Gäste des Museums, ihr Alter und ihren Wissensstand zugeschnitten und angepasst werden.

    Kurz gesagt geht es darum, Wissenschaft allgemein verständlich zu erklären. Nur so kann gute Vermittlungsarbeit in Museen gelingen.