Kultur | Videospiele
Game Ground Reloaded
Foto: Bildquelle: Pixabay
An 13 Tagen, vom 10. bis 23. Oktober will man in Südtirol „Videospiel-Kultur vermitteln“, was nicht nur spielerisch von statten geht, sondern auch, gerade in den letzten drei Tagen, mit zahlreichen Vorträgen auch Kopfsache sein wird. Ausgerichtet wird das Festival von BeYoung mit Unterstützung des Amts für Jugend Politik der Provinz Bozen mit zahlreichen Sponsoren an 21 Standorten. Heute wurde die diesjährige Ausgabe im Jugendraum DRIN, in der Bozner Italienallee, vorgestellt.
Den Anfang macht die Reihe „Wall Play“, bei der die an öffentliche Plätze grenzenden Wände zur Projektionsfläche werden: Jeweils zwischen 18 und 20 Uhr hat man die Möglichkeit selbst den Controller in die Hand zu nehmen oder einfach zuzusehen. Auf verschiedenen Plätzen hat man sich für verschiedene Games entschieden: Am 10. Oktober wird am Bozner Montessori Platz Tetris Effect gespielt; am 11. am Brunecker Rathausplatz Mario Kart 8 Deluxe; am 12. am Bozner Matteotti Platz Gang Beasts; am 14. am Bozner Nikoletti Platz Gang Super Smash Bros. Ultimate; am 16. am Platz vor der Gemeinde in Leifers Nintendo Switch Sports; am 17. am Meraner Thermenplatz Mario Strikers Battle League Football; sowie am 18. am Bozner Unviersitätsplatz Super Mario Maker 2. „Wall Play“ dient dabei auch als Blickfang, die Spiele, welche man sich ausgesucht hat, kann man ohne weiteres als zugänglich bezeichnen.
Mit dem großen Bildschirm hat man noch zwei weitere Rendezvous, die nennenswert sind: Zum einen wird man den Spielhallen-Klassiker und Gettoni-Fresser Asteroids im Kuppelsaal des Planetarium in Gummer an der Decke spielen können (19. Oktober, 19 bis 22 Uhr), zum anderen wird der Popkultur-Philosoph Rick DuFer am Abschlusstag im Bozner Cineplexx das japanische Action-Rollenspiel Elden Ring vor Publikum spielen und in eine cineastische Fantasy-Welt einführen (23. Oktober, ab 10.30 Uhr).
Für wettkampflustige Spieler stehen zwei Mini-Turniere auf dem Plan: am 14. Oktober wird mit FIFA 23 digital Fußball in kurzen Runden gespielt, am 18. Oktober wird mit Mario Kart um die Wette gefahren. Dauer jeweils von 20.30 bis 23 Uhr, Ort Stadtklub Bozen (Weintraubengasse 2). Oder, wenn man sich lieber mit nur einem Gegner, sportlich messen möchte, kann man das in der Villa delle Rose (Passage der Erinnerung 19) mit dem Tanzspiel Just Dance 2022, am 12. Oktober, ebenfalls von 20.30 bis 23 Uhr.
Wer selbst in die Welt der Spieleentwicklung hinein schnuppern möchte, kann das bei einem (digitalen) Illustrations-Workshop mit Christian Cornia am 14. Oktober von 14 bis 17 Uhr im DRIN, Anmeldung erforderlich. Oder, abermals am letzten Tag des Festivals, dem 23., im NOI Techpark bei einem Workshop zu den Grundlagen mit dem Gamedesigner Michele Lanzo, Beginn 11 Uhr.
Unter den Begriff „Interaktive Ausstellungen“ fasst man unter anderem auch den Raum, den man im Stadtclub Bozen für die Festivaldauer dem Lokalen Multiplayer, umgangssprachlich Couch-Coop widmen möchte: Gespielt werden können FIFA 23, Fall Guys, Gang Beasts, Overcooked 2, Speedrunners, Rocket League und Windjammers 2. Weitere Ausstellungen sind fürs DRIN (Worldbuilding, sowie Retro-Spiele), im Twenty (Arcade Games, also Spiele-Automaten), im Café Waag (Videospiel-Adaptionen von Filmen) und im Naturkunde-Museum (zu anthropomorphen Tierprotagonisten in Spielen) geplant.
Besonders intensiv werden, wie bereits erwähnt die letzten drei Tage des Festivals, daher hier nur auszugsweise einige der Highlights. Am Freitag, 21. Oktober drei Vorträge im Bozner Merkantil-Museum (Silbergasse 6), jener vom Mailänder Dozenten Francesco Toniolo (u. a. Nuova Accademia di Belle Arti di Milano) möchte Alessandro Manzonis „Promessi Sposi“ als Lektüreschlüssel für die Welt der Videospiele auch für Außenstehende anbieten. Am Samstag insgesamt elf, zum Teil zeitgleich statt findende Vorträge im Merkantil-Museum und Altem Rathaus (Laubengasse 30), unter anderem zu Italien als Setting von Videospiel-Rezensent Mario Petillo (11 Uhr, Altes Rathaus), oder - abermals von Toniolo - zu atypischen Perspektiven in Spielen, ausgehend vom Beispiel des Überraschungs-Erfolgs Stray, in welchem man eine Katze spielt (15 Uhr, Merkantil-Museum). Am Sonntag dürften unter ebenso vielen Vorträgen besonders einer zum Erwerb von Fremdsprachen mit Hilfe von Videospielen und Virtual Reality im speziellen von Simone Bregni und Marco Mazzaglia (Merkantil-Museum, 11 Uhr), sowie Petillos Beitrag zum Werk des Final Fantasy Komponisten Nobuo Uematsu und dessen Rolle in den Spielen lohnend sein (Rathausplatz 16 Uhr).
Das alles, wie gesagt, nur eine Auswahl. Wer etwa auf Begegnungen mit Nerd-Prominenz aus ist, der findet etwa auch Giorgio Vanni (dessen italienische Titelmelodien zu Cartoons und Animes wie Dragon Ball meiner Generation im Kopf feststecken) oder den Pokémon-Streamer Cydonia auf der Gästeliste. Die Webseite von Game Ground 22 wurde vor Kurzem aktualisiert und bietet detailliertere Informationen, etwa dazu, welche Spiele in den einzelnen Ausstellungen vertreten sind. Was die Spiele-Auswahl anbelangt, so hat man bei Nintendo-Konsolen einen Schwerpunkt, was nicht überrascht: Der japanische Konsolen-Hersteller setzt auf Spiele die familientauglich und zugänglich sind. Alle Events finden in Italienischer Sprache und bei freiem Eintritt statt.
Salto hatte nach der Konferenz einige Fragen an den künstlerischen Leiter des Festivals, Lucio Campani.
Herr Campani, welches sind Ihre Lieblings-Videospiele?
Lucio Campani: Ich gestehe, dass ich eine Schwäche für die Klassiker habe, von Super Mario Bros. zu Zelda und Shenmue. Sagen wir jene Klassiker, welche die Fundamente dafür gelegt haben, was Videospiele heute sind. Sie haben einen besonderen Platz in meinem Herzen.
Eine anhaltende Entwicklung ist, dass es immer mehr Videospielerinnen gibt. Finden sich Programmpunkt dazu oder ist das ein Gedanke für die kommenden Jahre?
Gerade im letzten Jahr gab es ein Panel, das Zugänglichkeit als Thema hatte und sich mit Repräsentanz befasst hat. Heuer haben wir sehr viele Referentinnen, welche kommen um Vorträge zu halten. Ich denke, das ist eine dieser Sachen, die nur so lange ein Problem sind, bis man darüber spricht. In Wahrheit ist das Videospiel schon ein paritätisches Medium: Das sagen die Statistiken. Der Prozentanteil von Mädchen und Frauen, die spielen nähert sich immer weiter an. Gaming wird immer inklusiver, warum? Wie in Filmen oder Literatur geht es darum, Geschichten zu erzählen, etwas zu schaffen oder sich selbst zum Ausdruck zu bringen.
Gerade online sehen sich aber Videospielerinnen mit Vorurteilen und Übergriffigkeiten konfrontiert...
Aus dieser Sicht ja. Auf dem Programm stehen auch zwei Vorträge, die sich mit Online-Gemeinschaften und deren Sprache befassen, in denen das sicher eine Rolle spielen wird. Da gebe ich Ihnen absolut recht: Während das Videospiel als solches für Inklusivität steht, kommt es in den Gemeinschaften oft zu Vorurteilen. Das ist mehr ein generelles, kulturelles Problem, nicht von Gaming im Speziellen. Es wird aber sicher auch darum gehen.
Es ist auch wichtig, in einige Nischen einzudringen, welche sich gut repräsentieren und entdecken lassen, auch von einem Publikum von Nicht-Experten.
Sprechen wir einen Moment von den Auswahlkriterien für die verschieden Videospiele. Auf den Plätzen etwa wirkt die Auswahl sehr Generationen übergreifend…
Generationen übergreifend, mit einem Blick dafür, was viel gespielt wird. Es ist auch wichtig, in einige Nischen einzudringen, welche sich gut repräsentieren und entdecken lassen, auch von einem Publikum von Nicht-Experten. Game Ground will nicht nur eine Wiederholung von Spielen sein, die es schon gibt. Deshalb gibt es auch die Ausstellungen, die sowohl auf zeitgenössische Spiele, wie auch auf Klassiker blicken.
Wie schwer ist es eine Balance zwischen Mainstream und Nischen zu finden?
Mehr muss man darüber nachdenken, an den einzelnen Veranstaltungsorten einen Parkur zu entwickeln. Innerhalb dieser kann man dann verschiedene Elemente einbauen. Es ist mehr als alles andere eine Recherchearbeit dazu, welche Spiele zu einem Themenbereich passen.
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