Talferrauschen & Canti dei pesci
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Konsequent zweisprachig, also ohne Übersetzung für die einzelnen Beiträge, sprach man auf Picknickdecken am Talfer-Ufer, unweit des Festplatzes von neuen und alten Projekten, die mit der zweiten Ausgabe des Magazines, kurz Zine noch einmal präsentiert werden. Der zweijährige Projektzyklus zu den Flüssen der Stadt geht zur zweiten Hälfte über und der Fokus soll damit auch vom Eisack stärker auf die Talfer rücken.
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Beim Projekt sind jedoch nicht nur Interventionen geplant, die unser Verständnis von Flüssen in neue Bahnen lenken sollen, sondern auch physische Veränderungen entlang der Flüsse, die diesen besonderen öffentlichen Raum aufwerten sollen. „Fiumicina“ etwa, das bislang mit temporäreren Interventionen zum Kochen entlang der Flüsse in Erscheinung getreten ist, tüftelt derzeit an einem autonomen Küchenkonzept, das unabhängig von Elektrizität nur mit der Kraft der Sonne betrieben werden soll. Zum Projekt im Entstehen haben es als Skizze ein Parabolspiegel und ein Kochtopf zwischen die Seiten geschafft, die das ausgesprochen simple Prinzip veranschaulichen: Die Strahlen der Sonne werden gebündelt und die entstehende Hitze zum Kochen genutzt. Eine Skulptur von den Projektleiterinnen Johanna Dehio, Johanna Padge und Mascha Fehsehinter hinter den Lautsprechern sollte das Potential der Sonne veranschaulichen, indem sie letzte Sonnenstrahlen einfängt, die um 19 Uhr aber schon nicht mehr zu greifen waren.
Zur eigenen Orientierung, die nicht ausschließlich, aber wesentlich vom Gang der Sonne geprägt ist, lagen Fragezettel für eine Publikumsbefragung aus, die zu einer näheren Beschäftigung mit dem Thema Fluss einlud. Näher mit dem Thema hatte sich für eine Woche auch der junge Slampoet Filippo Capobianco beschäftigt, der am Freitag rund eine Woche in Bozen verbracht hatte und das Titelbild dieses Artikels schmückt. An Lungomare vermittelt hatte die Südtiroler Autorinnen und Autorenvereinigung den Slammer.
Aus der Mini-Residenz in Flussnähe - untergebracht wurde Capobianco im Atelierhaus neben dem Hautgebäude des Museion - ging eine Reihe von Texten hervor. Der erste davon noch mit eindeutigem Echo des 25. Aprils, der auch am 24-jährigen Poeten nicht spurlos vorbeifließen konnte, so dass bekannte europäische Flüsse in Dialog zu einander und zum Fluss Ticino traten, der fürs Leben und die Heimatstadt Capobiancos prägend ist und war, trotz und auch mit viel Nebel und Mücken. Anschließend von drei Fischen, die anfänglich gemeinsam mit dem Strom schwimmen, bevor sie den eigenen Weg nehmen, zu einer Elterntag-Sprechstunde, in der die Fische der Talfer, den Eltern von den Stärken und Schwächen ihrer (im Italienischen weiblichen) Tochter erzählen. Allein die Willkür mit der beim Übersetzen Flüsse von einem Ufer zum anderen wechseln, rechtfertigt in gewisser Weise den Verzicht auf eine Übersetzung der meisten Beiträge.
Die Flux-Zine selbst bringt auf 40 A4-Seiten Essayistisches, Lyrisches, Kritisches und Fotografien um vier sehr weitläufig angelegte Themenfelder zusammen, wie sich auch die Projektidentität bislang sehr stark in verschiedene Nebenarme verzweigt hat. Man startet bei der Frage „Il fiume, lo conosciamo? Flüsse, die wir kennen?“ mit Versuchen des Perspektivwechsels, allen voran das im Archiv Alto Adige aufgespürte Bild eines Doppelpaares beim Synchronsprung in der Gulger’schen Schwimmschule, 1928. Ohne dass wir uns dessen bewusst sind, haben weniger als hundert Jahre ausgerecht um unser Verhältnis zu den Stadtflüssen wesentlich zu verändern. „Diventare corpi idrici/Zu Wasserkörpern werden“ und „Fluss Wesenheiten“ nähern sich dem Fluss als solchen weiter an, beziehungsweise in dessen Perspektive ein. „Quando i fiumi si muovono/Wenn Flüsse aufwirbeln“, das letzte der vier Kapitel, will als Zeugnis zum sozialen und ökologischen Potential von Flüssen agieren. Die „Zine“ kann man sich im Sitz von Lungomare, unweit der Seilbahn nach Jenesien abholen, oder man kann zur nächsten Flussbeuge von Flux kommen, die sich mit der Fotoausstellung „Torno indietro un attimo“ von Antonio Rovaldi im Bozner Foto Forum vorbeischlängeln wird. Nach der Vernissage am nächsten Dienstag, 19 Uhr, wird das Projekt einen Monat lang, bis zum 15. Juni ausgestellt. Dann nicht mehr, weil alles fließt.
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